Kein Investor für Gesamtkonzern: Klingel-Gruppe stellt bald Betrieb ein

von Stephan Randler

28.08.2023

 (Bild: Dr. Andreas Zachmann)
Bild: Dr. Andreas Zachmann
Bild: Dr. Andreas Zachmann unter Creative Commons Lizenz
Beim Klingel-Konzern   gehen in wenigen Monaten die Lichter aus. Denn die Versender-Gruppe mit Sitz in Pforzheim wird ihren Geschäftsbetrieb nur noch bis Ende Januar 2024 fortführen. Das hat der Spezialist für Distanzhandel soeben in einer Pressemeldung mitgeteilt. Begründet wird das Aus damit, dass kein Investor für die gesamte Klingel-Gruppe gefunden wurde. Nach Januar 2024 wird deshalb das Geschäft eingestellt.
Klingel-Gruppe
Klingel steht jetzt vor dem Aus (Bild: Klingel)
"Für den Erhalt der Gruppe hätten wir einen finanzstarken Investor gebraucht, aber leider gibt es keine Investorenlösung, sodass die Einstellung des Betriebs beschlossen wurde", heißt es aus der Chef-Etage. "Diese Entscheidung ist uns allen nicht leichtgefallen, aber es gibt leider keine Alternative." Denn um die Gruppe als Ganzes fortzuführen, hätte der Klingel-Konzern nach eigenen Angaben einen Investor gebraucht. Wegen der derzeit "schwierigen Branchen- und Unternehmenssituation" sei aber kein Interessent dazu bereit gewesen, in die Unternehmensgruppe als Ganzes zu investieren. Vor dem Aus steht nun konkret die Pforzheimer K - Mail Order GmbH & Co. KG. Dabei handelt es sich um die Hauptgesellschaft der Klingel-Gruppe, die gleich hinter mehreren Händler-Marken steht. Zum Portfolio gehören unter anderem die Kernmarke Klingel   plus die Mode-Marken Mona   , Wenz   und Babista   oder der Große-Größen-Anbieter Happy Size   . Mit solchen Marken richtet sich die Klingel-Gruppe an die Zielgruppe der "Best Ager" (Kunden ab einem Alter von 50 Jahren). Laut der Klingel-Gruppe gibt es Interessenten, die einzelne Marken und Online-Shops unter eigener Regie fortführen möchten. Hierzu laufen Gespräche mit strategischen Investoren, die sich unter anderem für Markenrechte, Shops und Kundenlisten interessieren.

Top-Management wird verkleinert

Einen Betriebsübergang wird es dabei aber nicht geben, vielmehr sollen nur einzelne Vermögenswerte des Klingel-Konzerns verkauft werden. Die über 1.300 Mitarbeiter der K - Mail Order GmbH & Co. KG müssen sich daher nun einen neuen Job suchen. Mit den Arbeitnehmervertretern wurden bereits Gespräche geführt und ein Sozialplan sowie Interessenausgleich abgeschlossen. Auch das Management wird verkleinert. Bis zum Betriebsende führen die Gruppe deshalb nur noch Marcus Katholing (Chief Restructuring Officer) und Cord Henrik Schmidt   (Chief Financial Officer). Aus der Chef-Etage verabschieden sich Sven Axel Groos   (Chief Executive Officer) und Sven Christian Andrä   (Chief Digital Officer), die den Konzern verlassen. Für die K - Mail Order GmbH & Co. KG aus Pforzheim wurde Anfang Mai ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung   gestellt. Anschließend wurde durch das Amtsgericht Karlsruhe zunächst das vorläufige Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angeordnet   und Anfang August dann das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet   . Gestellt wurde der Antrag gleich aus mehreren Gründen.

IT und Inflation als Ursachen

So leidet die Klingel-Gruppe nach eigenen Angaben unter einer deutlichen Konsumzurückhaltung seit dem Start des Krieges in der Ukraine   , die gerade auch anderen Online-Händlern das Geschäft erschwert   . Dazu machen dem Konzern die Inflation sowie "signifikant gestiegene Kosten" zu schaffen. Zudem hat man im vergangenen Jahr die IT umgestellt, was den Betrieb laut dem Konzern "erheblich beeinträchtigt" hat. Nach Einschätzung der Klingel-Gruppe wird sich der Umsatz aufgrund der schwierigen Marktlage kurz- bis mittelfristig allerdings nicht ausreichend verbessern. Und obwohl die Kosten reduziert wurden, erzielt man nach eigenen Angaben weiter Verluste. Im aktuellen Jahr sei zudem kein Break-even zu erreichen, weil die eingeleiteten Maßnahmen überwiegend erst im kommenden Jahr wirken würden. Auch mit umfassenden Kostenmaßnahmen sei daher keine Alleinfortführung für die komplette Gruppe möglich. Die Gehälter der Mitarbeiter seien bis zu dem Betriebsende aber gesichert, Geschäftspartner erhalten laut dem Konzern zudem weiterhin ihre Zahlungen. Bezahlt werden solche Ausgaben aus dem laufenden Geschäftsbetrieb heraus, nachdem Löhne und Gehälter von Mai bis Juli 2023 über das Insolvenzgeld finanziert   wurden. Die Klingel-Gruppe wurde im Jahr 1923 gegründet. Das Aus des Konzerns wird also ausgerechnet in dem Jahr besiegelt, in dem die Gruppe ihr 100-jähriges Bestehen feiern   kann. Im Jahr 2021 hat der Konzern noch einen Netto-Umsatz von knapp einer Mrd. Euro erzielt und ein positives Ergebnis erreicht. Bis zum Betriebsende wird die Gruppe ihr Geschäft in dem laufenden Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung   weiterführen. Dabei konzentriert man sich nun darauf, die aktuelle Herbst/Winter-Kollektion zu verkaufen.

Aus für Impressionen - Hoffnung für Schneider

Übrigens: Neben der K - Mail Order GmbH & Co. KG befinden sich seit Mai 2023 auch die beiden Klingel-Töchter Impressionen   und Schneider   in einem Eigenverwaltungsverfahren. Impressionen vertreibt Möbel, Wohn-Accessoires und Mode, Schneider wiederum verkauft Werbeartikel, Möbel und Accessoires an B2B-Kunden und bedient dazu Privatpersonen. Bei Impressionen ist das Aus ebenfalls besiegelt   : Den meisten Mitarbeitern wurde schon im Mai 2023 die Kündigung ausgesprochen, am Standort in Hamburg arbeiten aktuell nur noch eine Handvoll Mitarbeiter. Bei Schneider dagegen geht das Geschäft normal weiter. Denn hier laufen momentan Gespräche mit Investoren, die den Erhalt des Unternehmens ermöglichen könnten. Schneider sitzt auch in Hamburg und beschäftigt derzeit rund 100 Mitarbeiter. Bei K - Mail Order hatten zu Beginn des Verfahrens rund 1.600 Mitarbeiter gearbeitet. Jetzt sind dort nur noch 1.300 Beschäftigte tätig, weil Mitarbeiter bereits gegangen sind. Die weiteren Gesellschaften der Gruppe - wie etwa der Online-Marketing-Dienstleister K - New Media   - beschäftigen insgesamt mehr als 250 Mitarbeiter, befinden sich derzeit aber nicht in einem Insolvenzverfahren. Hierzu laufen noch Gespräche über das weitere Vorgehen.
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