Nach Corona-Delle im E-Commerce: „Weg in die neue Normalität ist noch weit“

Den Corona-Lockdown haben auch deutsche Online-Händler zu spüren bekommen. Denn laut einer Verbraucherbefragung vom Bundesverband für E-Commerce und Versandhandel (BEVH) hatten ja Konsumenten in diesem März insgesamt fast 20 Prozent weniger im E-Commerce ausgegeben als im Jahr zuvor. Im April dagegen hat sich die Lage im deutschen Online-Handel aber deutlich verbessert.

Gero Furchheim
Gero Furchheim (Bild: BEVH / Michael Gueth)

Auch das zeigt jetzt eine Verbraucherbefragung des BEVH. Demnach haben Konsumenten im April insgesamt 6,82 Mrd. Euro brutto online ausgegeben. Dadurch sind die Umsätze im Online- und Versandhandel im April 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 17,9 Prozent gestiegen (04/2019: 5,78 Mrd. Euro).

Entspannt hat sich die Lage allerdings nur bedingt. Das zeigt sich, wenn man einmal die einzelnen Sortimente betrachtet. So haben Verbraucher im April 2020 zwar für Bekleidung (+12,4 Prozent) und Schuhe (+5,4 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr mehr Geld ausgegeben.

Doch im voran gegangenen März waren die Ausgaben für Bekleidung (-35,4 Prozent) und für Schuhe (-31,1 Prozent) regelrecht eingebrochen. Wenn man daher nun in diesen Segmenten die Umsätze aus diesem März und April addiert, so liegt etwa bei Bekleidung der Umsatz aus diesen zwei Monaten mit einem Wert von 1,75 Mrd. Euro nach wie vor -8,8 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Denn im März und April 2019 hatten Konsumenten in Summe für Mode online noch rund 1,92 Mrd. Euro ausgegeben.

Diese Rechnung macht der BEVH auch bei anderen Sortimenten auf. Demnach fällt bei Schuhen das Minus im März und April 2020 zusammen mit -11,3 Prozent noch deutlicher aus als bei Bekleidung. Bei Schmuck/Uhren beträgt der Rückgang zum Vorjahr sogar -40,3 Prozent. Als Grund nennt der BEVH eine „generelle Konsumzurückhaltung“, Verbraucher würden in erster Linie „bedarfsgeprägt“ kaufen.

Online-Boom bei Home24, Westwing, Zooplus, Hawesko, Ceconomy

Passend dazu haben sich im März und April die Online-Umsätze bei Lebensmitteln, Medikamenten, Drogeriewaren und Tierbedarf stark erhöht – obwohl Kunden diese Sortimente auch im Lockdown im stationären Einzelhandel kaufen konnten. Augenscheinlich wollten viele Verbraucher trotzdem lieber online kaufen, um so überfüllte Geschäfte und die Gefahr einer Corona-Infektion zu vermeiden.

Die Ergebnisse der BEVH-Studie decken sich mit Aussagen und Zahlen einzelner Online-Händler, die in dieser Woche ihre Ergebnisse für das erste Quartal 2020 und einen Ausblick auf April veröffentlicht haben (siehe dazu Tabelle unten). Nur durch die Zuwächse bei bedarfsgeprägten Sortimenten steht für die Monate März und April jetzt in Summe ein leichtes Plus von 2,3 Prozent zum Vorjahreszeitraum.

Wie sich die Umsätze in weiteren Sortimenten im März und April 2020 entwickelt haben, listet der BEVH hier konkret im Detail auf. „Der Weg in die neue Normalität ist aber noch weit und die Pandemie noch längst nicht überwunden“, warnt stellvertretend Gero Furchheim (siehe Foto), Präsident vom BEVH.

Hawesko
Bei Hawesko boomt der E-Commerce

Hawesko-Gruppe: Der Weinhändler konnte seinen Netto-Umsatz im ersten Quartal 2020 um 3,4 Prozent auf 123,8 Mio. Euro steigern. Seit Mitte März spüre der Konzern zwar die Auswirkungen des Lockdowns. Die Gruppe profitiert aber davon, dass man sowohl im Online- als auch Groß- und Einzelhandel aktiv ist. Das Geschäft im Einzelhandel sei trotz der Restriktionen insgesamt stabil verlaufen, während der B2B-Handel unter Schließungen von Gastro und Hotellerie gelitten hat. Beim Online-Handel gibt es seit Mitte März einen „regelrechten Boom„, was der Hamburger Handelskonzern mit einem „erhöhten Heim-Konsum“ begründet.

Zooplus Sortiment
Zooplus hebt Prognose in der Krise an

Zooplus: Der Spezial-Versender hat den Umsatz in Q1/2020 um 21 Prozent auf 439,9 Mio. Euro erhöht (Q1/2019: 363,2 Mio.). Profitieren konnte Zooplus zum einen von Bestandskunden, die immer wieder Futter & Co. für ihr Haustier ordern. Zum anderen konnte auch eine hohe Anzahl an Neukunden gewonnen werden – obwohl weniger in Werbung investiert wurde. Das EBITDA hat sich von zuvor 2,2 Mio. Euro auf nun 8,1 Mio. Euro verbessert, weil unter anderem die Werbeausgaben gesunken sind. Auch im angelaufenen zweiten Quartal bleibe die Nachfrage „robust“, Zooplus hat daher seine Umsatz- und Profitabilitätsziele für 2020 angehoben.

MediaMarkt Google
E-Commerce boomt bei MediaMarktSaturn

Ceconomy: Die MediaMarktSaturn-Mutter hat im Januar und Februar 2020 noch ein bereinigtes Wachstum von kumuliert +3,7 Prozent erzielt. Wegen den Store-Schließungen im März hat sich der Gesamtumsatz von Januar bis März 2020 jedoch um 6,6 Prozent verringert auf rund 4,6 Mrd. Euro. Im Gegenzug konnte man die reinen Internet-Verkäufe (ohne Click & Collect) im März mit einem Plus von 98 Prozent nahezu verdoppeln, da man sich frühzeitig auf den Online-Kanal konzentriert habe. Generell habe man online viele Erstkäufer gewonnen. Nach dem Quartal haben sich im April die Online-Umsätze zum Vorjahr gleich um rund 300 Prozent erhöht.

Home24 Katalog
Home24 spürt höhere Online-Nachfrage

Home24: Der Möbel-Versender Home24 SE konnte im ersten Quartal 2020 um zehn Prozent auf 103 Mio. Euro wachsen (Vorjahr: 93 Mio. Euro). Zwar mussten auch die Berliner im März ihre stationären Läden schließen und es wurde generell weniger in Marketing investiert. Dafür konnte man davon profitieren, dass Kunden mehr Zeit in ihrem Zuhause verbringen. Seit dem Start der Lockdown-Maßnahmen im März bemerkt der Möbel-Versender daher eine erhöhte Online-Nachfrage. Und im April lag der Ordereingang in Europa bereits 88 Prozent über Vorjahr. So konnten die Schließungen der stationären Geschäfte überkompensiert werden.

Westwing
Westwing wächst gerade besonders stark

Westwing: Der Online-Anbieter von Möbeln und Accessoires konnte seinen Netto-Umsatz im ersten Quartal 2020 um zehn Prozent auf 68 Mio. Euro ausbauen (Q1/2019: 61 Mio. Euro). Im zweiten Quartal 2020 läuft es nach eigenen Angaben sogar noch besser. So konnten die Münchner von April 2020 bis jetzt ihren Umsatz gleich um stolze 80 Prozent erhöhen. Begründet wird dieser Schub von Westwing mit einer „beschleunigten Kanalverschiebung von offline zu online“. Das momentane Wachstum bemerkt der Shopping-Club nach eigenen Angaben in allen Ländern als auch bei allen Produktgruppen im Westwing-Sortiment.

Um die Konsumausgaben im Online- und Versandhandel zu ermitteln, befragt der BEVH rund 40.000 Privatpersonen aus Deutschland im Alter ab 14 Jahren zu ihren Ausgaben. Bereits im Vorfeld der Corona-Krise hatte eine Umfrage des BEVH ergeben, dass Händler mit Umsatzrückgängen rechnen.

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