Dementi: Idealo.de soll gar kein Online-Marktplatz werden

Gestern hatte der auf Angebotsanalysen und Preismonitoring spezialisierte Dienstleister Preisanalytics berichtet, dass der Online-Preisvergleichsdienst Idealo.de anscheinend mit einem Strategiewechsel liebäugelt und sich daher künftig als Online-Marktplatz neu positionieren will:

„Durch Kundengespräche und eigene Recherchen hat PreisAnalytics erfahren, dass Deutschlands führende Preissuchmaschine www.idealo.de mit dem Gedanken spielt, sich zu einem Marktplatz zu entwickeln.“

Tatsächlich bietet Idealo.de bereits seit diesem Frühjahr den so genannten „Idealo Direktkauf“ an, wie das Unternehmen auf Nachfrage von neuhandeln.de verdeutlicht. Wer sich daher beispielsweise für diese Gartenschere von Gardena interessiert, kann den gewünschten Artikel direkt auf Idealo.de über dieses Checkout-Formular bei Elektroshop Wagner kaufen:

Direktkauf bei Idealo.deBildquelle: Screenshot

Bei diesem Verfahren handelt es sich aber nach Angaben von Idealo.de um ein Pilotprojekt, so dass momentan lediglich eine Handvoll Händler direkt über Idealo verkaufen (via Mail):

„Dieses Pilotprojekt entspringt dem gemeinsamen Wunsch von idealo und unseren Partnern, eine Alternative zur Checkout-Funktion auf deren Shopseite anzubieten. Die Kauf-Funktion richtet sich primär an Händler, die zwar mit ihren Preisen in unserem Vergleichsangebot absolut konkurrenzfähig sind, aufgrund begrenzter technischer Ressourcen aber nicht mit den komfortablen Zahlungsmöglichkeiten großer Onlinehändler mithalten können.“

Konkret bedeutet das: Idealo will auch solchen Händlern zu (Mehr-)Umsätzen verhelfen, die gute Preise, aber letztlich wenig Reichweite haben. Das ist durchaus ein interessanter Gedanke.

Gerade kleinere Händler dürften darunter leiden, dass Kunden ihr Angebot in Preissuchmaschinen zwar interessant finden, bislang aber noch nicht beim Händler gekauft haben. In einem zweiten Schritt dürfte das in der Praxis daher oft dazu führen, dass sich Interessenten doch nicht extra bei einem weiteren Händler registrieren wollen und daher vielleicht lieber bei einem großen Anbieter wie Amazon kaufen, wo sie bereits ein Kundenkonto haben – selbst wenn der Artikel dort vielleicht ein paar Euro teurer sein sollte.

Im dümmsten Fall zahlt der kleine Händler also einen Klickpreis an Idealo, wenn Kunden über das günstige Angebot in seinem Online-Shop landen – und geht dennoch leer aus, weil Kunden doch woanders kaufen. Vor diesem Hintergrund ist der Direktkauf eine interessante Option, um die zahlreichen kleineren Händler bei Laune zu halten – was auch Idealo so sieht:

„Wir bei idealo haben uns mit diesem Projekt als Ziel gesetzt, an dieser Stelle eine Chancengleichheit unter all unseren Partnershops zu schaffen und richten die Funktionalitäten dieses neuen Features ausdrücklich an den Bedürfnissen kleinerer Onlinehändler aus.“

Mit dem Direktkauf schafft Idealo aber keine Chancengleichheit. Im Gegenteil. Denn gleich behandelt werden die Partner ja nicht mehr, wenn man den Kleinen unter die Arme greift. Das dürfte Big Playern wie Amazon unter Umständen nicht schmecken, obwohl man es sich mit den Dickschiffen nicht verscherzen will und deshalb am etablierten Geschäftsmodell festhält:

An unserem Geschäftsmodell ändert sich nichts: Idealo will kein Marktplatz sein, sondern ist und bleibt Deutschlands großer unabhängiger Preisvergleich.“

Erschwerend kommt hinzu, dass der Direktkauf kaum einen Mehrwert für Kunden bietet. Denn eine Lieferadresse angeben muss man auch, wenn man direkt bei Idealo.de kaufen will. Das bedeutet damit also nach wie vor mehr Aufwand als beispielsweise einfach ein bereits vorhandenes Kundenkonto bei Amazon zum Einkauf zu benutzen. Bezahlen kann man bei Idealo zudem nur über Paypal, während der Elektroshop Wagner beispielsweise gleich ein halbes Dutzend an Zahlverfahren anbietet. Und mehr als eine Lieferadresse eintippen muss man auch dort nicht, wenn man wie gewohnt im Online-Shop des Partners bestellen will.

Wirkliche Vorteile für Kunden fehlen also. Dazu verschärft der Direktkauf zusätzlich die Konkurrenz für große Partner auf dem Preisportal, wenn Idealo.de kleinere Händler bevorteilt.

Peter Höschl von Shopanbieter.de hält zwar entgegen, dass Idealo über einen höheren Bekanntheitsgrad verfüge als ein unbekannter kleinerer Händler und Kunden deshalb vielleicht lieber bei Idealo direkt kaufen. Dieses Argument zieht für mich aber nicht, da der Kunde ja auch auf Idealo.de bei einem unbekannten Händler kaufen muss und die Ware nicht direkt vom Preisportal stammt. Der Direktkauf dürfte daher wohl auch auf lange Sicht ein Testlauf bleiben.

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5 Kommentare

  1. Das derzeit nur Paypal als Zahlart angeboten wird,muss ja nicht bedeuten dass es so bleibt.

    Dass der Kunde am Ende doch wieder bei einem möglicherweise unbekannten Händler einkauft ist richtig, könnte aber durch einen von idealo angebotenen Käuferschutz zumindest „entschärft“ werden.

    Das mit der Lieferadresse die man jedes Mal eingeben müsste, lässt sich mit einem einmaligen idealo-Login lösen.

    So zumindest die mögliche Theorie. Aber wie und ob sich dieser Pilot in der Praxis weiterentwickelt, kann man derzeit wohl nur abwarten.

  2. Mit deinen Einwänden hast du natürlich Recht. Das ändert aber nichts daran, dass Idealo dann nach wie vor kleinere Händler bevorteilt – was anderen Partnern sicher nicht passen dürfte. Schließlich leben diese ja auch davon, dass sie beispielsweise viele Kundenkonten haben und daraus einen Vorteil ziehen können.

  3. Ein wichtiger Punkt wurde vergessen!
    Bei einem Marktplatzkauf würde natürlich eine feste Provision von Idealo abgerechnet werden und keine Klicks. Ob dies in einer Welt steigender Klickpreise dann lohnender für die Händler oder Idealo ist, sei mal dahingestellt. Es scheint aber auf jeden Fall so interessant zu sein um solch ein Pilotprojekt durchzuführen.

    Amazon versucht es jgerade ja genau umgegkehrt und möchte mit seinem neuen Anzeigen Modell auf Klickpreis-Basis zusätzliche (noch bessere?) Einnahmequellen schaffen.

  4. idealo steckt IMO in einem Dilemma.

    Einerseits dürfen die großen Partner nicht verprellt werden oder benachteiligt werden, wie Stephan schreibt. Andererseits, tun sie gut daran sich diese Option offen zu lassen bzw. rechtzeitig einen Pilot aufzusetzen, wie idealo es nennt.

    Denn angeblich nimmt Google Shopping den Preissuchmaschinen immer mehr Traffic ab/weg und andererseits tut Amazon alles um sich weiter gegen Google als Produktsuchmaschine Nr. 1 durchzusetzen. Zumindest deute ich die Amazon Anzeigen für Drittshops so. Bedeutet im Umkehrschluss, dass Amazons Bemühungen letztlich auch am Traffic der Preisportale knabbert.

    Aber ganz ehrlich – ohne Zahlen von idealo zu kennen, ist bei mir auch viel Glaskugel-Leserei mit einem Schuss Intuition dabei. Bin daher gespannt ob und wenn wie es weitergeht.

    @ Andreas: Für kleinere Online-Shops dürfte es sich oftmals lohnen. Kann man sich relativ gut selbst ausrechnen. Wenn wir unterstellen, das die Online-Shop um die es geht max. 2% Konversionsrate haben, benötigt man 50 Klicks je Sale. Klick bei idealo kostet 0,22 € (?). bedeutet jeder Sale kostet 11 Euro. Bei einem Ø-Warenkorb von 50 Euro , wären dass 22% Marketingkosten. Marktplatz ist da sicherlich günstiger. Die Faktoren Konversionsrate und Warenkorb sind natürlich variabel.

  5. Sehr interessante mögliche Geschäftsmodell-Veränderung, wobei die Betrachtung des wohl wichtigsten USPs von Idealo sinnvoll ist:

    Keine Preissuchmaschine hat eine vergleichbar ausgereifte und Daten-mächtige Filterfunktion. Google und ebenso Amazon können dies auf die schnelle niemals annähernd kopieren oder integrieren.

    Zunächst lohnt der Vergleich der Such- und Filtermöglichkeiten der folgenden Seiten anhand des Beispiels „Notebook“ (links geshorted):
    http://www.ecomparo.de/amazon-notebooks
    http://www.ecomparo.de/48b6
    http://www.preissuchmaschine.de/in-Notebook/

    Hiert zeigt sich, dass idealo bei der Detailsuche seine Stärken ausspielt.
    Beispielsweise wird benötigt:
    Notebook: 15,6″, mit Nummernblock, mattes Display (Arbeit auf Terasse), Full-HD Auflösung

    Hier bietet nur idealo einen schlüssigen Ansatz bei dem ich ca. 40 Notebooks finde und mich dann konkret zwischen diesen (z.B. anhand der Prozessorleistung) entscheiden kann.

    Amazon aber auch google versagen hier. Idealo bedient diesen von Amazon oder Google nicht bearbeiteten Recherche-Bedarf meiner Meinung nach hervorragend.

    Daher würde ich in keinster Weise von einem Dilemma von idealo sprechen. (Die Zahlen zeigen dies schließlich.) Idealo hat vielmehr das „Luxusproblem“ seinen USP (siehe oben) relativ einfach in einen großen Marktplatz transformieren zu können. (Wie schon hier beschrieben: http://www.kassenzone.de/2014/06/19/winter-k5-cruise-wie-lassen-sich-e-commerce-projekte-erfolgreich-umsetzen/ ) Die Performance basierte Vergütung (Provision) als Marktplatz dürfte darüber hinaus wohl nicht unlukrativ für idealo erscheinen.

    Auch wenn vielen Händlern idealo als reiner Preisvergleich lieber wäre, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass ein weiterer durchdachter (siehe Filterfunktionen) Marktplatz die händlerseitige Abhängikeit von Amazon und dessen Diktaten (in vielerlei Hinsicht) reduzieren könnte und daher nicht als das schlechteste Szenario wahrgenommen würde. Zumal die Provisionen (gerade zu Beginn) nicht höher als bei Amazon sein dürften.

    Beispiel eines „Neuen“ Marktplatzes:
    DHL mit Meinpaket.de versuchte und versucht nachwievor seit dem Launch mit riesigen Marketingausgaben (Gutscheincodes bis17% bis 1500,- Einkaufswert) dessen Marktrelevanz und -sichtbarkeit zu steigern.
    Idealos Trumpf in dieser Hinsicht wäre die starke Usability, die das Shoppen insgesamt deutlich vereinfacht. Unabhängig davon ist idealo – im Gegensatz zu Meinpaket – bereits tief im Markt verwurzelt.

    Ob der Käufer das gefundene Produkt dann beim günstigsten idealo-Händler oder doch (meist nicht nur ein paar Euro teurer) bei amazon erwirbt wird sich zeigen.

    Ungeachtet dessen stimme ich natürlich zu, dass die gegenwärtigen Partner nicht verprellt werden sollten, Priorität genießen sollte.

    Ob der Weg des Pilot Projektes jedoch der Richtige war? Jetzt wurde offengelegt, wo sich idealo demnächst am liebsten sehen würde, auch wenn nun beteuert wird, dass es nur ein Test war.

    Es bleibt spannend.
    Beste Grüße

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