Exklusiv-Analyse Versandkosten: Gratis-Versand stirbt aus

von Dominik Grollmann

02.04.2020 Trotz gestiegener Paketkosten befinden sich die Versandkosten für Verbraucher eher im Sinkflug. Allerdings: Immer weniger Händler bieten eine bedingungslose Gratiszustellung an. Die Lieferung nach Hause scheint einen Wert zu haben.

Obwohl 2019 die Preise bei allen Paketdienstleistern teils deutlich gestiegen sind, zahlen die Verbraucher eher niedrigere Versandkostenpauschalen. Das aber bei immer mehr Händlern. (Bild: mohamed_Hassan / pixabay.com)
Bild: mohamed_Hassan / Pixabay
Obwohl 2019 die Preise bei allen Paketdienstleistern teils deutlich gestiegen sind, zahlen die Verbraucher eher niedrigere Versandkostenpauschalen. Das aber bei immer mehr Händlern.
Zuletzt kannten die Paketpreise in Deutschland nur eine Richtung: Es ging steil bergauf. Alle Paketdienstleister haben die Preise im vergangenen Jahr erhöht, teils um etliche Prozent. Allerdings haben die wenigsten Händler diese Preiserhöhung an die Kunden weitergegeben - zumindest nicht direkt in Form von höheren Versandpauschalen. Wie schon im Vorjahr (siehe iBusiness Studie - Was der Versand im Onlinehandel wirklich kostet   ) hat iBusiness auch in diesem Jahr die Versandkosten erhoben, die Online-Händler verlangen.

Ergebnis: Trotz steigender Preise sinken die Lieferkosten für Verbraucher - aber immer weniger Versender bieten Gratislieferungen an. Der von iBusiness durchgeführten Untersuchung zufolge sind 2020 die Versandkostenpauschalen im Durchschnitt von 4,70 Euro auf 4,56 Euro für ein Standardpaket leicht gesunken. Allerdings boten im Vorjahr noch 13 Prozent der Unternehmen eine kostenlose Lieferung an. 2020 sind es nur noch neun Prozent.

Preview von Versandmodelle der Top-100-Händler 2019 versus 2020
Während die Versandkosten im Schnitt leicht gesunken sind, ist die Anzahl der Gratisversender unter den Top-100-Händlern deutlich zurück gegangen.

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Für die Untersuchung hat iBusiness die Versandkonditionen der Top-100-Händler in Deutschland ermittelt. Grundlage bildete dafür das Umsatzranking des EHI Retail Instituts   aus dem Herbst 2019. Zeitpunkt der Versandkostenermittlung war Mitte Februar 2020.

Ausschlaggebend waren immer die in den Service-Bedingungen angegebenen Versandkosten für ein "normales" Paket. Extras, Aktionen, Incentivierungs-, Partnerprogramme oder andere Gimmicks wurden nicht berücksichtigt. Standen mehrere Versandoptionen zur Verfügung, wurde der Standardversand ermittelt - in der Regel ist das die günstigste Versandart. Sondertarife wie Express-, Same-Day- oder Kurierdienste oder Sperrgut-Zuschläge wurden ebenso außen vorgelassen, wie insgesamt 14 Händler, die ausschließlich zu solchen Bedingungen liefern können. Gründe:

  • Das Angebot setzt eine Mitgliedschaft voraus (Shopping-Clubs).
  • Die Lieferung erfolgt ausschließlich per Express oder Same Day (frische Lebensmittel).
  • Verkauf erfolgt ausschließlich zu besonderen Lieferbedingungen (dies traf zum Beispiel auf Gold- und Schmuckhändler zu).

Preview von Retourenmodelle der Top-100-Händler 2020
Retouren lassen sich quer durch alle Sortimente zu 90 Prozent kostenlos zurücksenden.

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Retouren bleiben gratis

Obwohl die durchschnittlichen Versandkostenpauschalen leicht gesunken sind, dürften die Verbraucher kaum Geld sparen. Denn zugleich ist die Zahl der Shops, die mit Gratislieferung werben, um vier Prozentpunkte gesunken. Der Trend scheint sich eher in die Richtung zu entwickeln, den Kunden stärker an den Versandkosten zu beteiligen.

Diese Tendenz zeigt sich auch bei der Preisgestaltung der Händler, die unabhängig vom Bestellwert eine fixe Pauschale erheben. Diese liegt durchschnittlich bei über fünf Euro und damit 90 Cent über der Pauschale, die Händler erheben, bei denen die Versandkosten vom Bestellwert abhängen.

Umgekehrt bedeutet das auch: Viele Verbraucher sind bereit, für den Versand-Service zu bezahlen. Die bequeme Lieferung nach Hause ist den Kunden einen Aufpreis wert. Zu diesem Service scheint aber auch zu gehören, dass die Retouren kostenlos zurückgesendet werden dürfen. Zumindest bietet mit 90 Prozent der Händler eine überwältigende Mehrzahl diesen Service (+ 1 Prozentpunkt gegenüber Vorjahr). Nur acht Prozent übertragen die (Porto-)Kosten ganz oder teilweise an den Verbraucher, wie es seit 2014 rechtlich zulässig ist. Eine Minderheit von zwei Prozent macht das Retourenhandling vom Warenwert abhängig.

Das bedeutet für Händler: Versandkosten sind oft leichter durchzusetzen als Retourenkosten.

Preview von Anzahl der Paketdienstleister 2019 versus 2020
Der Anteil der Händler, der nur auf einen Paketdienstleister setzt, ist deutlich gesunken.

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Mehr Dienstleister - weniger Kosten

Deutlich mehr Spuren haben die Preiserhöhungen im Wettbewerb der Dienstleister hinterlassen. Deutlich weniger Händler als bisher setzen lediglich auf einen Lieferdienst. 2019 hatten 55 Prozent der Händler nur einen Dienstleister unter Vertrag. 2020 sind es nur noch 47 Prozent. Ganz offensichtlich haben vor allem Händler mit schlechten Konditionen einen zweiten Partner hinzugezogen. Denn während die Versandkosten bei 1-Paketdienst-Händlern um 15 Cent sanken, stiegen sie bei den 2-Paketdiensthändlern um 20 Cent an. Daraus lässt sich folgern, dass gerade die Händler mit höheren Kosten einen zweiten Dienstleister hinzugezogen haben.

Preview von Marktanteil der Paketdienstleister 2020
78 der deutschen Top-100-Händler verschicken (auch) mittels DHL.

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Nach wie vor gilt jedoch: Händler, die mehr als einen Dienstleister beauftragen, können deutlich günstigere Versandpauschalen bieten. Konkurrenz belebt das Geschäft.

Am häufigsten wird der Marktführer Deutsche Post DHL gewählt. 78 (Vorjahr 75) der Top-100-Händler verschicken ihre Pakete zumindest teilweise mit ihm. Von 39 (Vorjahr 37) Händlern wird (auch) der Dienstleister Hermes gewählt. UPS, DPD und GLS werden weniger häufig beauftragt, wobei auffällt, dass DPD-Händler besonders niedrige Pauschalen bieten, während UPS und GLS offenbar bei komplexeren und teureren Szenarien Anwendung finden.

Große Unterschiede bei den Sortimenten

Versandhandel ist nicht gleich Versandhandel. Je nach Sortiment unterscheiden sich die Kundenansprüche teils deutlich. Die umsatzstärkste Produktgattung im E-Commerce ist Bekleidung. Hier ist der Anteil der Händler, die eine Versandpauschale erheben, mit 79 Prozent besonders hoch - und noch weiter gewachsen.

Anders dagegen die Generalisten: Bei ihnen ist der Anteil der Händler, die eine feste Pauschale erheben, sogar gesunken. Dafür sind die Versandkosten überdurchschnittlich hoch - und noch weiter gestiegen. Offenbar überwiegt hier das Interesse, den Warenkorbwert zu heben.

Preview von Versandmodelle nach Sortiment 2019 versus 2020 - Auswahl
Je nach Sortiment unterscheiden sich die präferierten Versandkostenmodelle oft deutlich.

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Einig sind sich dagegen die Händler im Bereich Drogerie und Gesundheit, die generell nur ab einem bestimmten Bestellwert gratis liefern. Dieser Wert liegt mit 22,72 Euro aber deutlich unter dem durchschnittlichen Mindestbestellwert von 48,96 Euro. Mögliche Erklärung: Das Drogerie- und Apothekennetz ist in der echten Welt aber (noch) so dicht, dass sich Versandkosten nur sehr schlecht durchsetzen lassen.

Stark unter Druck geraten ist dagegen die Unterhaltungselektronik-Branche. Hier ist der Anteil der Unternehmen, die ausschließlich gegen Versandkostenpauschale liefern, um ganze elf Prozentpunkte gestiegen, während die bedingungslos kostenfreie Lieferung starkt auf dem Rückzug ist.
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