Ido-Verband muss Onlinehändler Schadensersatz zahlen

von Susanne Broll

10.03.2022 Der Ido ist vielen E-Retailern als "Abmahnverein" bekannt. Doch sein Einfluss schwindet. Nachdem der Verband seit Ende 2021 (vorerst) nicht mehr abmahnen darf, wurde er zu Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Update 25. Januar 2023: Der Ido war mit einer Revision erfolgreich.

 (Bild: Mohamed Hassan auf Pixabay)
Bild: Mohamed Hassan auf Pixabay
Im konkreten Fall war ein Onlinehändler 2015 vom Ido-Verband   abgemahnt worden. Er zahlte die geforderte Abmahnpauschale (232,05 Euro) und gab eine Unterlassungserklärung ab. Später zahlte er eine Vertragsstrafe (500 Euro). Im vergangenen Jahr kündigte der E-Retailer die Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauchs auf, dabei entstanden Anwaltskosten in Höhe von 119 Euro. Vor Gericht forderte er die Abmahngebühren, die Vertragsstrafe sowie die Anwaltskosten zurück, insgesamt 851,05 Euro.

Das Landgericht Köln gab dem Händler nun recht und erklärte die Kündigung der Unterlassungserklärung für wirksam (LG Köln Urteil vom 26.01.2022 - 81 O 35/21   ). Die Richter argumentieren in ihrer Urteilsbegründung, dass der Ido "als angeblicher Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen in erster Linie darauf ausgerichtet ist, Personen, die für den Verband tätig sind, nämlich seinen Vorstandsmitgliedern, einem Teil seiner Mitarbeiter und auch der Ido Management GmbH, dort deren Geschäftsführern und Mitarbeitern, unangemessen hohe Vergütungen und andere Zuwendungen insbesondere aus den Einnahmen aus Abmahnkosten und Vertragsstrafen zukommen zu lassen."

Das Gericht schlüsselt in seinem Urteil detailliert auf, welche Beträge einzelne Mitarbeiter des Ido bzw. der Ido Management GmbH gezahlt bekommen - z.T. sechsstellige Beträge und teilweise unabhängig von ihrer fachlichen Qualifikation. 2020 sollen 44 Prozent der Einnahmen des Ido unmittelbar oder mittelbar über die Ido Management GmbH an sechs Personen geflossen sein. Insgesamt sollen über 50 Prozent der Einnahmen des Ido an die Ido Management GmbH gehen.

Das LG Köln bewertet dies wie folgt: "Nach alledem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die oben genannten Personen mit dem Beklagten (= Ido) und der Ido Management GmbH ein Konstrukt geschaffen haben und unterhalten, das in erster Linie dazu dient, Einnahmen insbesondere aus Abmahnkosten und Vertragsstrafen zu generieren, um den oben genannten Personen eine fortlaufende lukrative Einnahmequelle zu verschaffen."

Einen weiteren Grund für "rechtmissbräuchliches Verhalten" des Ido sieht das Gericht darin, dass der Ido eigene Mitglieder systematisch verschonen würde. Gegen das Urteil kann noch Berufung beim OLG Köln eingelegt werden.

Ido-Verband darf nicht mehr abmahnen

Der Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (Ido) hat laut seiner Vereinssatzung (§ 2 Abs. 2) als Zweck "die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler". Dazu zählte bisher auch das Versenden von Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen.

Am 01.12.2021 ist allerdings eine Änderung des Wettbewerbsrechts (UWG) in Kraft getreten. Vereine und Verbände dürfen nur noch dann Abmahnungen aussprechen oder Unterlassungsansprüche gerichtlich durchsetzen, wenn sie beim Bundesamt für Justiz in einer Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände aufgeführt sind. Der Ido ist darin bislang nicht verzeichnet. Nach dem aktuellen Urteil scheint es auch immer unwahrscheinlicher, dass er je in die Liste aufgenommen wird.

Update am 25.1.2023


Der Ido-Verband hat mitgeteilt, dass die oben genannten Urteile in mehreren Revisionsverfahren   wieder aufgehoben wurden. In diesen Verfahren wurde allerdings nicht inhaltlich zur Tätigkeit des Verbandes und den einzelnen Abmahnungen geurteilt, sondern vor allem festgestellt, dass die von den Klägern eingereichte Argumentation zur Rückerstattung von bereits gezahlten Abmahnkosten und Vertraggstrafen aus vor allem formalen Gründen leider nicht zum Erfolg führt.

Aus Sicht der Redaktion hätten die Klagen inhaltlich aber gute Chancen gehabt, wenn sie sich direkt gegen die Abmahnung gerichtet hätten.
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