Qualitätsmanagement: Durch Struktur erfolgreich
Gastbeitrag von Klaus Graf
Der Versandhandel hat sich zu einem kundenorientiertem Markt entwickelt, in dem der Fokus nicht mehr so sehr auf dem Preis liegt, sondern auf der Qualität. Unternehmen können sich dabei an einem bewährten Maßnahmenkatalog zur Qualitätssicherung orientieren.
Fakt ist, dass es in jeder Contact-Center-Organisation ein Qualitätsmanagement gibt. Es existieren aber auch gewaltige Qualitätsunterschiede. Zum einen liegt das daran, dass viele Unternehmen nur in Einzelmaßnahmen investieren. Zum anderen fehlt es vielen schlicht und einfach an einem Rezept dafür, wie ganzheitliche und strukturelle Qualität aufgesetzt und die daraus resultierenden Effekte der Kostensenkung transparent gemacht werden können.
Transparenz schaffen und Prozesse optimieren
Qualität ist mehr als die Summe einzelner Maßnahmen. Sie zieht sich durch alle Prozesse hindurch. Die systematische Messung bringt nicht nur mehr Transparenz in die Arbeit der Mitarbeiter und Dienstleister, sondern auch in alle Dialogschritte und -inhalte. Das ermöglicht das Eingreifen just-in-time und die kontinuierliche Optimierung. Die Entwicklung der Qualität der Topdriver in den letzten Jahren zeigt ein klares Muster auf, warum diese so erfolgreich sind. Das wichtige dabei ist, dass die Qualität bewusst erlebt und umgesetzt werden muss.Die Auszüge aus dem Maßnahmenkatalog zur Qualitätssicherung geben einen Überblick, welche Schritte sich in der Praxis bewährt haben. Die erste Methode ist das Abklopfen der End-to-end-Prozesskette durch eine Point-of-Interest-Befragung.
Oftmals ist es so, dass Versandhandelskunden nach ihrer ersten Bestellung nicht wieder ordern. Die Gründe hierfür sind vielfältig, aber nicht immer transparent. Im Praxisbeispiel eines Spezialversenders hat man nunmehr diverse Prozessketten explizit untersucht, unter anderem auch die des Neukundenprozesses (siehe Kasten).
Weitere Maßnahmen:?Silent Monitoring und Mystery Calls
Weitere Methoden ergänzen die Erkenntnisse in den Standardprozessen, so zum Beispiel das Silent Monitoring. Die Gespräche werden anhand eines Kriterienkatalogs aus der Sicht des Managements, der Trainer, der Coaches und der Mitarbeiter bewertet und in der ganzheitlichen Qualitätsmanagement-Datenbank dokumentiert. Das gelingt durch ein Mithören von Gesprächen, ohne diese direkt zu beeinflussen.Die Matrix der verzahnten Methoden ist beliebig erweiterbar, beispielsweise um externe Qualitätsprüfungen. Hierzu eignen sich zum Beipiel Mystery Calls. Durch die Beauftragung eines externen Dienstleisters werden neutrale und vorbehaltslose Bewertungen von Calls in allen Ausprägungen, sowohl fachlich als auch kommunikativ, durchgeführt. Die neutrale, kontinuierliche und systematische Bewertung sowie die Dokumentation machen es möglich, Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und auf der Prozessebene auszuwerten. Mystery Calls sind durch die Schaffung von Szenarien sehr aufwändig.
Eine erweiterte Version von Silent Monitoring und Mystery Calls ist das Voice Recording, das auch zur Gesprächsbewertung gehört. Der Unterschied liegt darin, dass man das Gespräch mit Hilfe von Sprachtechnologie aufnimmt und dann im nächsten Schritt bewertet.
Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, sodass nicht immer gleich selbst in Technologie investiert werden muss. Der Vorteil liegt darin, dass das mehrfache Anhören des Gespräches eine detailliertere Analyse auch durch unterschiedliche Bewerter ermöglicht.
Intelligente QM-Datenbanken lassen vergleichende Reportings über Methoden und Bewerter zu. Damit wird der Kalibrierungsprozess sehr transparent und eine Einheitlichkeit gewährleistet. Die Zeiten, in denen E-Mail-Befragungen erst nach Wochen der Erhebung die Potenziale dokumentieren, sind vorbei. Heute bekommen Unternehmen diese Ergebnisse minutenaktuell und Kanal übergreifend. Sie sind damit in der Lage, bei Auffälligkeiten sofort einzugreifen.
Kostensenkung durch strukturierte Qualitätssicherung
Die strategische Entwicklung und Implementierung von Qualitätsmanagement hat sich in der Vergangenheit oftmals als Kostenreduktionstreiber entwickelt. Wie oben schon erwähnt ist die Verzahnung der einzelnen Maßnahmen das Geheimnis des Erfolges. Die Einsparungen durch optimierte Prozesse, zielgerichtete Trainings, die Minimierung von Administrationskosten und eine messbare Verbesserung der Kundenzufriedenheit sind Grund genug, die Qualitätssicherung richtig umzusetzen.Die systematische Messung und kontinuierliche Bewertung sowie die Dokumentation der Dialoge mit einem Qualitätsmanagementsystem verschafft Unternehmen schließlich die nötige Transparenz über die Dialogschritte und -inhalte im Unternehmen.
Beispiel: Prozesskettenbefragung
Erstkontakt: Wie war die Reaktion bei der ersten Kontaktaufnahme (Kontaktkanal E-Mail und Anruf)
- In Bezug auf Freundlichkeit
- Bedarfserkennung
- Klärung offener Fragen
- Eingehen auf Kundenwünsche
- Erläuterung der weiteren Vorgehensweise (Katalogversand, Hinweise zum Shop)
- Fachliche und persönliche Kompetenz (Produkt und Prozesskenntnisse)
Kataloglieferung: Fragen zur Kataloglieferung
- Dauer
- Inhalt
- Zustand bei der Lieferung, Probleme bei der Zustellung, Größe etc.
Erste Bestellung: Fragen zur ersten Bestellung
- Kontakt mit dem Service-Center (z.B. klassische Kriterien, wie Information, Produkt und
Prozess-Know-how etc.)
- Warenverfügbarkeit, Alternativen
- Rechnungserläuterung, Bezahlprozess etc.
Nachbefragung zur ersten Lieferung:
- Zustellservice
- Dauer
- Zustand
- Vollständigkeit
- Gab es Überraschungen?
- Rechnung
- Bezahlung
- Klärung, ob weitere Bestellungen geplant sind
Nach Ablauf von x Monaten ohne Folgebestellung: Fragen zur Nichtbeschaffung
- Wurde bei Wettbewerbern beschafft?
- Wie war das Einkaufserlebnis?
- Welche Gründe sprachen für Beschaffung beim Wettbewerber (nicht im Portfolio, nicht
lieferbar, Produkt hat nicht überzeugt etc.)?
Über den Autor: Klaus Graf ist Geschäftsführer der opti-serv Unternehmensberatung für Servicemanagement GmbH, die auf der CCW in Halle 4 am Stand F11 präsent ist.