Kurios: Electronic Partner startet Online-Shop ohne Warenversand

Manchmal treibt der Multichannel-Handel schon recht seltsame Blüten. Ein gutes Beispiel dafür ist jetzt die Verbundgruppe Electronic Partner (EP). Die wirbt in einer aktuellen Pressemeldung damit, dass der bereits vor anderthalb Jahren angekündigte Online-Shop nun „erfolgreich gestartet“ ist. Dieser wäre in der aktuellen Version aber vielleicht besser offline geblieben. Denn wer als Kunde beim neuen Online-Shop von EP einen Service wie bei anderen Elektronik-Anbietern im Internet erwartet, wird enttäuscht.

EP Online-Shop
Wer Produkte aus dem Online-Shop will, muss sie selbst abholen (Bild: Screenshot)

So hat sich EP bei seinem neuen Online-Shop voll und ganz dem Service „Click & Collect“ verschrieben, wie auch schon auf der Startseite des Online-Shops deutlich wird (siehe Foto oben). Was bedeutet: Kunden können online zwar ihre gewünschte Ware bei einem angeschlossenen Fachhändler von EP bestellen. Geliefert bekommen Kunden die Ware nach Hause dagegen aber nicht – oder wie es im Kleingedruckten treffend heißt: „Derzeit wird eine Versendung zum Kunden nicht angeboten“.

Wer also seine Online-Bestellung haben möchte, muss die Ware vor Ort bei demjenigen EP-Händler abholen, bei dem er die Online-Bestellung tätigt. Dazu müssen Kunden bei der Online-Bestellung einen Fachhändler von EP in ihrer Nähe auswählen, was über die Eingabe einer Postleitzahl möglich ist.

Wirklich sexy ist das aber sicher nicht. Denn Konkurrenten wie Amazon oder Media-Saturn lieferen Ware aus dem Online-Shop ja inzwischen längst nicht mehr nur im Standardversand. Sondern auch zunehmend über Same-Day-Delivery bereits am Tag der Bestellung. Amazon bietet diese Blitzlieferung derzeit in 14 deutschen Metropolregionen, Media-Saturn nach eigenen Angaben sogar bundesweit in Deutschland. Da stellt sich schon die Frage, wer denn bei EP eigentlich online bestellen soll, wenn die Ware – wie bei einem Selbsttest – erst in vier bis sieben Werktagen abholbereit beim Fachhändler ist.

Versand zum Kunden: Bereits angekündigt, nach wie vor geplant

Erschwerend kommt hinzu, dass der neue Online-Shop sich bisweilen nur im Detail von der bisherigen EP-Website unterscheidet. Denn online aussuchen und vor Ort abholen, kann man bei EP schon länger.

So wird bereits seit Frühjahr 2014 angeboten, dass Kunden auf den Websites der EP-Händler einzelne Produkte online reservieren und in einem Geschäft kaufen können. Dabei handelt es sich aber um eine unverbindliche Reservierungsanfrage, die nicht zum Kauf verpflichtet. Der Kunde kann also ein Produkt reservieren, ohne es jemals abholen zu müssen. So informiert der EP-Händler zwar per E-Mail, wenn die reservierte Ware abholbereit ist. Wenn Nutzer die reservierte Ware aber nicht innerhalb von zwei Werktagen im Geschäft des EP-Händlers abholen, wird die Reservierung wieder storniert.

Beim neuen Online-Shop sieht das Prozedere auf den ersten Blick zwar ähnlich aus, weil Kunden auch zunächst Ware online aussuchen, um sie dann vor Ort abzuholen. Jetzt allerdings schließen die Kunden mit einem EP-Händler ein direktes Geschäft im Web ab. Dabei muss der Kunde die Ware auch direkt im Online-Shop bezahlen, was allerdings nur mit Kreditkarte möglich ist – andere Zahlverfahren wie Paypal oder Rechnung sucht man nämlich vergeblich. Wer nicht online bezahlen möchte, kann sich alternativ die gewünschte Ware auch weiter nur zur einer Abholung vor Ort reservieren lassen. Da allerdings die Reservierungen nach eigenen Angaben systembedingt vielleicht erst am nächsten Tag erfolgen, können die Preise vor Ort dann von den Preisen im Online-Shop bei der Reservierung abweichen.

Wer seinen Kunden zudem im Multichannel-Zeitalter keinen umfassenden Service bietet und auf einen Versand zum Kunden verzichtet, dürfte es schwer haben im hart umkämpften E-Commerce-Geschäft. Gut daher, dass die Verbundgruppe EP nachlegen will. So sei eine Versandfunktion nach wie vor in einem der nächsten Schritte vorgesehen, wie es auf Nachfrage von neuhandeln.de heißt. Einen Versand zum Kunden hatte man allerdings auch schon einmal für das dritte Quartal 2015 in Aussicht gestellt.

Sinnvoller wäre daher gewesen, den Online-Shop dann zu bewerben, wenn auch wirklich alle wichtigen Services geboten werden. So droht, dass sich Kunden gleich wieder enttäuscht von einem halbgaren Multichannel-Angebot abwenden – obwohl das Modell aus Händlersicht durchaus spannend ist.

Denn die Händler verkaufen ja eigene Ware über den Online-Shop, erzielen damit volle Umsätze und werden nicht nur über (geringere) Provisionen am Online-Geschäft einer Tochter beteiligt, die den Shop zentral für alle Partner betreibt – wie es auch gerne bei Verbundgruppen der Fall ist. Jeder Händler kann zudem selbst entscheiden, ob er online verkauft oder nicht. Die Nutzung der Plattform unterliegt dabei noch einer Pauschale, künftig wird diese aber bereits über den Mitgliedsbeitrag abgedeckt.

Schon gewusst? Jeden Freitag erscheint der kostenlose Newsletter von neuhandeln.de – so erhalten Sie alle Beiträge bequem in Ihr Postfach und verpassen keine Artikel mehr. Über 2.835 Kollegen aus dem Versand- und Multichannel-Handel beziehen bereits den Newsletter – hier geht es zum Abo.

4 Kommentare

  1. Wer beschließt den so etwas? Entweder die handelnden Personen sind Genies und haben einen blick für Innovationen wie 99,9% der Handelnden Personen in nicht haben. Oder es sind alte Herren, den es aufgefallen ist das es mehr als einen Vertriebsweg gibt und nach Jahren meinen, das sollte man doch einmal ausprobieren.
    Sehr skurrile!

  2. Da waren die EP-Kollegen vor 13 Jahren aber schon mal weiter. Unter ep-netshop.de konnte man damals schon „ganz normal“ online einkaufen und liefern lassen – und für die damalige Zeit war der Shop sogar richtig gut gebaut.
    Die Diskussionen im Hintergrund kann ich mir lebhaft vorstellen. Da müssen dann zig Filialleiter/GFs auf einen Nenner gebracht werden, die alle Angst um ihr Stationärgeschaft haben. Vielleicht noch ein Stück komplizierter als bei MediaSaturn, aber alternativlos.

  3. Ich finde es ja nicht schlecht wenn man auswählen kann in welchem Markt in der Umgebung die Artikel sofort abholbereit sind. Eine tolle Sache. Nur ist die PLZ Suche meiner Meinung nach unzureichend. Man sollte noch die Entfernung eingrenzen/erweitern können.
    Gerade bei Elektroartikeln möchte ich nicht nach Geiz ist Geil Manier beim billigsten bestellen, sondern möchte einen seriösen Händler, und vor allem den Artikel so schnell wie möglich mein Eigen nennen.
    Naja, wie gesagt besteht Nachholbedarf, und somit ist das ganze meiner Meinung nach ein unausgerefiter Schnellschuß (nach 1,5 Jahren ???).

  4. Das kommt dabei heraus, wenn man vorrangig die eigene Struktur und nicht die Kundenbedürfnisse im Blick hat. Es verbindet die Nachteile des Online-Geschäftes mit jenen des Fachhandels: „Keine persönliche Beratung“ dafür „Abholung vor Ort“.
    Wahrscheinlich wollte die Verbundzentrale ambitioniert etwas umsetzen und wurde auf halbem Weg von den Mitgliedern im Stich gelassen.

Kommentare sind deaktiviert.