Verschrottung von Retouren: So viel Ware wird tatsächlich entsorgt

Keine Frage: Retouren will jeder Versender nach Möglichkeit vermeiden. Schließlich kostet es Zeit und Geld, wenn Kunden wieder Artikel an einen Anbieter zurücksenden und diese erneut für den Verkauf aufbereitet werden. Zu viel Zeit und zu viel Geld? Medienberichte legen jedenfalls den Eindruck nahe, dass viele Versender ihre Retouren scheinbar lieber vernichten anstatt die Waren erneut anzubieten.

Retoure E-Commerce
Nicht jede Retoure landet auf dem Müll

Interessante Ergebnisse liefert vor diesem Hintergrund daher eine Händler-Befragung der Universität Bamberg. Diese kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass sich „die Darstellung einer massenhaften Vernichtung von Retouren“ nicht mit eigenen Daten deckt – wenn man den Gesamtmarkt betrachtet.

Demnach werde in Deutschland zwar im Durchschnitt jeder achte Artikel wieder retourniert, den Kunden bestellen (über alle Branchen). Von diesen Rücksendungen wird aber der Löwenanteil laut der Auswertung nach einer Prüfung direkt wieder als A-Ware verkauft (siehe Grafik unten).

Drei von vier Rücksendungen werden damit also schon einmal nicht verschrottet. Dazu verkaufen Versender jede zehnte Retoure als B-Ware mit Mängeln. In Summe werden so schon einmal etwa 90 Prozent der Rücksendungen erneut regulär verkauft, während laut der Studie im Schnitt nur 3,9 Prozent der Rücksendungen vernichtet werden. Dieser Wert sei ein „starkes Indiz“ dafür, dass viele Händler „eine vorbildliche Verwertung“ durchführen. Bei den vernichteten Waren sei zudem eine Entsorgung oftmals „alternativlos“, da über die Hälfte der entsorgten Artikel technisch einen Defekt gehabt habe.

Retouren E-Commerce

Eine Stichprobe von neuhandeln.de bestätigt die Retouren-Studie. Demnach ist auch bei den Big Playern die Verschrottung von Retouren nach eigenen Angaben mehr Ausnahme als Regel (siehe Statements unten). Dennoch kommt in Summe einiges zusammen. So wurden laut der Retouren-Studie im vergangenen Jahr knapp 490 Mio. Artikel von deutschen Kunden retourniert, so dass bei einem Anteil von knapp vier Prozent dann doch eine stolze Summe von 20 Mio. Artikeln entsorgt wurde.

Und diese Artikel werden leider nicht nur verschrottet, weil sie defekt sind. Fünf Prozent der Retouren – etwa 1 Mio. Artikel – wurden laut der Studie nämlich auch entsorgt, weil Marken- und Patentinhaber dies vorgeben und den Händlern eine Verwertung „aktiv untersagen“. Spenden würden Händler wohl auch mehr, wenn die Rahmenbedingungen besser wären. „Die Mehrwertsteuergesetze in Deutschland geben vor, dass Unternehmen die Mehrwertsteuer auf den Wert von gespendeten Waren entrichten“, argumentiert ein Amazon-Sprecher. „Daher ist es wirtschaftlich wenig sinnvoll, Waren zu spenden.“

Amazon Leipzig
Amazon-Lager in Leipzig (Bild: Amazon)

So läuft es bei Amazon: „Retouren kommen vor, falls Kunden einen gekauften Artikel einmal nicht verwenden können oder ihre Meinung ändern. Bei Amazon wird der überwiegende Teil der retournierten Waren – je nach Zustand – an andere Kunden oder Händler von Restposten weiterverkauft, an die Hersteller zurückgegeben oder an gemeinnützige Organisationen gespendet. In bestimmten Fällen können wir Produkte jedoch nicht weiterverkaufen oder spenden, zum Beispiel aus Sicherheits- oder Hygienegründen. Wir arbeiten intensiv daran, die Anzahl dieser Produkte auf null zu senken.“

Otto Group
Otto-Zentrale (Bild: Otto Group)

Das sagt die Otto-Gruppe: „Retournierte Ware wird zu 97 Prozent wieder dem Verkauf zugeführt. Nur drei Prozent der retournierten Waren müssen aufbereitet werden (u.a. Entfernen von Fingerspuren an Bildschirmen, Reinigen, Bügeln). Von diesen drei Prozent gehen lediglich 15-20 Prozent in den Sonder-Drittverkauf und werden dort zu einem geringeren Preis verkauft. Nur ein verschwindend geringer Anteil der Retouren kann nicht mehr verkauft werden. Dieser wird entweder gespendet (etwa wenn Knöpfe bei Kleidung fehlen) oder – bei einem Totalschaden – verwertet beziehungsweise entsorgt.“

Mieten bei MediaMarkt
Kunde im Geschäft (Bild: MediaSaturn)

Das berichtet MediaSaturn: „Nahezu einhundert Prozent der Retouren werden wieder verkauft: Originalverpackte und unbeschädigte Retouren führen wir wieder direkt dem Verkauf zu – in der Regel über unsere Märkte vor Ort, da das Retouren-Management mit den Märkten abgewickelt wird. Alle anderen Retouren werden geprüft, eventuell aufbereitet und über andere Kanäle als Gebrauchtware abverkauft – insbesondere über die lokalen eBay-Shops der Märkte. Nur in wenigen Fällen, in denen eine Aufbereitung nicht mehr möglich oder wirtschaftlich sinnvoll ist, wird die Ware einer fachgerechten Entsorgung zugeführt.“

Zalando Zustellung
Paket von Zalando (Bild: Zalando SE)

So argumentiert Zalando: „Über alle Märkte liegt die Retourenquote im Durchschnitt bei 50 Prozent. Alle retournierten Artikel werden geprüft und bei Bedarf aufbereitet, zum Beispiel durch eine Reinigung und/oder Bügeln. Rund 97 Prozent aller retournierten Artikel werden wieder über den Zalando Shop verkauft. Was wir hier nicht mehr verkaufen können, verkaufen wir über unseren Shopping Club (Zalando Lounge). Artikel mit kleineren Mängeln bieten wir zudem in unseren Outlets an. Zusätzlich nutzen wir auch die Möglichkeit, Restbestände zu spenden. Zalando vernichtet Waren nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn dies aus gesundheitlichen Gründen (z.B. Schädlingsbefall) notwendig ist.“

Für die Retouren-Studie wurden insgesamt 139 Fragebögen von Unternehmen ausgewertet, was nach einer Einschätzung der Universität Bamberg ein realistisches Abbild der Situation erlaube. Insgesamt vereinen die Teilnehmer der Umfrage einen E-Commerce-Umsatz in Höhe von 5,5 Mrd. Euro auf sich.

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