Logistik: Staus im Seehandel gefährden Weihnachtsgeschäft
25.08.2021 Bereits in den vergangenen Monaten führten pandemiebedingte Schließungen chinesischer Häfen zu Einschränkungen im internationalen Frachtverkehr. Experten warnten schon im Juni davor, dass sich dies negativ auf das Weihnachtsgeschäft auswirken könne. Diese Prognosen scheinen sich nun zu bewahrheiten.
So teilt das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel) in einer aktuellen Analyse mit, dass das Frachtvolumen im Roten Meer - der wichtigsten See-Handelsroute zwischen China und Europa - aktuell 20 Prozent niedriger liege, als es unter normalen Umständen zu erwarten wäre. Grund dafür waren geschlossene Häfen und Terminals in China, sowie lange Wartezeiten vor den verbliebenen Abfertigungskapazitäten.
Insbesondere die Mega-Häfen Ningbo und Shanghai verließen in den vergangenen vier Wochen deutlich weniger Schiffe als in den vier Wochen davor. Laut Refinitiv warten allein in Ningbo inzwischen bereits über 50 Containerschiffe auf ihre Abfertigung, in Shanghai Port 34. Laut chinesischem Staatsfernsehen ist der Hafen in Ningbo inzwischen wieder geöffnet, der Rückstau muss sich aber erst einmal wieder auflösen. Laut Trackingdaten von Project44 gab es bereits im Juni im Schiffsverkehr zwischen China und der EU Verspätungen von mehr als einer Woche.
"Der Seehandel kommt nicht zur Ruhe. Zeigten sich in den letzten Wochen zarte Anzeichen einer Entspannung, verschärft die Terminalschließung in Ningbo die Engpässe im Containerverkehr nun wieder", berichtet Vincent Stamer , Leiter Kiel Trade Indicator. "Findet der Warenhandel mit China nicht schnell zurück zu normalen Abläufen, droht sich die Krise auch im Weihnachtsgeschäft mit fehlenden Produkten und höheren Preisen bemerkbar zu machen."
"Die Tatsache, dass sich Schiffe weiterhin verspäten und nun auch Ausbrüche von COVID-Varianten in wichtigen chinesischen Produktionszentren zunehmen, könnte weitreichende Konsequenzen für den Black Friday und die Weihnachtseinkaufszeit haben", glaubt auch Josh Brazil , Marketing-Vizepräsident von Project44. "Wir beobachten große Unterschiede bei Verspätungszeiten und Routen. [...] Dies erschwert das Lieferketten-Management für die jeweiligen Unternehmen erheblich."
Mehrere Reedereien wie Maersk und Hapag-Lloyd warnen aktuell vor weiteren Staus und Verzögerungen, da sie die Routen ihrer Schiffe anpassen müssen. Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen geht inzwischen davon aus, dass die Lage sich frühestens im ersten Quartal 2022 entspannen wird.
Die Lieferengpässe haben in den vergangenen Monaten auch zu einem massiven Anstieg der Frachtpreise im internationalen Warenverkehr geführt. Laut Tagesschau.de kam es im ersten Halbjahr zu einer Verteuerung von 46 Prozent. Letzten Endes werden E-Retailer diese Zusatzkosten auf ihre Kundschaft umlegen müssen.
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