Crosschannel-Weihnachten 2024

Weihnachtsgeschäft zeigt widersprüchliche Trends, Weihnachtsausgaben steigen

von Joachim Graf

13.12.2024 Der BEVH findet in seiner Konsumentenbefragung rückgehende Black-Friday-Umsätze. Andere sind da nicht so pessimistisch. Doch Weihnachten wird zunehmend zum Crosschannel-Event, so eine Studie zum ersten Adventwochenende.

Konsumentenbefragung zum Status des Weihnachtsgeschäftes auf Deutschlands bedeutendsten Einkaufsstraßen (Bild: Bearingpoint)
Bild: Bearingpoint
Konsumentenbefragung zum Status des Weihnachtsgeschäftes auf Deutschlands bedeutendsten Einkaufsstraßen
Die Konsumentinnen und Konsumenten sind zurück in den Innenstädten. Die diesjährige Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint   zeigt, dass in nahezu allen untersuchten Top-Einzelhandelsstandorten die Frequenz am ersten Adventswochenende zum Teil deutlich zugenommen hat. In über der Hälfte der untersuchten 20 Städte mit den höchsten Passantenfrequenzen werden sogar die Vor-Corona-Frequenzen überschritten.

Die Frage, ob die Menschen originär zum Weihnachtseinkauf in die Innenstadt kommen oder ob soziale und kulturelle Interessen (z. B. der Besuch des Weihnachtsmarkts) überwiegen, bleibt offen. Denn für Umsätze im innerstädtischen Einzelhandel ist nicht unbedingt die Zahl der PassantInnen, sondern vor allem deren Motivation relevant - und die scheint ambivalent im diesjährigen Weihnachtsgeschäft.

Die Konsumentinnen und Konsumenten zeigten bereits über das ganze Jahr 2024 hinweg eine deutliche Konsumzurückhaltung. So verdeutlicht auch die Weihnachtsstudie von BearingPoint, dass wie bereits im Vorjahr das bevorstehende Fest und der Jahreswechsel für einen Großteil der Menschen in Deutschland kein Grund zur Freude sind. Letztes Jahr gab noch fast jede(r) dritte Befragte (30 Prozent) an, das neue Jahr mit Freude und positiven Erwartungen zu starten. Den letzten Optimistinnen und Optimisten scheint die negative Propaganda das Lachen nun vertrieben haben: Nur noch 5 Prozent der Befragten gehen freudig und mit positiven Gefühlen in das neue Jahr 2025.

Dass die Konsumentinnen und Konsumenten so schwarzsehen, liegt vor allem an deren negativen Erwartungen, was die aktuelle Wirtschaftslage (90 Prozent gehen von keiner Verbesserung, davon 50 Prozent sogar von einer weiteren Verschlechterung aus) und die eigene finanzielle Situation (37 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus) betrifft. Hinzu kommt, dass knapp die Hälfte der Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland von einem deutlich stärkeren Anstieg der Verbraucherpreise als zuletzt ausgeht. Insbesondere außenpolitische Probleme beunruhigen die Menschen in Deutschland, die innenpolitische Lage verstärkt diese Unsicherheit zusätzlich.

Obwohl die Mehrheit der Menschen mit großen Unsicherheiten in das nächste Jahr geht, geben knapp 39 Prozent der Befragten an, dieses Weihnachten mehr Geld für Geschenke ausgeben zu wollen. 566 Euro sind durchschnittlich für Weihnachtsausgaben geplant - eine deutliche Steigerung von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Dieser vermeintliche Widerspruch hat unterschiedliche Gründe: Knapp 14 Prozent der Befragten planen, dieses Jahr mehr für Geschenke auszugeben, um sich nochmal großzügig zu zeigen (2023: 13 Prozent). Weitere 14 Prozent machen dieses Jahr mehr Geschenke, da sie befürchten, aufgrund ihrer persönlichen finanziellen Lage im kommenden Jahr weniger Geld dafür zur Verfügung zu haben (2023: 9 Prozent). 11 Prozent halten den Augenblick gerade für günstig, um Produkte aufgrund von erwarteten Preissteigerungen im Jahr 2025 jetzt zu kaufen (2023: 0,4 Prozent).

Das Paradoxon der steigenden Weihnachtsausgaben verdeutlicht, wie stark psychologische und emotionale Faktoren das Verbraucherverhalten gerade in Krisenzeiten beeinflussen können. Für den Handel könnte sich diese Dynamik durch das veränderte Kaufverhalten positiv auswirken, sodass sich die derzeit gefüllten Lager des Einzelhandels bis Weihnachten möglicherweise noch leeren. Insofern sprechen zumindest die Absichten der in Deutschland Lebenden für eine vielversprechende Jahresendrallye im Einzelhandel", so Prof. Dr. Jörg Funder, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts IIHD.

Nie war der Anteil von Onlinekäufen am Geschenkebudget höher

Steigende geplante Ausgaben für Weihnachtsgeschenke, höhere Frequenzen in den Innenstädten - was für den stationären Handel erstmal wie eine frohe Botschaft klingt, hat eine dramatische Kehrseite. Knapp 83 Prozent der Ausgaben wollen die Befragten über Onlinekanäle ausgeben, so viel wie nie zuvor. Selbst in den Coronajahren 2021 und 2022 lag die Quote der Onlinekäufe vom Weihnachtsbudget bei 49 Prozent (2021) beziehungsweise 62 Prozent (2022). Insofern ist mit 470 Euro nicht nur die absolute Höhe des diesjährigen Onlinebudgets, sondern mit 83 Prozent auch der Anteil der Onlinekäufe am gesamten Geschenkebudget bemerkenswert. Im Zeitraum bis Oktober wuchs der Onlinehandel gegenüber der Vorjahresperiode um nur 3 Prozent - allerdings getrieben von hohen Wachstumsraten im September (+15 Prozent) und Oktober (+11 Prozent).

Nie war der Anteil an Onlineausgaben am Weihnachtsbudget höher. Während die eigentlichen Käufe online getätigt werden, suchen die Konsumentinnen und Konsumenten in den Einkaufspassagen offenbar nach Erlebnissen und sozialem Austausch, so die Studienautoren. Entscheidend sei, diese Besucherinnen und Besucher in Käuferinnen und Käufer zu verwandeln. Der stationäre Einzelhandel müsse auf diese Entwicklung reagieren und entsprechende Crosschannel-Strategien entwickeln.

Ob die Absichten hoher Ausgaben im Onlinehandel durch die KonsumentInnen tatsächlich realisiert werden, bleibt offen. Bis zum ersten Adventswochenende lag der Anteil der tatsächlichen Ausgaben im Onlinehandel mit 20 Prozent unter den Plänen der KonsumentInnen. Und deutlich war bisher auch, dass die letzten Wochen bis zum Weihnachtsfest typischerweise dem stationären Handel gehören.
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