E-Commerce-Prognose: „Stationäre Händler gewinnen online Marktanteile“

Deutsche Verbraucher werden im Jahr 2021 insgesamt Waren im Wert von voraussichtlich 80 Mrd. Euro brutto (inkl. MwSt.) über das Internet bestellen. Das prognostiziert das Institut für Handelsforschung (IFH) aus Köln. Demnach werden die Online-Umsätze hierzulande in den kommenden Jahren weiter stark anziehen, obwohl sich das eigentliche Wachstum dabei von Jahr zu Jahr abschwächen wird.

IFH Köln Online-Umsatz
Der Online-Handel in Deutschland soll weiterhin boomen (Grafik: IFH Köln)

Diese Entwicklung ist bereits jetzt zu beobachten, wenn man einmal die bislang veröffentlichten IFH-Zahlen zum deutschen E-Commerce-Markt als Maßstab nimmt. Demnach gab es im vergangenen Jahr einen Brutto-Umsatz von insgesamt 52,1 Mrd. Euro, nachdem der Wert ein Jahr zuvor noch bei 47,0 Mrd. Euro lag (siehe Grafik). Das bedeutet ein Wachstum von rund 10,8 Prozent, das damit unter dem Vergleichswert aus dem Vorjahr liegt. Denn von 2014 auf 2015 war der Online-Umsatz von zuvor 42,0 Mrd. Euro auf damals 47,0 Mrd. Euro gestiegen, was einem Wachstum von 11,9 Prozent entspricht.

Dieser Trend kommt nicht von ungefähr. So sind laut dem IFH bei einigen Teilmärkten – wie etwa dem Buchhandel – die Online-Potenziale inzwischen nahezu ausgeschöpft, wodurch es hier kaum noch Wachstum gibt. Dafür aber wächst zum Beispiel das Geschäft mit Lebensmitteln und Delikatessen stark, wo es laut IFH im vergangenen Jahr ein Wachstum von 22 Prozent gegeben hat – wenn auch natürlich auf einem deutlich geringeren Umsatzniveau. Zweistellige Wachstumsraten sieht das IFH zudem nach wie vor für Mode und Elektro-Kleingeräte, obwohl diese Sortimente bereits länger umsatzstark sind.

So gab es beim Sortiment „Fashion & Accessoires“ im vergangenen Jahr einen Brutto-Umsatz von 13,25 Mrd. Euro, was einem Wachstum von 11,3 Prozent entspricht. Im Segment „Wohnen & Einrichten“ lag der Online-Umsatz erst bei 4,85 Mrd. Euro, dafür war die Wachstumsrate mit über 13 Prozent höher.

Online-Umsatz Deutschland
Der deutsche Online-Markt konnte 2016 erneut deutlich zulegen (Grafik: IFH Köln)

Übrigens: Die Prognose von 80,4 Mrd. Euro Brutto-Umsatz basiert zwar auf der These, dass die Wachstumsraten im Onlinehandel in den kommenden Jahren leicht abnehmen. Möglich wäre aber auch, dass diese Dynamik weitaus stärker nachlässt. Dann wäre bis zum Jahr 2021 nur mit einem Online-Umsatz von 70,1 Mrd. Euro zu rechnen. Umgekehrt ist natürlich auch denkbar, dass sich der Online-Handel wieder dynamischer entwickelt als zuletzt. In diesem Fall geht das IFH dann sogar von einem Online-Umsatz von 97,5 Mrd. Euro im Jahr 2021 aus, den Händler in Deutschland erzielen.

Beide Szenarien sind aber unwahrscheinlich. Denn damit die Wachstumsdynamik steigt, müssten von Anbietern starke, innovative Impulse kommen, welche von den Verbrauchern angenommen werden – etwa eine Kofferraum- oder Drohnenbelieferung. Solche Impulse könnten dann deutlich mehr (ältere) Konsumenten zu intensiverem Online-Shopping bewegen. Die vergangenen Jahre haben allerdings gezeigt, dass (technische) Innovationen von Verbrauchern oftmals langsamer angenommen werden als es möglich ist. Ohne deutliche Impulse ist eine Steigerung der Wachstumsraten aber unrealistisch.

Stark sinkende Wachstumsraten sind allerdings auch unwahrscheinlich. Denn hierzu müsste nicht nur die Sättigungsgrenze bei Branchen wie Consumer Electronics oder Fashion erreicht sein, auch die Aktivitäten der Anbieter in Nachzüglerkategorien wie Lebensmittel oder Möbel würden nicht zu Online-Umsätzen führen. Der Blick auf das vergangene Jahr zeigt ja aber, das beides aktuell nicht der Fall ist.

Kai Hudetz
IFH-Chef Kai Hudetz (Bild: IFH Köln)

„Wir gehen davon aus, dass innovative Anbieter in den kommenden Jahren immer wieder neue Impulse setzen werden, sowohl im E-Commerce als auch stationär“, begründet IFH-Geschäftsführer Kai Hudetz (siehe Foto) die aktuelle Prognose. „Diese ist eine der Grundannahmen für unsere Berechnung des Trends bis 2021, ebenso wie die steigende Relevanz von Cross-Channel.“

Bei Consumer Electronics, DIY-Produkten und Drogerie-Artikeln könne das dazu führen, dass Verbraucher verstärkt bei Multichannel-Händlern kaufen – und damit Online-Pureplayer weniger vom Wachstum profitieren, während die stationären Händler online wieder Marktanteile zurück gewinnen.

Zur Methodik: Gegenstand ist der Online-Handel mit Neuware im B2C-Geschäft in Deutschland zu Verbraucherpreisen (mit MwSt.). Die Zahlen beinhalten dabei den Umsatz mit digitalen Gütern wie Software und Musik, nicht enthalten sind digitale Dienstleistungen wie Reisebuchungen. Alle Zahlen sind Brutto-Werte nach Retouren. Datenbasis ist eine Detail-Analyse von mehr als 1.000 Online-Anbietern, für die Zahlen vorliegen durch Geschäftsberichte oder Pressemeldungen. Anschließend werden die Sortimentsanteile jedes Anbieters berechnet anhand von Referenzgrößen, danach erfolgt eine Hochrechnung der ermittelten Daten auf den Online-Gesamtmarkt. Diese Werte werden dann durch Befragungen validiert. Die vollständige Studie gibt es für 1.250 Euro (zzgl. MwSt.) im IFH-Shop.

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