Verfahren zum Digital Services Act

EU-Kommission leitet Verfahren gegen Temu ein

von Joachim Graf

31.10.2024 Die Europäische Kommission hat heute ein förmliches Verfahren gegen die chinesische Billigplattform Temu eröffnet. Brüssel wirft dem Unternehmen vor, gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act) zu verstoßen.

 (Bild: Tim Reckmann)
Bild: Tim Reckmann
Bild: Tim Reckmann unter Creative Commons Lizenz by
Dabei geht es insbesondere um den Verkauf gefälschter und potenziell gefährlicher Produkte auf der Plattform ? etwa Kinderspielzeug, Kleidung und Elektrogeräte. Die Kommission verdächtigt die im Juni als "besonders große Plattform" identifizierte Temu   , sich nicht an alle Regeln des DSA zu halten. Temu verfolgt über mehr als 45 Millionen Nutzer in der EU und fällt unter den DSA. Bei nachgewiesenen Verstößen kann die EU-Kommission ein Bußgeld von bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängen.

Der heutige Beschluss folgt auf eine vorläufige Analyse des von Temu Ende September 2024 vorgelegten Risikobewertungsberichts, der Antworten auf förmliche Auskunftsersuchen der Kommission vom 28. Juni 2024 und 11. Oktober 2024 sowie der von Dritten übermittelten Informationen beinhaltet.

Konkret wird sich die Untersuchung der EU-Kommission jetzt auf folgende Bereiche konzentrieren:
  • Systeme, über die Temu verfügt, um den Verkauf nicht konformer Produkte in der Europäischen Union einzuschränken. Hier geht es insbesondere um die Bekämpfung von Produktpiraterie und um fehlende Sicherheitskennzeichnungen - vor allem bei Kosmetik und Spielzeug. Gegenstand des Verfahrens ist dabei die Frage, inwieweit Temus Versuche, illegale Produkte auszuschließen, überhaupt wirksam sind. Zwar sperre Temu illegale Produkte schnell ? allerdings würden diese fast genauso schnell auch wieder auf dem Marktplatz auftauchen.
  • Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Gestaltung des Dienstes, einschließlich spielähnlicher Belohnungsprogramme, welche Temu gezielt nutzt, um den Verkauf anzukurbeln. Die Kommission sieht den erhärteten Verdacht, dass Temu seine Nutzer etwa über Belohnungsprogramme und unzureichende Möglichkeiten bei der algorithmischen Sortierung zu schädlichem Verhalten verleite.
  • Einhaltung der DSA-Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie Temu den Usern Inhalte und Produkte empfiehlt.
"Wir wollen sicherstellen, dass Temu sich an den Digital Services Act hält", begründete Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der EU-Kommission, den Schritt. Es gehe darum, dass Temu sich an EU-Recht halte und keinen Schaden bei den Verbrauchern verursache. Die Kommission würde darauf hinarbeiten, dass alle Plattformen sich vollständig an das europäische Recht hielten.
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Bei dem Verfahren kann die EU-Kommission Stellungnahmen des Betreibers anfordern, aber auch interne Daten beschlagnahmen lassen oder etwa Mitarbeiter des Unternehmens befragen. Das Verfahren kann jederzeit um weitere Aspekte ergänzt werden. Zuletzt Anfang Oktober hatte die EU-Kommission von Temu Informationen über Händler, die illegale Produkte auf der Plattform verkaufen   angefordert.

Zahlreiche Handelsverbände begrüßten den Schritt, darunter der Handelsverband Österreich   und der BEVH e.V.   .

"Dass Europa gegen Verbraucherrechtsverstöße von Temu aktiv wird, zeigt, dass es auch im aktuellen Rechtsrahmen in der Lage ist, gegen Regelbrecher vorzugehen, wenn sich Kommission und nationale Behörden koordinieren. Weiter so! Das muss nun allgemein gelebte Praxis werden. Es zeigt sich, dass es wichtiger ist, wirksame Prozesse zu schaffen als neue Gesetze. Es würde der Glaubwürdigkeit unseres Rechtsystems schaden, wenn immer mehr Verbrauchschutzstandards definiert werden, die am Ende nicht richtig durchgesetzt werden", kommentiert Alien Mulyk
Leiterin Publich Affairs Europa und International beim BEVH.
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