Stimmen zum Start: "Allegro.de brauchen deutsche Kunden nicht"

von Stephan Randler

14.06.2016

 (Bild: NH-Pressebild)
Bild: NH-Pressebild
Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
"Finde alles, was du suchst": Unter diesem Motto betreibt die polnische Allegro-Gruppe   seit wenigen Tagen erstmals eine deutschsprachige Version vom hauseigenen Online-Marktplatz, der Verbrauchern nun auf der Website Allegro.de   angeboten wird. Dort sollen Kunden künftig kaufen, weil Allegro nach eigenen Angaben gleich "Tausende Produkte zum besten Preis" im Angebot hat. Dennoch ist es aber unwahrscheinlich, dass die Polen im deutschen E-Commerce wirklich eine große Nummer werden.
Allegro.de Online-Marktplatz
Die polnische Allegro-Gruppe ist jetzt auch in Deutschland aktiv (Bild: Screenshot)
Für diese These sprechen jedenfalls gleich verschiedene Gründe. Zum einen entert Allegro zu einem Zeitpunkt den deutschen E-Commerce-Markt, wo das Marktplatz-Geschäft in Deutschland längst von den zwei Big Playern Amazon und eBay dominiert wird. Wer hier ebenfalls mitmischen will, muss es also mit diesen beiden Platzhirschen aufnehmen - was ist in der Praxis schwer bis unmöglich ist. Das verdeutlicht jedenfalls stellvertretend das Beispiel Rakuten   . So war der japanische E-Commerce-Riese vor fünf Jahren in Deutschland mit dem Ziel gestartet, Amazon.de langfristig als Platzhirsch unter den deutschen Online-Marktplätzen abzulösen. Zu mehr als der Nummer drei nach eBay und Amazon hat es im deutschen Marktplatz-Geschäft aber immer noch nicht gereicht, seit geraumer Zeit stagniert zudem die Zahl der Handelspartner von Rakuten.de    bei rund 7.000 Verkäufern in Deutschland. "Der deutsche Markt ist gesättigt ist und es bedarf einiger Mühen, um Kunden und Händler zu überzeugen", weiß daher Guido Schulz, Country Manager Commercial bei Rakuten Deutschland. "Wer nicht mit einer gefüllten Kriegskasse oder Mehrwerten aufwarten kann, wird es schwer haben."

Allegro-Analyse: Kleines Sortiment, kein echter Mehrwert

Ähnlich argumentiert auch Gerald Schönbucher, der als Geschäftsführer hinter der deutschen Amazon-Alternative Hitmeister.de   steht. "Wir begrüßen grundsätzlich Wettbewerb im deutschen Markt. Dass dieser aber für Anbieter aus dem Ausland auch Tücken hat, konnten wir kürzlich bei Fyndiq sehen." Keinen Erfolg in Deutschland hatten tatsächlich die Schweden Fyndiq, die ihren gleichnamigen Online-Marktplatz im vergangenen Jahr in Deutschland gestartet hatten   . Nach nicht einmal einem Jahr wurde aber bereits wieder der Stecker gezogen   , der deutsche Online-Marktplatz ist daher schon offline   . Auch hier war das Ziel sehr ambitioniert und lautete, Händlern und Kunden eine “vernünftige Alternative zu Marktführern   ” wie Amazon   und eBay   zu bieten. Doch selbst nach einem Jahr waren nur rund 1.000 Händler auf dem deutschen Online-Marktplatz registriert.
Mark Steier von Wortfilter.de
Mark Steier von Wortfilter.de
Zum Vergleich: Bei Amazon.de verkaufen derzeit über 55.000 Händler, wie eine aktuelle Analyse des Internet-Portals Wortfilter.de   besagt, das sich mit dem Handel auf Online-Marktplätzen beschäftigt. Vergleichszahlen zu Allegro.de wollte zwar weder der polnische Marktplatz-Betreiber noch dessen Eigentümer Naspers   auf Nachfrage von neuhandeln.de offiziell verraten. Laut Wortfilter-Herausgeber Mark Steier (siehe Foto links) gibt es auf dem frisch gestarteten deutschen Online-Marktplatz Allegro.de aber "gerade einmal etwas über 400 Angebote". Mit so einem Rumpfsortiment lässt sich aber kaum ein Stich machen, wenn die Konkurrenz den Kunden mehr Auswahl bietet. In der Folge kaufen die Verbraucher daher dann auch weiter bei Amazon und eBay, so dass Händler sich schnell auf diese Online-Marktplätze konzentrieren. Dadurch wiederum bleibt das Sortiment auf alternativen Marktplätzen überschaubar, wodurch wiederum die Kunden ausbleiben. Auf diese Weise droht, dass ein neuer Marktplatz in einem Teufelskreis verendet. Prinzipiell könnte Allegro zwar sein Angebot nach und nach erweitern, wodurch mehr Auswahl geboten wird. Aber selbst dann dürfte das Geschäft alles andere als ein Selbstläufer werden. Denn auch ein Online-Marktplatz mit einem großem Sortiment hat nur eine Chance, wenn Kunden das Angebot überhaupt kennen und darin einen Mehrwert sehen. Das schnelle Aus von Fyndiq in Deutschland dürfte jedenfalls auch damit zusammen hängen, dass sich die Schweden hierzulande als "Schnäppchen-Superstore" positionieren wollten. Doch wer heute einen Online-Marktplatz mit günstigen Preisen sucht, dürfte bei Amazon und eBay kaufen, die für ein großes Sortiment und gute Preise stehen. Und bei einer scharfen Positionierung hapert es auch bei Allegro.de. So ist das Kundenversprechen "Tausende von Produkten zum besten Preis" nicht nur völlig austauschbar. Mit einer ähnlichen Positionierung sind ebenfalls bereits Amazon und eBay am Markt aktiv, die sich hierzulande bereits etabliert haben. Auch deshalb glaubt E-Commerce-Experte Steier nicht an einen Erfolg von Allegro in Deutschland, wobei er grundsätzlich eine Marktplatzvielfalt begrüßen würde. "Insgesamt wirkt der Auftritt recht primitiv", lautet sein Fazit. "So einen Marktplatz brauchen deutsche Kunden nicht." Möglicherweise könnte Allegro zwar in der Praxis das Gegenteil beweisen. Dann bräuchte der Marktplatz aber nicht nur eine klare Positionierung mit Mehrwerten für Kunden gegenüber Amazon und eBay. Die Polen müssten ihr deutsches Portal auch entsprechend bewerben, um überhaupt von Konsumenten wahrgenommen zu werden. Ob und wie das geplant ist, verraten die Macher nicht. Mit dem aktuellen Geschäftsmodell dürfte es Allegro ohnehin schwer in Deutschland haben. Denn auf dem deutschen Online-Marktplatz können nicht einfach deutsche Händler verkaufen, womit man das Sortiment ausbauen könnte. Nach eigenen Angaben arbeitet Allegro.de nur mit Verkäufern aus Polen   zusammen. Das bedeutet für Kunden dann aber auch, dass sie schon einmal sechs bis acht Werktage auf Ware von polnischen Händlern warten müssen. Attraktiv ist das aber für deutsche Kunden nicht, wenn einheimische Anbieter wie Amazon.de heute die Ware bereits am selben Tag zustellen   . Vor diesem Hintergrund liegt nahe, dass die Allegro-Gruppe mit ihrem deutschen Online-Marktplatz vor allem die Bedürfnisse ihrer Handelspartner im Fokus hat und diesen einen zusätzlichen Absatzkanal bieten will. Aus Kundensicht gedacht wäre der deutsche Marktplatz damit nicht - was letztlich wohl der entscheidende Punkt sein dürfte, warum Allegro.de in der aktuellen Form kaum eine Chance hat.
alle Optionen Mitglied werden auf neuhandeln
Ihr regelmäßiger Update.

Basis

Die kostenfreie Mitgliedschaft auf neuhandeln.de

Vier Ausgaben des Versandhausberater kostenfrei zum Kennenlernen
  • Kostenfrei
  • Wöchentlicher Newsletter
  • Zugriff auf Beiträge exklusiv nur für Mitglieder
  • Teilnahme an Webinaren und virtuellen Kongressen
  • Kostenloser Eintrag im Dienstleister-Verzeichnis
  • Vier Wochen lang zum Test die Print-Ausgabe des Versandhausberaters frei Haus
-50%
Für ECommerce-Profis.

Premium

Versandhausberater, der Premium-Dienst von neuhandeln.de:

Freitags den Versandhausberater frei Haus
  • Sofort Zugriff auf alle Premium-Inhalte online
  • Wöchentlich neue Exklusiv-Studien und Analysen
  • Zugriff auf das gesamte EMagazin-Archiv
  • Freitags die aktuelle Versandhausberater-Ausgabe als E-Magazin und gedruckt per Post
  • 194,61 Euro pro Quartal (zzgl. MwSt)
    97,31 Euro (zzgl. MwSt)*
-50%
Top-Deal!
Für Dienstleister des Handels.

PremiumPlus

Das Marketingpaket macht Ihr Unternehmen für über 15.000 E-Retailer sichtbar.

  • Alle Leistungen der Premium-Mitgliedschaft
  • Umfassender Eintrag als Dienstleister im Dienstleister-Verzeichnis
  • Bevorzugte Platzierung in Suchergebnissen
  • Alle Platzierungen hervorgehoben mit Firmenlogo
  • Unternehmens-Einblendung unterhalb thematisch relevanter Beiträge
  • Whitepaper veröffentlichen
  • Pressemitteilungen veröffentlichen
  • Gastbeiträge veröffentlichen
  • Referenzkunden pflegen
  • 995 Euro pro Jahr (zzgl. MwSt)
    497,50 Euro (zzgl. MwSt)*

*Der rabattierte Preis gilt für die erste Bezugsperiode. Danach setzt sich die Mitgliedschaft zum regulären Preis fort, wenn sie nicht vor Ablauf gekündigt wird. Premium: 3 Monate/194,61 Euro, PremiumPlus: Jahr/995,00 Euro, Enterprise: Jahr/1998 Euro, jeweils zzgl. Mwst.

alle ThemenTags/Schlagwörter: