Stabilo vs. Deuter: Warum Marken (k)einen Shop betreiben

von Stephan Randler

28.08.2014

 (Bild: NH-Pressebild)
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Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
Auf der Veranstaltung Brand Commerce   haben am Dienstag die Vertreter von namhaften Markenartiklern darüber diskutiert, ob und wie Hersteller im Internet-Zeitalter online verkaufen sollen. Neben den Kollegen von Inspirato   habe ich die Veranstaltung als Referent und Moderator begleitet und dabei einige interessante Einblicke erhalten - nicht zuletzt, weil bei den Herstellern vor Ort die unterschiedlichsten Vertriebsphilosophien aufeinander geprallt sind.

Stabilo Marken-ShopBildquelle: Screenshot

Eine große Chance sieht beispielsweise die Stabilo International GmbH   im E-Commerce. So verkauft der Stiftehersteller (unter anderem bekannt durch den Leuchtmarker "Stabilo Boss   ") seit Mitte März 2014 seine Produkte erstmals per Direktvertrieb in einem eigenen Online-Shop   . Dieser Schritt wurde unternommen, weil Kunden nach eigenen Angaben auf einer Marken-Website eine Shopping-Funktion erwarten. Parallel gibt es die Produkte auch bei Amazon   , wo Stabilo bereits länger verkauft bzw. vielmehr verkaufen lässt. Denn Stabilo ist auf dem Online-Marktplatz nicht selbst aktiv, sondern verkauft die Ware an den E-Commerce-Riesen wie an einen gewöhnlichen B2B-Kunden. Für Preise ist damit auch Amazon verantwortlich. Ob diese Strategie zielführend ist, steht aber auf einem anderen Blatt. Denn auch wenn Amazon selbst die günstigen Preise macht, ist letzten Endes Stabilo dafür verantwortlich - schließlich beliefert der Stiftehersteller ja Amazon, was auch die stationären Handelspartner wissen dürften. Entgegen halten kann man allerdings, dass es natürlich auch im stationären Einzelhandel immer schon unterschiedliche Preisniveaus gegeben hat. Gegenüber dem stationären Fachhandel argumentiert Stabilo aber, dass die eigenen ECommerce-Aktivitäten die Marke pushen und damit auch den lokalen Geschäften helfen - frei nach dem Motto: "Wenn mehr über Stabilo im Internet gesprochen wird, dann kaufen auch deine Kunden wieder vermehrt unsere Stifte". Als Argumentationshilfe dienen Studien, die einen "RoPo"-Effekt beschreiben - also zum Ergebnis kommen, dass sich Internetnutzer gerne online informieren, im Anschluss aber am liebsten vor Ort kaufen ("Research online, purchase offline"). Um durch den Online-Direktvertrieb dennoch keine Preisdiskussion anzufachen, werden alle Produkte im Marken-Shop zum UVP verkauft. Fraglich aber, ob das für Kunden attraktiv ist. Schließlich könnte es mündige Konsumenten wundern, warum sie bei einem Hersteller mehr bezahlen sollen, wo doch der Zwischenhändler fehlt (wobei es diese Gefahr vielleicht gar nicht gibt, da der Stabilo Boss bei Amazon gerade teurer ist   als bei Stabilo selbst   ). Das nächste Ziel von Stabilo ist, den neuen Marken-Shop profitabel zu bekommen. Dazu liebäugelt man mit dem Verkauf über weitere Marktplätze - was in einer nächsten Ausbaustufe denkbar wäre. Für den Rucksack-Hersteller Deuter   steht das dagegen nicht zur Debatte - genauso wenig wie ein eigener Shop, obwohl der Rucksack-Spezialist zur selben Unternehmensgruppe (Schwan-Stabilo   ) wie die Stabilo International GmbH gehört.

DeuterBildquelle: Screenshot

Die Begründung: Deuter will mit dem Online-Vertrieb nicht seinen stationären Handelspartnern in den Rücken fallen, die bislang die Marke aufgebaut haben. Weil die meisten Händler zudem einen eigenen Online-Shop betreiben, sei die Marke auch so im E-Commerce präsent. Über Marktplätze verkauft Deuter nicht, weil man dort unter anderem keinen Platz für eine individuelle Produktpräsentation und Beratung sieht. Dennoch finden Kunden immer wieder Rücksäcke von Deuter auf den Portalen - weil beispielsweise Händler die Produkte ohne Erlaubnis dort einstellen (was Deuter wiederum mit Abmahnungen oder Lieferstopps bestraft). Welche Strategie ist nun aber nachhaltiger? Sowohl bei den Vertriebskonzepte von Stabilo als auch Deuter sehe ich Vor- und Nachteile. Bei Stabilo fehlt mir aus Kundensicht der Grund, warum ich direkt bei der Marke kaufen sollte - wenn es die Produkte vielleicht woanders günstiger gibt. Entgegen halten kann man, dass Verbraucher auf einer Marken-Website auch einen Shop erwarten. Das allein dürfte aber nur Hardcore-Fans der Marke überzeugen, der Großteil dagegen erst einmal den günstigsten Anbieter im Netz recherchieren. Das wird Stabilo selbst wohl kaum auf Dauer sein, wenn weiter der UVP gilt. Dieser ist aber wichtig als Beruhigungspille für die stationären Partner, die vielleicht nicht an RoPo-Effekte glauben. Bei Deuter kann ich nachvollziehen, dass man nicht im Einheitsbrei der Online-Marktplätze untergehen will. Auf den Online-Vertrieb komplett zu verzichten, wird sich der Hersteller aber ebenfalls kaum auf Dauer leisten können - auch wenn Deuter momentan in der glücklichen Lage ist, dass das Geschäft stationär nach wie vor wächst. Eine Chance könnte aber vielleicht darin liegen, die stationären Partner von Anfang in den Online-Handel einzubeziehen. Auffällig ist bei beiden Strategien jedenfalls, dass Hersteller ihren Direktvertrieb - naturgemäß - losgelöst von ihren stationären Partner betreiben bzw. sehen. Dabei würde es sich vielleicht anbieten, die stationären Partner am Online-Geschäft zu beteiligen - beispielsweise über eine Abholfunktion, wie sie gerade der deutsche Online-Marktplatz Rakuten plant   . Der Plan: Kunden können online bei der Marke kaufen und ihre Ware danach bei einem Händler vor Ort abholen. Dieser erschließt sich dadurch im Idealfall neue Kundengruppen, kann weitere Produkte verkaufen und/oder wird am Online-Umsatz beteiligt (auf einem ähnlichen Prinzip basiert übrigens auch die ECommerce-Lösung der Gaxsys GmbH, die neuhandeln.de als Sponsor unterstützt   und stationäre Händler über Marken-Websites verkaufen lässt   ).
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