Technische Trends, die den E-Commerce beeinflussen

von Susan Rönisch

06.12.2021 Welche technischen Entwicklungen im E-Commerce fordern Shopbetreiber aktuell und in den kommenden Monaten heraus? Der Versandhausberater hat bei Shopbetreibern und Dienstleistern nachgefragt.

 (Bild: Pixabay/ geralt)
Bild: Pixabay/ geralt
Covid-19 hat die digitale Transformation enorm beschleunigt. Unternehmen, die bislang ausschließlich oder primär stationär tätig waren, sind durch Covid-19 in Rekordgeschwindigkeit den Weg in die Digitalisierung gegangen. Die Hürden sind für viele gefallen und das bietet Wachstum im Onlinesektor.

Das bedeutet, dass die E-Commerce-Branche und das Angebot wachsen, was wiederum zu einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbs in allen Bereichen führt. Der Versandhausberater hat daher Shops und E-Commerce-Dienstleister nach Markteinschätzung zu den strategischen Trends und Herausforderungen für die Entwicklung des Onlinehandels in den kommenden 18 Monaten gefragt.

 (Bild: TheDigitalArtist / Pixabay)
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Trend 1: Daten

Die Thematik Daten kommt nicht aus der Mode. Geht es unter anderem nach Felix Schirl, CEO von trbo, bleiben Daten auch weiterhin ein Trendthema im ECommerce. Dabei werde aber nach wie vor oft vergessen, dass es nicht einfach um das Anhäufen möglichst vieler Daten zu den Kundinnen und Kunden geht.

Daten müssen sparsam, aber smart gesammelt und vor allem verknüpft werden: "Denn smarte Algorithmen können nur smart arbeiten und sinnvolle Ergebnisse liefern, wenn sie mit der richtigen Datenbasis gefüttert werden." Denn liegen sie in abgeschlossenen Silos verschiedener Abteilungen, wird die datenbasierte Ansprache nur Stückwerk sein. "Deshalb gilt es, Daten smart zu erheben, Silos zu vereinen und die gewonnenen Daten so weit wie möglich anzureichern. So wird eine individuell zugeschnittene Kundenansprache möglich", argumentiert Schirl.

Auch für Sabrina Mertens, Director ECommerce bei BabyOne, sind aussagekräftige Daten und Informationen über die Kundin bzw. den Kunden wichtigste Voraussetzung für eine gezielte Ansprache und Kommunikation der KundInnen.

"Data Driven Marketing und optimales Targeting werden zu kritischen Erfolgsfaktoren. Neue, z.T. KI-basierte Tools eröffnen unzählige Möglichkeiten", ist sie sich sicher. Christian Otto Grötsch, Gründer und Geschäftsführer der ECommerce- Agentur dotSource GmbH, pflichtet dem bei: "Doing the right things bedeutet 2022 in erster Linie das Bauchgefühl durch datenbasierte Entscheidungen zu ersetzen". Grötsch zufolge kommen dabei Händler und Hersteller auch bei der Bewertung der eigenen Handelsaktivitäten
und -chancen an Daten nicht mehr vorbei.

"Der Datentrend erfordert schlanke und flexible Prozesse ebenso wie eine integrierte Systemlandschaft für Marketing, Vertrieb und Service, um Kundenbedürfnisse proaktiv zu erkennen und die anspruchsvollen Kunden so langfristig zu binden", sagt der Agentur-Chef.

Aktuell zu bedenken sei jedoch beim Thema Daten, dass während der Pandemie viele Menschen ihren Lebensmittelpunkt verlagert, mit anderen Schwerpunkten eingekauft, möglicherweise weniger Einkommen gehabt oder ganz generell ihr Konsumverhalten überdacht haben. "Gesammelte Daten von vor und während der Pandemie sind daher nur in begrenztem Maße aussagekräftig für ihr zukünftiges Kaufverhalten. Unternehmen sollten sich dessen bewusst sein und jetzt noch einmal ganz neu erlernen, was sie über ihre Kundschaft wissen können", führt Nils Dantzer, Deutschland-Geschäftsführer Groupon, auf.

 (Bild: Ryan McGuire auf Pixabay)
Bild: Ryan McGuire auf Pixabay



Trend 2: Cookieless

Das absehbare Ende der Third-Party-Cookies treibt aktuell die Digitalbranche um und macht auch vor dem E-Commerce keinen Halt: "Der Paradigmenwechsel von Google und Apple in Richtung einer datensparsamen Zukunft erschwert Händlern und Herstellern den Zugang zu neuen Kunden immens", erklärt Christian Otto Grötsch.

"Nach dem Wegfall der 3rd Party-Cookies müssen Onlineshops nach Alternativen suchen, um die jeweils richtigen Zielgruppe mit ihrer Werbung zu erreichen", mahnt Sara Sihelnik, DACH-Direktorin des Adtech-Unternehmens Quantcast. Ihrer Einschätzung nach werden in den kommenden 18 Monaten daher andere Datenpunkte und Quellen eine wichtigere Rolle spielen. Insbesondere First-Party-Daten und Audience Insights, die mithilfe von KI und Machine Learning das passende Publikum erkennen.

"Die Shopbetreiber müssen das Verhalten der Nutzer im Web besser analysieren, um zu wissen, wo sich ihre Käufer:innen überall sonst noch im Web aufhalten - dementsprechend kann dort personalisierte Werbung ausgespielt werden", argumentiert sie. First Party Data heißt auch für Grötsch die technische Lösung. "Strategisch erfordert dies von Unternehmen größtmöglichen Kundennutzen und relevantes Marketing zu bieten. Nur dann hinterlässt die Zielgruppe auch tatsächlich ihre Daten", weiß er.

 (Bild: JuralMin / Pixabay.com)
Bild: JuralMin / Pixabay.com



Trend 3: Headless Commerce

E-Commerce beschränkt sich längst nicht mehr auf den klassischen Onlineshop oder eine Marktplatzpräsenz. Die Zahl der Kundeninteraktionspunkte, der Touchpoints, wächst immer weiter. Deshalb müssen Kundinnen und Kunden dort angesprochen werden, wo sie sich bewegen. Das technologische Stichwort dafür ist Headless Commerce. Dieser Ansatz benutzt eine Backend-Architektur, die unabhängig vom Frontend funktioniert und mittels Programmierschnittstellen (APIs) an die jeweiligen Touchpoints angebunden wird.

"Durch die Trennung von Shopsystem und nachgelagerten Prozessen wird das kundenorientierte Frontend von der Backend-Ebene entkoppelt. Der Shop ist damit langfristig nicht nur schneller, flexibler und leistungsfähiger, er wird insgesamt entlastet, damit er sich aufs Wesentliche konzentrieren kann: verkaufen", erläutert die Agentur Websales.

Auch Denis Rathig, Head of E-Commerce bei atlantis dx, sieht in der Entkopplung von Front- und Backend im Sinne des Headless-Ansatzes grundlegende Vorteile: "Im Frontend sind Shop-Inhalte nutzerspezifisch, etwa via Progressive Web Apps, ebenso offline wie online optimal ausspielbar. Im Backend hingegen lassen sich verschiedenste Systeme wie Websites, Social Media und Apps aber auch Online-Marktplätze und Preis-Suchmaschinen anbinden. So können und müssen Shopbetreiber ihre Kunden zukünftig überall erreichen."

 (Bild: Amazon)
Bild: Amazon



Trend 4: Voice

Sprachassistenten finden sowohl im Zuhause von KonsumentInnen als auch auf deren mobilen Endgeräten immer mehr Zugang in den Alltag. Die Suche via Sprache wird immer beliebter, was sich direkt auf die Suchergebnisse und das Einkaufsergebnis auswirkt. Letzteres ist derzeit noch mehr Nische als Massenmarkt, wie die Analyse.

Ernüchterung: Voice Marketing im ECommerce bisher nicht angekommen. Dennoch wird es künftig notwendig, Potenziale, etwa den Aufbau eigener sprachbasierter Verkaufskanäle (Voice Commerce), gezielt anzugehen.

Daher rät Stefan Schumacher, Geschäftsführer von Territory Influence, ECommerce-VerkäuferInnen, die Veränderungen bei der Suche zu antizipieren, "damit sie ihre Prozesse für zukünftige Verkäufe optimieren können. Es muss sichergestellt werden, dass die E-Commerce-Website sowohl für die mobile Sprachsuche als auch für die Sprachsuche optimiert ist, indem Sie die Art von Informationen, nach denen gefragt wird, wie Website und Adresse, Kontaktnummer und Öffnungszeiten, in den Vordergrund stellen."

 (Bild: Pixaby)
Bild: Pixaby



Trend 5: Progressive Web Apps

Progressive Web Apps (PWAs) übernehmen die Rolle der bevorzugten Frontend-Technologie. Diese Technik erlaubt es, universelle Applikationen zu entwickeln, die gleichermaßen auf einem Smartphone, Tablet oder PC laufen - genau genommen auf jedem Device, das einen modernen Browser unterstützt.

"Progressive Web Apps sind auf dem Vormarsch, denn sie bieten zahlreiche Vorteile, die Online-Shopper an nativen Apps so schätzen: bequeme Bedienbarkeit, schnelle Ladezeiten, Offline-Modus, Push-Meldungen, Convenience-Funktionen und vieles mehr", weiß Denis Rathig.

Die Kundenerfahrung gleicht der in einer nativen App - nur eben ohne tatsächlich eine App installieren und dafür Speicherplatz belegen zu müssen. PWAs laufen auf allen Betriebssystemen, sodass Online-Händler auf die Entwicklung verschiedener Varianten für die jeweiligen App Stores verzichten können, weil sie (fast) alle Nutzerinnen und Nutzer mit nur einer Anwendung erreichen.

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