Der Multichannel-Händler Weltbild investiert wieder in den stationären Einzelhandel. Ziel ist, die Zahl der stationären Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz von derzeit 140 Filialen auf 200 Standorte zu erhöhen. Bis wann Weltbild dieses Vorhaben umsetzen will, benennt man aber nicht. So heißt es nur, dass man das Filialnetz „mittelfristig“ um 60 Standorte erweitern will. Fest steht zudem, dass sowohl Geschäfte der Kernmarke „Weltbild“ eröffnen sollen als auch der Zweitmarke „Jokers„.

Nach eigenen Angaben verhandle Weltbild derzeit bereits über neue Mietverträge – was zunächst nicht überrascht. Denn die Augsburger hatten bereits angekündigt, in diesem Jahr etwa zehn neue Filialen an interessanten Standorten zu eröffnen.
Dabei hieß es auch, dass in den folgenden Jahren jeweils etwa zehn weitere Ladengeschäfte hinzukommen sollen. Legt man dieses Expansionstempo zu Grunde, so sollte Weltbild seine 60 neuen Ladengeschäfte in den nächsten fünf Jahren eröffnet haben. Etwas kurios ist es dann allerdings schon, dass der Multichannel-Händler aktuell gleich eine mittlere zweistellige Zahl an neuen Standorten in Aussicht stellt.
Denn erst vor einem guten Jahr hatte sich Weltbild von jedem zweiten der über 140 Geschäfte getrennt und 67 Filialen an die „Lesensart Rüdiger Wenk GmbH“ verkauft, die im Rahmen eines Betriebsübergangs unter Fortführung der bestehenden Arbeitsverträge übernommen wurden.
Wenige Monate später wurde dann aber für die Buchhandlung Lesensart ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, wovon man auch bei Weltbild damals „überrascht worden“ sei.
Neue Filialen: „Vernünftige Kostenstruktur ausschlaggebend“
Den Verkauf der Filialen an Lesensart hatte Weltbild im vergangenen Jahr damit begründet, dass sich bei den betroffenen Filialen die Erwartungen an die Entwicklung des Geschäfts aufgrund zu hoher Struktur- und Mietkosten nicht erfüllt hatten. Das soll nun bei den Neueröffnungen nicht mehr passieren. Denn auf Nachfrage von neuhandeln.de argumentiert Weltbild, dass bei den geplanten Neueröffnungen neben guten Lagen mit guter Frequenz nicht zuletzt „vernünftige Kostenstrukturen“ ausschlaggebend seien – „insbesondere auch Mieten“, wie Weltbild gegenüber neuhandeln.de betont. Schließlich sei „ein attraktives Filialnetz ein wichtiger Teil der Neuausrichtung“ des Händlers.

Weltbild war im Herbst 2014 von der Droege Gruppe übernommen worden, nachdem die Verlagsgruppe zuvor in die Insolvenz geschlittert war.
Nach der Übernahme war zunächst etwas Sand im Getriebe, weil die Ist-Zahlen der Monate Juli bis September 2014 “signifikant” zum Vorjahr und von der Planung abgewichen waren. In der Folge wurde nicht nur jede zweite Filiale von Weltbild an Lesensart verkauft.
Weil Weltbild seine Strukturen und Kosten anpassen musste, wurden zudem im vergangenen Jahr auch rund 50 Vollzeitstellen in der Firmenzentrale in Augsburg abgebaut.
Im vergangenen Jahr gab es aber auch positive Nachrichten. Denn während es bei Lesensart kriselte, zeigte sich Weltbild mit dem Geschäft in den verbliebenen Filialen zufrieden. So hätten die Umsätze dort ein gutes Niveau erreicht, nachdem man zuvor mit einem zweistelligen Umsatzminus zu kämpfen hatte.
Die Gründe: In den Filialen der Kernmarke „Weltbild“ bewirbt der Händler zum einen stärker als zuvor die Vorteile der eigenen Weltbild-Editionen von Büchern wie exklusive Titel oder günstigere Preise als bei den Originalausgaben. Dazu wirbt Weltbild in seinen Filialen zum Beispiel auf Tischen oder an Regalen mit einem weißen „W“ auf einem roten Lesezeichen („Weltbild Klammer“), um Kunden diese Vorteile mit einem einprägsamen Symbol sofort optisch bewusst zu machen („Weltbild-Vorteil“).
Dazu werden Non-Media-Sortimente in den Buchhandlungen jetzt in Themenwelten auf Tischen und in Regalen präsentiert (Beispiel: „Praktisches für den Garten“). Durch diese Maßnahmen habe man eine Trendwende bei dem Filialgeschäft herbeiführen können. Zum Jahreswechsel hatte außerdem eine TV-Kampagne das Geschäft von Weltbild „spürbar belebt„, wie ich auf neuhandeln.de berichtet hatte.
Ein guter Sortimentsmix, neue Themenwelten und verstärkte Marketingimpulse zahlen sich nach eigenen Angaben jetzt auch im laufenden Ostergeschäft aus. „Das Unternehmen hat sich auf einem gesunden Kern stabilisiert“, betonen die beiden Weltbild-Geschäftsführer Patrick Hofmann und Sikko Böhm (siehe Foto). „Die Neuausrichtung zeigt erste Früchte. Nach einem guten Weihnachtsgeschäft bewegen sich zudem die Umsätze seit Jahresbeginn erfreulich über Vorjahresniveau.“
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Im ersten Moment klingt die Strategie der Filialnetz-Erweiterung wirklich sehr erstaunlich! Ich hoffe natürlich persönlich sehr, dass das Konzept der neuen Filialen aufgeht.
Vor kurzem im offen Gespräch mit einem regionalen Buchhändler in Weiden (ca. 42.000 Einwohner – ca. 200.000 im Einzugsgebiet). Auch hier wurde bestätigt, dass das Non-Media Geschäft die stärksten Wachstumsraten aufweist und ein großer Hoffnungsträger ist.
Diese Art der Sortimentserweiterungen hält aber auch in anderen Branchen stationär Einzug und langfristig wird der Wettbewerb deshalb auch in diesem Bereich steigen.
Hinweis am Rande: Die Angst „vor dem großen A“ ist (nach wie vor) allgegenwärtig.