Logistik: Welches Potenzial steckt wirklich in Paketkästen?

von Stephan Randler

13.06.2014

Die Paketkästen von DHL   spalten die Logistik-Branche: Weil Verbraucher über die XXL-Briefkästen   nur Sendungen der Post empfangen und versenden   können, holen die Konkurrenten nun zum Gegenschlag aus. Entsprechende Berichte   hat DPD gegenüber neuhandeln.de bestätigt:
"DPD will gemeinsam mit den Paketdiensten Hermes, UPS und GLS ein Paketkasten-System entwickeln, das von der gesamten Paketbranche genutzt werden kann. Dazu haben die genannten Unternehmen eine gemeinsame Arbeitsgruppe auf Expertenebene ins Leben gerufen. Details zu einem anbieterneutralen Paketkasten-System kann DPD zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht nennen, spätestens bis zum Ende dieses Jahres soll jedoch ein marktreifes Konzept vorliegen."
Warum die Logistik-Dienstleister gemeinsame Sache machen, verdeutlicht DPD ebenfalls:
"Paketkästen sind dazu grundsätzlich eine gute Ergänzung: Empfänger bekommen damit eine weitere Option, um schnell an ihre bestellte Ware zu kommen. Diese Idee ist bis jetzt allerdings noch nicht sinnvoll umgesetzt, da dem Empfänger keine „offene“ Lösung angeboten wird, die eine alternative Zustellung unabhängig vom gewählten Dienstleister ermöglicht."
Spannend wird es, wenn die Anti-DHL-Allianz tatsächlich einmal ihr eigenes System auf den Markt bringen sollte. Dann wären unter anderem ja die folgenden vier Szenarien denkbar:
  • Verbraucher stellen sich künftig sowohl den DHL-Paketkasten als auch die Paketbox der Konkurrenten in ihren Vorgarten. Weil Pakete im Versandhandel von unterschiedlichen Zustellern geliefert werden, liegt so ein Szenario zunächst auf der Hand. Der Platz vor Ort kann aber begrenzt sein, so dass es vielleicht nicht immer genug Fläche für beide Systeme gibt. Eventuell können sich Verbraucher auch etwas Schöneres vorstellen als mehrere XXL-Briefkästen in ihren Vorgärten aufzustellen. Für zwei Paketkästen im Garten spricht aber das Totschlagargument, dass Kunden keine Sendung mehr verpassen. Aus diesem Grund könnten Verbraucher auch bereit sein, die Nutzungsgebühren zu bezahlen (bei DHL gibt es den Paketkasten ab 1,99 Euro im Monat oder pauschal ab 99 Euro).
  • Verbraucher entscheiden sich für ein System und kaufen künftig bevorzugt in Online-Shops ein, die entweder mit einem der vier Verbundpartner der Anti-DHL-Allianz oder eben mit DHL kooperieren. In der Praxis ist das zunächst kaum vorstellbar. Spätestens wenn der bevorzugte Shop nicht mit dem favorisierten Zusteller kooperiert oder einmal seinen Zusteller wechselt, wird dieses Verfahren für Kunden uninteressant. Es gibt allerdings auch Shops wie Zooplus, bei denen Händler unter mehreren Zustellern ihren bevorzugten Versandpartner selbst auswählen können. Wenn dieses Beispiel künftig Schule macht, könnten sich Konsumenten durchaus für eine Box eines Zustellers entscheiden.
  • Die Deutsche Post verwirft ihr proprietäres System und schließt sich den Verbundpartnern an, deren Lösung prinzipiell auch für DHL offen steht ("gesamte Paketbranche"). Unwahrscheinlich. Denn nach eigenen Angaben hatte Deutsche Post DHL im Geschäftsjahr 2013 am nationalen Paketmarkt einen Marktanteil von 42,3 Prozent   (Basis: Umsatzvolumen), weshalb eine eigene Lösung aus Sicht des Unternehmens durchaus sinnvoll erscheinen mag. DHL investiert zudem immer wieder in neue Packstationen   , die Konkurrenten ebenfalls verschlossen bleiben. Warum sollte DHL also bei seinen Paketkästen auf einmal anders verfahren und sich plötzlich an einer Verbundlösung beteiligen?
  • Kunden stellen sich stur und boykottieren beide Systeme. Zwar ködert DHL seine Kunden momentan mit einem preisattraktiven Miet-Modell   , so dass Interessenten nicht gleich den vollen Preis für einen Paketkasten bezahlen müssen. Unterm Strich fallen aber dennoch Zusatzkosten an. Das macht vielleicht doch nicht jeder Verbraucher mit. Schon gar nicht, wenn die DHL-Konkurrenten ebenfalls die Hand aufhalten (was momentan noch nicht feststeht) und Kunden doppelt zur Kasse gebeten werden. Schließlich kann man beispielsweise Packstationen kostenlos nutzen. Erste Tests in Bonn und Ingolstadt sind aber bereits erfolgreich verlaufen   , so dass Verbraucher an den Boxen interessiert erscheinen. Ob es auch die breite Masse der Konsumenten ist, muss sich aber erst noch zeigen.
Möglicherweise ist auch keines dieser Szenarien realistisch - weil die Paketboxen vielleicht zu spät auf den Markt kommen. Um keine Sendungen zu verpassen, können Kunden ihre Pakete nämlich schon heute zunehmend umrouten   , wahlweise am Abend empfangen   oder die Zustellung in Echtzeit verfolgen   . Im Ausland liefern erste Händler ihre Pakete sogar dorthin, wo sich Kunden gerade aufhalten   . Wer braucht dann noch einen Paketkasten in seinem Vorgarten? Weiterlesen:
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