Kundenbindung steigern - so geht's

von Susanne Broll

05.05.2022 Ob steigende Kosten für die Kundenakquisition oder Wettbewerb aus dem Ausland bzw. durch junge D2C-Marken - die aktuellen Herausforderungen für Shopbetreibende sind mannigfaltig. Wer seine Bestandskundschaft halten will, muss sich intensiv um diese kümmern.

 (Bild: silviarita auf Pixabay)
Bild: silviarita auf Pixabay

Wie lassen sich KundInnen erkennen, die im Begriff sind, verloren zu gehen?

Für Abo-Modelle und Vertragsanbietende sind kritischen Entscheidungsphasen klar, Kündigungsfristen geregelt und die Zeitpunkte definiert, wann BestandskundInnen mit ansprechenden Treue-Angeboten kontaktiert werden sollten. Für das Gros der E-Retailer sind die Anzeichen von Kundenabwanderung schwieriger zu deuten. Mithilfe von Kaufhistorie und Kundenverhalten können Signale identifiziert werden, die auf einen möglichen Kundenverlust hindeuten. Z.B.:

  • KundInnen sind seit Längerem inaktiv. Die Aktivität umfasst hierbei nicht nur den eigentlichen Kauf, sondern bereits das Kaufinteresse.
  • KundInnen bestellen weniger. Insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Bestellmengen ist eine Reduzierung des Warenkorbs ein Alarmsignal.
  • KundInnen reagieren nicht auf Reaktivierungsmaßnahmen. Wenn selbst auf Gutschein- oder Rabattaktionen keine Response zu verzeichnen ist, scheint das Interesse am Wiederkauf sehr gering zu sein.
  • Wenn Beschwerden und Retouren steigen, dann sind dies Signale, dass die Kundschaft mit den gekauften Produkten oder dem Service nicht zufrieden ist.
  • Rechnungen werden später bezahlt. Früher wurden Bestellungen direkt bezahlt, jetzt überzieht die Kundschaft ihr Zahlungsziel.
  • KundInnen äußern Unzufriedenheit in Bewertungen und Umfragen.

Warum wandert die Kundschaft ab?

Manchmal gibt es natürliche Gründe für ausbleibende Käufe, die nicht zu ändern sind - in anderen Fällen kann Kundenabwanderung aktiv vermieden werden. Hier lohnt sich ein genauerer Blick.

  • Unzufriedenheit über die Qualität der Produkte, Lieferprobleme, schlechter Kundenservice oder ein zu hoher Preis - diese Gründe betreffen das Unternehmen selbst und können behoben werden.
  • KundInnen haben keinen Bedarf mehr. Ein Umzug, eine Ernährungsumstellung aufgrund einer Allergie, Familiengründung, Jobverlust oder eine Beförderung beeinflussen die Kaufkraft und das Kaufverhalten.
  • Der Wettbewerb ist attraktiver. Am schwierigsten zu identifizieren sind die Gründe, für die der Wettbewerb verantwortlich ist: ein günstigerer Preis, ein besseres Image, ein breiteres Sortiment.
Sobald die Gründe für eine Kundenabwanderung bekannt sind, kann eine Entscheidung erfolgen, welche Reaktivierungsmaßnahmen sinnvoll sind.

Wie wird Kundenverlust gemessen?

Die Formel zur Berechnung der Kundenverlustrate ist einfach:

Kundenabwanderungsrate = Anzahl der verlorenen KundInnen / Gesamtzahl der KundInnen (Zeitraum) X 100

Je mehr Daten zur Auswertung zur Verfügung stehen, desto deutlicher kann die Gefahr der Abwanderung ermittelt werden. Die Grundlage dafür bildet eine Software, die unterschiedlichste Daten wie Transaktionsdaten, Kunden- und Kampagnendaten, Customer-Service-Daten, etc. zusammenführt und auswerten kann. Hilfreich sind folgende Indikatoren:

  • Nachlassende Kauffrequenz
  • Sinkender Bestellwert
  • Steigende Retourenquote
  • Niedrige Bereitschaft weiterzuempfehlen (NPS)
Mithilfe dieser Daten können KundInnen in Cluster eingeteilt und entsprechend für Reaktivierungsmaßnahmen selektiert werden.

Zur Analyse der vergangenen Transaktionen und Identifizierung von inaktiven KundInnen kann eine RFM-Analyse herangezogen werden. Dabei wird die Kaufhäufigkeit mit dem Abstand zum letzten Kauf und dem Bestellwert ins Verhältnis gesetzt. Als gefährdete KundInnen gelten beispielsweise diejenigen, die unregelmäßig, aber teilweise mit hohen Beträgen kaufen. Ziel ist, diese Kundschaft zu häufigeren Käufen zu animieren.

Machine Learning zur Vorhersage von Kundenabwanderung

Für die Bestimmung der Rentabilität von KundInnen sind nicht nur vergangene Werte relevant, sondern auch Prognosen über künftige Käufe. Selbst wenn mit hohen Akquisekosten gestartet worden ist und die Umsätze die Kosten bislang nicht decken, kann die Geschäftsbeziehung rentabel werden, wenn in Zukunft weitere Umsätze fließen. Machine Learning errechnet über Algorithmen, wie hoch die Kundenlebensdauer und wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Kundenabwanderung ist.

Wie kann Kundenbindung funktionieren?

Nachdem bekannt ist, welche Kundensegmente gefährdet sind, muss für jede Kundengruppe das richtige Set an Reaktivierungsmaßnahmen zusammengestellt werden. Klassischerweise zählen zu den Maßnahmen einer erfolgreichen Kundenbindung:

  • Durch gezielte Bewertungen von Produkten, Lieferservices oder Unternehmen wird aktiv Kundenfeedback eingeholt.
  • Für treue KundInnen wird eine Kundenkarte oder Club-Mitgliedschaft mit Vorteilen eingeführt.
  • Abo-Modelle werden eingeführt und treue Kundschaft wird belohnt.
  • In sensiblen Phasen werden gezielt Gutscheine eingesetzt und Kaufanreize geboten.
In jedem Fall sollte die Kundschaft durch die Maßnahmen einen echten Mehrwert verspüren, denn der Wechsel zum nächsten Shop ist online noch viel einfacher als offline.


Autorin: Christiane Richters ist Content Managerin bei Trusted Shops   mit dem Themenschwerpunkt 'KundInnen und Kundenbeziehungen'.
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