Der allgegenwärtige E-Commerce-Riese Amazon hat in diesen Tagen einen zwölfseitigen Flyer per Infopost verschickt, der auch in meinem Briefkasten gelandet ist. Unter dem Motto „Geschenkideen“ werden „Spielzeugideen von Lego, Modetrends und mehr für die ganze Familie“ versprochen. Eine Online-Version gibt es zwar nicht, doch das Cover kann man hier aufrufen.
Gut gelöst auf dem Titel ist, dass gleich ein Verweis auf den Online-Shop zu finden ist und die Adresse www.amazon.de/geschenkideen genannt wird (siehe Abbildung). Es fehlt aber ein Hinweis, was der Kunde mit dieser Information nun eigentlich anfangen soll. Keine Frage: Er soll natürlich online bestellen. Doch erfahrungsgemäß fährt man besser, wenn man Kunden auch konkret sagt, was sie eigentlich tun sollen – eine mögliche Handlungsaufforderung wäre zum Beispiel „Jetzt online bestellen auf amazon.de“. Amazon geizt leider auch mit Kundenvorteilen (Beispiel: „Heute bestellt, morgen geliefert“) und verzichtet auf Kaufanreize („5 Prozent Rabatt“, „nur bei uns“, „für kurze Zeit“). Man kann natürlich argumentieren, dass Amazon das nicht nötig hat und Kunden den Händler zur Genüge kennen. Wer aber Kundenvorteile kommuniziert, kann seine Kunden dadurch auch in ihrer Kaufentscheidung bestätigen. Schließlich wechselt man den Anbieter schwerer, wenn zahlreiche Gründe für einen Kauf bei Amazon sprechen.
Warum der Flyer ausgerechnet jetzt verschickt wurde und nicht etwa vor Ostern, erschließt sich mir nicht. Auch die Produktauswahl wirkt etwas beliebig. So wird auf der ersten Doppelseite das Amazon-Tablet Kindle Fire HD beworben („Perfekt für die ganze Familie“), auf den folgenden fünf Seiten folgt Spielzeug von Lego, die nächsten drei Seiten gibt es Kindermode zu sehen.
Interessant: Während bei Spielzeug und Mode bei den einzelnen Produkten auch die Preise stehen, gibt es zum Kindle Fire HD überhaupt keine Preisinformation. Das ist insofern unverständlich, da ja gerade der günstige Preis der Amazon-Tablets ein gutes Verkaufsargument ist.
Nach der Kindle-Werbung folgt das Lego-Spielzeug, auf jeder Seiten finden Kunden unten einen entsprechenden Verweis auf den Online-Shop (www.amazon.de/lego-katalog). Über diese Adresse können Kunden dann noch einmal alle 21 Lego-Produkte aufrufen, die auch im Flyer beworben werden. Wer sich für ein bestimmtes Produkt interessiert, muss im Shop nun aber wieder unter allen 21 Artikeln nach der gewünschten Ware suchen. Einfach geht anders.
Noch komplizierter wird es, wenn man aus dem Mode-Sortiment bestellen will. Dazu muss man laut dem Flyer zunächst die Seite www.amazon.de/summer2014kids öffnen, wobei hier – wie bereits auf den Lego-Seiten – eine Handlungsaufforderung nicht schaden würde (Beispiel: „Alle Produkte gibt es online unter“). Auf den Mode-Seiten gibt es im Online-Shop nun aber überraschenderweise keine Übersicht mit allen aus dem Flyer bekannten Produkten, wie es zuvor beim Lego-Sortiment der Fall war. Nutzer sehen im Shop stattdessen einen blätterbaren Online-Katalog, der aus den drei Mode-Seiten aus dem Print-Flyer besteht.
Beim Klick auf diese Katalogseiten, öffnet sich eine Übersichtsseite mit 5.069 Artikelposten. Wie der Kunde beispielsweise an die Mexx-Hose von Seite 9 des Flyers kommen soll, bleibt dabei im Dunkeln. Denn im Flyer fehlen Kennziffern, die Kunden direkt zu den einzelnen Produktdetailseiten führen. Das wäre einfach möglich, wenn neben jedem Produkt eine kurze Zahl stehen würde, die Kunden bei Bedarf in die Suchmaske des Online-Shops eintippen könnten. Dieses Verfahren müsste man Kunden aber erklären – was nun nicht gerade Amazons Stärke ist.
Kurz notiert: Auf Nachfrage von neuhandeln.de hat sich Amazon nicht zu weiteren Details wie Auflagenhöhe, Verbreitung oder Erscheinungsweise äußern wollen.
Weiterlesen:
In den Paketen liegt auch ein ähnlicher Flyer nur mit dem Thema „Mode“ bei. Die dort aufgeführten Marken mussten sich finanziell beteiligen für die lausige Erwähnung.
Interessanter Hinweis – vielen Dank! Den Mode-Flyer kenne ich schon etwas länger – dort macht man ja im Prinzip dieselben handwerklichen Fehler.
Die ersten Gehversuche des einen oder anderen guten Katalogversenders mit dem Thema Internet waren ja umgekehrt auch nicht besonders 😉
Die Multi-Channel-Integration von Katalog und Online dann im Gegensatz schon 🙂
Mich würde mal interessieren, ob die Kataloge und Flyer von amazon in den USA ähnlich schlecht sind.
Stimmt auch wieder 😉
Wobei der Fashion-Flyer sogar etwas besser gemacht ist. Dort steht zumindest auf dem Cover ein Störer mit konkreten Kundenversprechen („Große Auswahl zu attraktiven Preisen, kostenloser Versand“).
Also…wenn man es richtig gut machen will, dann wird der Flyer personalisiert. Wer, wenn nicht Amazon hat denn bereits Kundenempfehlungen permanent online parat!? Warum nicht auch auf das Print-Medium übertragen. Vielleicht habe ich ja bereits ein Kindle bei Amazon gekauft? Vielleicht habe ich keine Kinder, habe nie Kinderklamotten oder Spielzeug gekauft? Dann ist die Hälfte des Flyers für mich uninteressant. Ergo verminderte Conversion (mal abgesehen von den richtigerweise bereits angemerkten allgemein fehlenden CtA´s)
Die Datenanalyse ist ja vorhanden, danach kann ich den Flyer meinen Kunden personalisiert zukommen lassen: mit den passenden Produktempfehlungen auf Basis meiner Kaufhistorie, meines Profils etc. Ist alles möglich. Mit dem passenden Dienstleister auch recht effizient.
Und geht im Grunde auch bei den regulären Bestellungen – ich nenne das mal „Intelligentes Couponing“; Zuführung einer (individuellen) Beilage während des Versandprozesses in das freudig erwartete Paket.
Somit nutze ich „Personalisierung auf dem letzten Meter“ für nachhaltigen Kundendialog.
Willkürlich dürfte der Versand wahrscheinlich nicht abgelaufen sein: Der Flyer war an meine Frau adressiert, die tatsächlich desöfteren Spielsachen und Kinderbekleidung bei Amazon ordert.