"Daten lügen nicht": So rüstet sich Baur für den Handel der Zukunft

von Stephan Randler

31.08.2018

 (Bild: NH-Pressebild)
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Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
Seit bald einem Jahr   verantwortet Patrick Boos als Geschäftsführer das Marketing und den Vertrieb beim Baur-Versand   . Im Exklusiv-Interview mit neuhandeln.de verrät jetzt der Webmiles-Gründer und ehemalige eBay-Manager, was ihn an seiner neuen Aufgabe reizt und warum er für die Otto-Tochter eine goldene Zukunft im Online-Handel sieht - trotz starker Konkurrenten wie Amazon und Zalando.
Patrick Boos
Patrick Boos (Bild: Baur-Gruppe)
neuhandeln.de: Nach Webmiles und eBay jetzt also Baur. Was reizt Sie an einem Händler, der so gar nicht aus dem Online-Handel stammt? Patrick Boos: „Es macht mir schlichtweg Spaß, bei Unternehmen die digitale Transformation voranzutreiben und die Unternehmenskultur weiter zu entwickeln. Solche Projekte hatte ich in meiner Karriere zuvor bereits bei der Unternehmensberatung Accenture verantwortet, für die ich vor meinem Einstieg bei Baur tätig war. Doch so viel Spaß wie nun als Geschäftsführer bei Baur hatte ich bislang noch nie bei einem Unternehmen." neuhandeln.de: Wo muss Baur denn noch digitaler werden? Boos: "Natürlich betreiben wir längst erfolgreich einen Online-Shop, so dass wir Neukunden im Internet gewinnen und unser Geschäft im E-Commerce ausbauen. Die Standards in unserer Branche setzt aber Amazon. Und wenn wir uns mit dem Marktführer messen möchten, so können wir überall noch etwas besser werden. Zum Beispiel können wir Personalisierungen im Online-Shop so optimieren, damit künftig jeder Kunde diejenigen Produkte vorgeschlagen bekommt, die noch besser zu ihm passen." neuhandeln.de: Aber reicht das auch aus, um Baur im Wettbewerb abzugrenzen? Boos: "Für uns ist entscheidend, dass wir unseren Kunden ein optimales Kauferlebnis bieten - von passenden Produktempfehlungen im Online-Shop bis zu einem schnellen Versand und einfachen Retouren-Prozessen. Zusätzlich wollen wir aber in Zukunft auch unser Sortiment schärfen und den Fokus verstärkt auf eigene Produkte wie die Mode-Marke "Aniston" legen, die Kunden nur bei uns bekommen. Über solche Maßnahmen können wir dann erreichen, dass Kunden bei uns kaufen." neuhandeln.de: Welche Rolle spielen dabei Programme zur Kundenbindung? Boos: "Zusätzliche Kaufanreize schaffen Services wie unsere Versandkosten-Flatrate, bei der Kunden einmalig 15 Euro bezahlen und dann ein Jahr lang bei allen Bestellungen das übliche Porto von 5,95 Euro sparen. Wir sehen ganz klar: Sobald Kunden diesen Service nutzen, kaufen sie auch öfter bei uns ein. Aber eine Versandkosten-Flatrate alleine reicht nicht, um sich zu differenzieren. Wir müssen auch klar machen, für was die Händler-Marke "Baur" steht und was Kunden an Mehrwerten haben." neuhandeln.de: Und die wären? Viel, schnell und günstig gibt es ja bereits bei Amazon. Boos: "Baur positioniert sich als Zielgruppen-Spezialist für Mode und Wohnen. Dadurch haben wir bereits einen Vorteil gegenüber einem Universalisten wie Amazon, der Mode in seinem Online-Shop genauso präsentiert wie Töpfe oder Waschmaschinen. Gerade beim Mode-Kauf ist für Kunden aber wichtig, dass sie ein besonderes Umfeld erleben und sich inspirieren lassen können. Denn eine gute Kauferfahrung ist die beste Kundenbindung. Dazu müssen wir langfristig aber gerade für unsere Mode-Eigenmarken auch Fashion-Trends schneller erkennen und in unser Sortiment einfließen lassen." neuhandeln.de: Für diese Ziele braucht es aber auch die passenden Mitarbeiter. Boos: "Generell holen wir uns mehr digitale Kompetenz ins Haus. Damit ist es aber nicht getan. Genauso wichtig ist auch, bei vorhandenen Mitarbeitern ein neues Denken zu verankern. Denn auch wir müssen schneller und agiler werden, um Projekte fix umzusetzen und frühzeitig auf Trends zu reagieren. Dazu gehört, dass Mitarbeiter mehr Freiräume für Entscheidungen erhalten. Führungskräfte müssen mehr Coach und Moderator werden anstatt eigene Entscheidungen einfach zu diktieren. Wir haben dazu einen grundlegenden Kulturwandel angestoßen, führen "New Ways of Leading" ein und werden künftig ausschließlich in agilen Teams arbeiten – mutig, eigenverantwortlich und vertrauensvoll. Eines der Kernthemen dieses umfassenden und unbedingt notwendigen Veränderungsprozesses lautet "Empowerment" oder in unserer fränkischen und Baur-spezifischen Ausprägung #embaurment." neuhandeln.de: Aber führt das auch zu besseren Ergebnissen - oder einem Durcheinander? Boos: "Finale Entscheidungen können Führungskräfte anhand der Argumente treffen, die Mitarbeiter vorbringen. Und eigene Vorschläge lassen sich wiederum ganz transparent anhand von Daten machen, die man als Grundlage nutzt. Gerade im Online-Handel ist das einfach. Denn Daten lügen nicht." Patrick Boos verfügt über 20 Jahre Berufserfahrung in IT und E-Commerce. Zuletzt war er Managing Director "Consumer Goods & Retail" bei der Beratung Accenture. Davor hatte er bereits im Jahr 1999 das Kundenprogramm Webmiles    gegründet, das später an Bertelsmann veräußert wurde. Danach war er Geschäftsführer und Vice President Marketplace bei eBay Deutschland. Als Chief Digital Officer war Boos wiederum von 2010 bis 2013 bei der Ringier Axel Springer Media AG für die strategische Führung und Weiterentwicklung der digitalen Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa verantwortlich.
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