In Deutschland verschickt inzwischen ein halbes Dutzend Start-Ups so genannte Kochboxen, die neben Rezepten auch die entsprechenden Zutaten für die jeweiligen Gerichte beinhalten. Nach diesem Muster verfährt nun auch der Tiefkühlkost-Anbieter Eismann, der jetzt ebenfalls in das Geschäft mit Kochboxen einsteigt – wenn auch auf eine etwas andere Art und Weise.
Denn auch bei seinen Kochboxen (siehe Foto links) bleibt Eismann dem etablierten Geschäftsmodell treu. So beinhalten die Boxen beispielsweise Rezepte für überbackene Fischröllchen, bei denen die Zutaten wie Gemüse und Fisch aus dem regulären Sortiment von Eismann stammen und daher tiefgefroren sind. Das unterscheidet die Eismann-Kochbox prinzipiell von den Tüten der zahlreichen konkurrierenden Start-Ups, die ihren Kunden in der Regel frische Zutaten versprechen. Und es gibt weitere Unterschiede.
Während man die Eismann-Box nämlich nur einmal bekommt, sollen Kunden bei Anbietern wie HelloFresh die Kochboxen immer wieder beziehen. Eismann rechnet sich aber nicht nur Chancen aus, weil man auf ein Abo-Modell verzichtet und damit mehr Flexibilität bietet.
„Unser Vorteil ist, dass man die Rezepte nicht sofort nach Erhalt nachkochen muss, sondern den Zeitpunkt selbst wählen kann„, argumentiert Eismann. „Denn tiefgekühlte Rohware bleibt wegen der Schockfrostung bis zur Nutzung so gut wie frisch. Das können die Anbieter von Frischeprodukten nicht bieten.“ Auch aus einem zweiten Grund hat die Eismann-Box gute Perspektiven.
Denn die Rezepte für die Kochboxen entwickelt Eismann nicht selbst, sondern zusammen mit der Online-Community Chefkoch.de, auf der Nutzer eigene Rezepte veröffentlichen und die Kochanleitungen von anderen kommentieren können. „Chefkoch.de bietet durch die große Zahl der Nutzer eine ideale Plattform, um ein solches Angebot im Markt zu präsentieren„, argumentiert Eismann. „Daher ist es nur konsequent, wenn man auch die Rezepte von Chefkoch.de nutzt.“
Eismann-Vorteile: Bekannte Marke und starker Kooperationspartner
Mit der Online-Community Chefkoch.de hat Eismann zudem eine gute Werbeplattform, um sein Angebot schnell einer kritischen Masse innerhalb seiner Zielgruppe bekannt zu machen. So werden die Eismann-Boxen gerade zum Beispiel auf der Startseite der Online-Community beworben, die nach eigenen Angaben jeden Monat über zehn Mio. Unique User mit Interesse am Kochen auf der Website erreicht. Seine Zielgruppe sollte Eismann dort also finden.
Weiterer Vorteil: Eismann verfügt über eine etablierte Marke im Lebensmittelhandel und muss im Gegensatz zu Start-Ups nicht erst Vertrauen bei potenziellen Kunden aufbauen. Wer in einer Box einmal Geschmack an den Zutaten gefunden hat, kann diese auch immer wieder einzeln bei Eismann kaufen – so ein Cross-Selling ermöglichen reine Boxen-Versender nicht.
Eismann verkauft Tiefkühlkost seit den 70er Jahren über Direktvertrieb – unterstützt zunächst mit Katalogen, seit 2006 gibt es einen Online-Shop. Das Geschäft machen Handelsvertreter von Eismann, die Kunden in Deutschland, Österreich, Italien, Holland und Brasilien besuchen und tiefgekühlte Ware aus ihrem Lieferwagen verkaufen. Zahlen nennt Eismann aber nicht.
Ins Geschäft mit Kochboxen steigt man nun ein, um ein neues Geschäftsfeld außerhalb des klassischen Tiefkühlangebots aufzubauen – vielleicht auch, weil das Geschäft bei Anbietern wie Hellofresh regelrecht brummt. So kam der Lieferservice aus dem Portfolio des Berliner ECommerce-Unternehmens Rocket Internet im ersten Halbjahr 2015 auf einen Netto-Umsatz von 112,5 Mio. Euro, was dem Fünffachen des Vorjahreswertes von 22,2 Mio. Euro entspricht.
HelloFresh in Zahlen: Starkes Wachstum, hohe Verluste (Tabelle: Rocket Internet)
Die Umsätze wurden scheinbar zwar mit hohen Marketing-Ausgaben erkauft, wie ein negatives EBITDA (bereinigt um aktienbasierte Vergütungsaufwendungen und Sondereffekte) von -20,3 Mio. Euro nahelegt, das sich im Jahresvergleich gleich einmal verachtfacht hat (siehe Tabelle).
Dennoch kam HelloFresh in allen sieben Ländermärkten auf über 400.000 aktive Abonnenten, was in jedem Fall ein Interesse an Kochboxen auf Kundenseite verdeutlicht. Die an der Börse notierte Rocket-Internet SE stellte vergangenen Woche auf ihrem Capital Markets Day zudem in Aussicht, dass HelloFresh noch „weit größer werde als die meisten heute erwarten würden„.
In den Niederlanden bietet die Supermarkt-Kette Albert Heijn seit diesem Sommer zum ersten Mal eigene Kochboxen an. Damit konkurriert nun auch in Holland ein Lebensmittelhändler mit etablierter Marke mit dem Rocket-Startup HelloFresh, das auch in den Niederlanden aktiv ist.
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Na, sorry, das Eismann im Versandhandel verkauft hat ist doch schlichtweg falsch. Richtig ist natürlich dass Eismann ne coole Direktmarketing-Strategie hat, bei der jede Menge Leads durch Überreichen des Katalogs an der Haustür generiert werden die dann durch aktives Telemarketing für eine Erstbestellung aufbereitet werden – die dann durch den Handelsvertreter auf seiner nächste Tour, teils nach Wochen erst, ausgeliefert wird. Mit „Versandhandel“ hat dies relativ wenig zu tun sondern ist ein eigenständiges Distributionskonzept, welches unflexibel und altertümlich erscheinen mag, aber eben auch nicht „mal so eben“ durch neue Schein-Selbständige Hartzv4-Aufstock-Freshies modernisiert werden kann.
War missverständlich formuliert, Danke für den Hinweis!