Online-Performance 2022: Warum Umsatz allein kein Erfolgsfaktor ist
28.04.2022 Wer seine Käufe und Umsätze im Online-Shop steigern will, setzt auf die üblichen KPIs wie Konversions- oder Wiederkaufsraten. Warum diese Kennzahlen allein künftig nicht mehr ausreichen , um zwischen Kunde und Marke Vertrauen aufzubauen, erklären Ivana Nikic und Domenic von Tryller von der Norisk Group .
Künftig wird es für den Online-Handel nicht mehr in erster Linie darauf ankommen, eine Menge unstrukturierter Daten mit schicken Analyse-Tools auszuwerten oder homöopathische Bewertungen über Social Kampagnen zu analysieren. Vielmehr wird es darum gehen, sich sukzessive vom isolierten ROAS-Blick auf die Shop-Performance zu lösen, um ein Bewusstsein für markenstarke Services und Touchpoints zu entwickeln.
Der Kunde ist nicht nur ein "Besteller"
Zieldefinitionen sind im Shopumfeld häufig banaler als man denkt: mit welchem Vermarktungspaket (z.B. Social Advertising, Organic, Newsletter und Onsite-Vermarktung) wird der Umsatz im Shop am schnellsten gesteigert. Dieser Fokus ist gleich in zweierlei Hinsicht bedenklich. Zum einen wird der Kunde darauf reduziert, ob er bestellt. Zum anderen hat die reine Angabe des Umsatzes keine Aussagekraft. Denn wer bei 100 Prozent mehr Werbe-Spendings, 10 Prozent mehr Umsatz macht, hat nichts gewonnen.
Interessanter wäre die Frage nach der Profitabilität. Das zeigt die Wahrnehmung, die bis heute bei den meisten Shopbetreibern gängige Praxis ist, wenn es um Indikatoren für den Shop-Erfolg geht. Bei dieser isolierten und zahlengetriebenen Betrachtung des Kunden als "Besteller", bleiben markenrelevante Fragestellungen, beispielsweise zur ausgewogenen Balance zwischen Shopping-Komfort und Shopping-Erlebnis oder Services, die die Extra-Meile ausmachen, außen vor. zuzuordnen? Erst wenn solche Fragen, die die Aktivitäten des Kunden sowie dessen Akzeptanz oder Feedback in Bezug zu Produkten und Services, eine Rolle spielen, werden die Marke relevant.
Personas und Kaufszenarien an der Journey ausrichten
Für Händler, die bereits die Nutzerdaten vorhalten, bietet sich die Durchführung einer Persona-Analyse an. Hier geht es darum, aus bestimmten Aktivitäten innerhalb der Customer Journey markenrelevantes Verhalten sowie bestimmte Nutzungstypologien ableiten zu können. Am einfachsten ist es, bestehende Datensätze dazu zu nutzen, mögliche Einflussfaktoren für einen Online-Kauf zu identifizieren. Danach ist es leichter, bestimmte, sich wiederholende Kaufszenarien abzuleiten.Beispielsweise kann ein einmaliger Kauf ohne Empfehlung möglicherweise bedeuten, dass es sich um einen Neukunden handelt, der gezielt dieses Produkt gesucht hat. Ein Mehrfach-Kauf inklusive Empfehlung an Freunde könnte hingegen bedeuten, dass die Bindung zur Marke für diesen Kunden eine wesentlich stärkere Rolle spielt, und er sich sogar gegenüber Freunden mit dieser Marke identifizieren möchte.
Neukundenquote messen ist zu kurz gesprungen
Etablierte Nischen-Shops setzen häufig den Fokus ihrer Kampagnen und Marketingaktivitäten auf die Neukundenakquise. Schließlich sagen ja die Statistiken, dass die Stammkunden seit Jahren regelmäßig und mehrmals bestellen. Dieser Umsatz scheint also langfristig gesichert. Hier gibt es zwei Aspekte, die es zu beachten gilt. Auch wenn es auf den ersten Blick finanziell lohnenswert erscheint, neue Kundengruppen auf den Shop aufmerksam zu machen. Sollten sich die Shopbetreiber nicht der Illusion einer Mehrfach-Bestellung im Warenkorb hingeben. Denn nachweislich kaufen Kunden bei einer Marketingaktion nur ein Produkt.Das wirkt sich ebenfalls auf die wahrgenommene Kostenstruktur der Produkte aus. Anstatt dessen sollten einen stärkeren Fokus auf den Ausbau ihrer Bestandskundenbestellungen legen. Hier geht es darum, die wiederholten Mehrfach-Bestellungen mit individuellen Services zu veredeln (z.B. Verpackungen im Versand) und die höherpreisige Warenkorbstruktur beizubehalten. Hier können Kennzahlen wie die durchschnittliche Warenkorbhöhe mit entsprechenden Premium-Services in der Auslieferung gekoppelt werden. Ein großer Pluspunkt für jede Marke.
Fokus auf den Customer Lifecycle anstatt auf den Bestellzyklus
Um es gleich vorweg zu nehmen: wer für den künftig Shop-Erfolg auf aussagekräftige Kennzahlen des Customer Lifecycle Values (CLV) zurückgreifen möchte, braucht Geduld. Nicht nur, weil mehrere einzelne KPIs (z.B. Retention Time, Transaktionen oder Warenkorb) ins Kalkül gezogen und miteinander in Beziehung gestellt werden sollten. Vor allem weil es - bedingt durch die längerfristig angelegte Kampagnenumsetzung (Conversion-Delay)- in der Auswertung immer einen zeitlichen Verzug gibt. Insbesondere wenn es um die Ausspielung einer ganzheitlich angelegten Kampagne mit integriertem Social Advertising, Youtube-Videos und Display-Banner, geht. Diese Betrachtungsweise ist mit der einfachen Bestell- oder Wiederkaufsquote nicht zu vergleichen, ist aber relevanter für Aussagen zur Markenbindung. Händler, die auf diesen ganzheitlichen Online-Marketing-Mix auch bei der Kampagnenumsetzung setzen, bedienen damit gleichzeitig den Upper, nicht nur den auf kurzfristige Umsätze ausgerichtete Lower Funnel.
Shopbetreiber, die auf Kundenbindung setzen und aus einem Warenkorb-Abbrecher oder Spontan-Käufer zu einem profitablen Bestandkunden machen möchten, sollte auf attraktive, wechselnde Anreize im Shop (z.B. Kundenkarte, Abonnements, Mitgliedschaften etc.) setzen. Wichtig dabei, diese getriggerten Folgekäufe sollten immer mit den Aspekten Komfort und persönlicher Mehrwert einhergehen. Das Engagement der Kunden auf Social-Media Plattformen zur Beurteilung oder Bewertung dieser Services können wichtige Hinweise für die Markenbindung liefern.
Kunden-Services erzeugen Markenbindung
Auch wenn es für den Multichannel-Handel aktuell noch schwer ist, interne Kundendaten mit den Vermarktungsinitiativen auf den Medienkanälen sauber zu verknüpfen, gibt es dennoch gute Möglichkeiten für gezielte Förderung der Kunden- und Markenbindung. Gerade im Chaos unzuverlässiger Lieferketten ist es entscheidend, welche Services eine Handelsmarke über den Shop, aber auch offline in der jeweiligen Kundensituation zur Verfügung stellt. Genau in solchen Moments of Truth kann echte Markentreue auf- und ausgebaut werden. Dazu sollten Händler ihre Kunden aber gut segmentieren. Denn dann können sie beispielsweise ihre treuesten Bestandskunden besser identifizieren und diese priorisieren, sollte es zu zeitlicher Verzögerung in der Auslieferung kommen. Beschwerden könnte man im Shop dann auch mit Treuepunkten oder kostenfreien Blumenservices entgegenwirken.Auch diverse Service-Levels pro Kundensegment sind denkbar. Die Firma Happy Mammoth beispielsweise verwendet dieses Prinzip, um Kunden, die nur einmal kaufen und sich ansonsten auch nicht weiter engagieren, keinen kostenfreien Versand anzubieten. Die langjährigen Bestandskunden des Brands erhalten über die Insider-VIP Stufe hingegen lebenslang Versand für alle Bestellungen. Dieser Ansatz zeigt, dass die Priorisierung des Kundenservices entlang der Einkaufshistorie von Kunden langfristig zu mehr Markentreue führen kann. Die Kunden fühlen sich individuell wertgeschätzt, selbst wenn es im Bestellprozess einmal hakt. Je mehr Händler und deren Vermarkter sich dazu entschließen, ihre Kunden und deren Bedürfnisse wirklich kennenlernen zu wollen, desto stärker werden sie dafür in puncto Markentreue belohnt.
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