Gehaltsspiegel: Was in Call Centern gezahlt wird
Gastbeitrag von Dr. Jan Thieme
Nachdem auch die Call-Center-Branche die Krisenstimmung zu spüren bekam und somit auch die Löhne für Agenten sanken, haben sich die Stundenlöhne im Call Center 2012 wieder auf Vorkrisen-niveau eingependelt. In Ballungszentren und in unternehmensinternen Call Centern wird in der Regel besser bezahlt. Hohe Fluktuation macht vor allem Dienstleistern zu schaffen.
Die Personalberatung TGMC hat zur CCW 2013 zum 7. Mal den großen Call-Center-Gehalts- und Karrierevergleich vorgelegt. Die Stundenlöhne der Call-Center-Agenten sind vom 4. Quartal 2010, dem Befragungszeitraum der vorherigen Studie, zum 4. Quartal 2012, in dem die aktuelle Studie erstellt wurde, im Durchschnitt über alle Qualifikationsstufen um 4,8 Prozent angestiegen. Zuvor waren die Löhne im Zuge der Wirtschaftsflaute vom 4. Quartal 2008 zum 4. Quartal 2010 um 4,9 Prozent gesunken. Die Löhne liegen damit heute wieder auf Vorkrisenniveau.
Im Customer Service werden verschiedene Ebenen der Fallbearbeitung unterschieden. Die reine Bestellannahme gehört dabei zum 1st Level. Die Lohnschere zwischen 1st Level und den 2nd- und 3rd-Level-Agenten im Inbound hat sich dabei etwas geschlossen. Im 1st Level stiegen die Stundenlöhne um 8,3 Prozent, im 2nd und 3rd Level zogen sie nur um 3,3 Prozent an.
Zu den festen Stundenlöhnen der Call-Center-Agenten kommen im Durchschnitt noch einmal 13,3 Prozent an variablen Vergütungen hinzu, im Inbound liegt der Wert bei zehn Prozent und im Outbound bei bis zu 15 Prozent.
Preisniveau in internen und externen Call Centern
Die Agentenlöhne in externen Call Centern, also bei Dienstleistern, erreichen mit 8,82 Euro im Durchschnitt nur 71 Prozent der Agentenlöhne in Inhouse-Call-Centern. Hier werden durchschnittlich 12,11 Euro gezahlt. Diese Schere hat sich weiter geöffnet, da die Löhne in den Inhouse-Call-Centern innerhalb von zwei Jahren um 6,3 Prozent, die der externen Call Center aber nur um 1,8 Prozent angestiegen sind.Im Allgemeinen liegen die Agentenlöhne aber auf oder zum Teil deutlich über dem Niveau, das in der Debatte um die Mindestlöhne im Call Center genannt wird: 8,50 Euro. Lediglich bei externen Call-Center-Dienstleistern in einigen Regionen der neuen Bundesländer würde ein vorgeschriebener Mindestlohn die Agentenlöhne tatsächlich anheben, denn es gibt erhebliche regionale Unterschiede. Die durchschnittlichen Agentenlöhne der befragten Unternehmen reichen von 6,60 Euro pro Stunde im Postleitzahlgebiet 0 bis 14,18 Euro pro Stunde im Postleitzahlgebiet 7. Es zeigt sich hier das bekannte deutsche Ost-West- beziehungsweise Nord-Süd-Gefälle.
93,3 Prozent der Call-Center-Agenten (einschließlich 6,9 Prozent überlassene Arbeitnehmer) sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Anteil der vollzeitbeschäftigten Agenten ist innerhalb von zwei Jahren von 36 auf 62 Prozent angestiegen und hat damit das Vorkrisenniveau noch übertroffen. Während der Krise wurden offensichtlich viele Agenten auf Teilzeit gestellt.
Rekrutierungsdruck erzeugt Fluktuation
Fluktuation und Krankenstand gelten auch als Ausdruck der Mitarbeiterzufriedenheit. Sie liegen immer noch viel höher als im Durchschnitt der übrigen Wirtschaft. Besondere Problembereiche sind die externen Dienstleistungs-Call-Center, große Call-Center-Unternehmen und Outbound-Call-Center. Bei letzteren ist insbesondere die Frühfluktuation sehr hoch. Der Rekrutierungsdruck ist mit der besseren Wirtschaftslage auch wieder angestiegen. Es werden von 100 Bewerbern durchschnittlich 21 anstatt wie vor zwei Jahren nur 17,5 Agenten eingestellt.Die Rekrutierung von Agenten über Online-Medien hat in den letzten vier Jahren stetig zugenommen und kletterte von 22 auf 35 Prozent der eingestellten Agenten. Die Personalsuche über Print-Medien hingegen sank von 26 auf 13 Prozent. Ein Drittel der Call-Center-Manager wird dagegen über das persönliche Netzwerk rekrutiert, ein Viertel über Personalberater. Und beide Rekrutierungswege legen zu. Auf der Geschäftsführungsebene werden sogar mehr als die Hälfte der Manager über das persönliche Netzwerk rekrutiert. Man kennt sich eben.
Teamleiter-Einkommen hängen von Branche und Teamgröße ab
Auch bei den Teamleiter-Gehältern zahlen die externen Call-Center-Dienstleister deutlich weniger als die Inhouse-Call-Center. Spitzenreiter in der Vergütung für Teamleiter (und auch für Agenten) sind die Branchen Banken, Versicherungen, Telekommunikation und Energieversorgung. Der Versandhandel liegt für Teamleiter ebenso wie für Agenten im Mittelfeld. Die mittleren 50 Prozent der variablen Vergütung der Teamleiter reichen von 5 bis 13 Prozent des jährlichen Gesamteinkommens.Mit steigender Führungsspanne nehmen die Teamleiter-Einkommen paradoxerweise ab und nicht zu. Hier wirken sich Kostenmanagement und Aufgabenstandardisierung größerer Call-Center-Organisationen aus. Die durchschnittliche Führungsspanne liegt in den externen Call Centern bei 18 und in den Inhouse-Call-Centern bei 14 Mitarbeitern. Sie steigt mit der Größe des Unternehmens und mit dem Outbound-Anteil.
Variable Einkommensanteile von 10 bis 20 Prozent
Die variablen Einkommensanteile steigen mit der Führungsebene. So reichen die mittleren 50 Prozent der variablen Anteile bei den Geschäftsführern von 7 bis 21 Prozent des Gesamteinkommens. Interessant: Bei den Managergehältern gibt es das ausgeprägte deutsche Ost-West- und Nord-Süd-Gefälle wie bei den Agentenlöhnen nicht. Manager mit speziellen Fähigkeiten und höher ausgeprägter Mobilität müssen überall marktgerecht bezahlt werden. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen Ballungsräumen, in denen Führungspersonen generell besser bezahlt werden, und ländlichen Gebieten mit geringeren Verdienstmöglichkeiten.Management altert und ist Männersache
Die Call-Center-Branche ist weiter gealtert, auf den unteren wie den oberen Führungsebenen. Innerhalb von 16 Jahren ist das Durchschnittsalter der Manager von 32,9 auf 41,8 um fast 9 Jahre angestiegen. In den letzten beiden Jahren hat sich der Altersdurchschnitt allein um 2,5 Jahre erhöht.Nach der Krise sind offensichtlich auch wieder ältere Call-Center-Manager reaktiviert worden. Der Frauenanteil in den Managementpositionen hat sich seit 1997 von 43 Prozent auf heute nur noch 20 Prozent zurückentwickelt. Aus den oberen Führungsebenen sind die Frauen kontinuierlich und massiv verdrängt worden. Frauen werden heute bevorzugt in HR-Funktionen einschließlich der Ausbildung eingesetzt.
Hoher Akademiker-Anteil auf der Führungsebene
Die Akademisierung des Call-Center-Managements nimmt weiter zu, und zwar auf allen Führungsebenen. Bereits 70 Prozent der Manager haben einen Hochschulabschluss. 60 Prozent aller Manager haben eine kaufmännische oder betriebswirtschaftliche Ausbildung. Call-Center-Management bleibt also eine anspruchsvolle Aufgabe für qualifizierte Kräfte. Fast 60 Prozent der Call-Center-Manager haben 15 oder mehr Jahre Berufserfahrung. Das passt zum hohen Durchschnittsalter.Es ist aber gerade auch Call-Center-Erfahrung gefragt. Fast drei Viertel der Manager haben zehn oder mehr Jahre Call-Center-Erfahrung. Bei den Geschäftsführern sind es sogar 86 Prozent. Im Übrigen zahlt sich Beständigkeit aus: Je höher die Führungsebene, desto länger die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit.
Über den Autor: TGMC-Inhaber Dr. Jan Thieme ist Autor der Studie zur Gehalts-und Karriereentwicklung in Call Centern. Die komplette Studie mit 179 Tabellen kann zum Preis von 139 Euro über info@tgmc.de angefordert werden.