Corona: Wie Versandhändler ihr Marketing in der Krise anpassen können

von Diana Versteege

16.04.2020 Die Welt fährt Achterbahn und es ist noch kein Ende in Sicht. Die momentane Krise fegt überholte Geschäftsmodelle vom Markt und trotz Online-Boom muss auch der E-Commerce jetzt umdenken.

 (Bild: geralt/ Pixabay)
Bild: geralt/ Pixabay
Momentan gibt es nur drei mögliche Szenarien für Onlinehändler:
  1. Sie überstehen Corona nicht und müssen schließen.
  2. Alles bleibt wie es ist (wahrscheinlich mit erheblichen Einschränkungen).
  3. Sie nutzen aktiv(!) die Krise, um gestärkt daraus hervorzugehen.
Jetzt ist es an der Zeit, neu darüber nachzudenken, wie Sie Ihr Unternehmen weiterentwickeln, um sicherzustellen, dass es diese veränderte Dynamik überlebt. Es gibt drei Cs, auf die sich jeder Onlineshop jetzt konzentrieren sollte:

Cashflow, Creativity, Connection

Es sind ausschlaggebende Kriterien für Erfolg oder Misserfolg in Krisenzeiten wie Corona. Aber auch das Unternehmer-Mindset ist jetzt von essenzieller Bedeutung. Wachstum im Business hängt immer mit persönlichem Wachstum zusammen, egal ob Sie nun 5 oder 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, eine oder 500 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. Wachstum und Krisenbewältigung beginnt im Kopf. Einzig und allein Ihre Einstellung entscheidet über den Erfolg.

Genau wie es Mitarbeiter-Typen gibt, gibt es auch Unternehmer-Typen, die unterschiedliche Einstellungen haben und Entscheidungen unterschiedlich treffen:

  • Der Angst-fokussierte CEO
    Diese Gruppe ist am emotionalsten, besorgt und überfordert. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, bedenken Sie, dass Angst nichts weiter ist als eine Fantasie über die Zukunft. Und hinter der Angst, Entscheidungen zu treffen, gerade in Corona-Zeiten, steckt fast immer die Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen und dafür bestraft zu werden, sei es durch Ablehnung oder durch persönliche, berufliche oder finanzielle Nachteile. Angst ist ein absolut schlechter Ratgeber und auch nicht gut in Statistik.

  • Der unfokussierte CEO
    Diese Gruppe ist sich noch nicht sicher, ist unentschlossen, weiß noch nicht genau, was sie tun sollte, ist eher abwartend oder abweisend. Wenn Sie zu dieser Gruppe gehören, machen Sie sich klar, was der Wert der Nicht-Veränderung für Sie bedeutet. Auch hier gilt, raus aus der lähmenden Schockstarre und Veränderungen in die Hand nehmen.

  • Der Strategie-fokussierte CEO
    Diese Gruppe konzentriert sich darauf, die aktuellen Gegebenheiten aktiv zu nutzen, sieht Chancen und hat den Fokus weiterhin auf Wachstum. Sie führen keine endlosen Diskussionen, sondern setzen alles Notwendige pragmatisch um.

Wenn Sie sich jetzt um die drei Cs - Cashflow, Creativity, Connection - kümmern, können Sie rechtzeitig gegensteuern und mit Ihrem Unternehmen auch schwierige Zeiten überstehen.

Cashflow

Der Cashflow ist zwar eine der bekanntesten und wichtigsten Kennzahl für Unternehmer, doch immer noch gibt es falsche Herangehensweisen bei der Cashflow-Planung. Geschätzt wird der Gesamtumsatz, dieser wird auf einzelne Sortimente runtergebrochen und aus der anschließenden einfachen Gewinn-und-Verlust-Rechnung wird der Cashflow abgeleitet.

Viele Onlineshops können ihren Cashflow nicht zuverlässig vorhersagen. Unterbrochene Lieferketten erschweren die Situation, aber auch unerwartete Ausgaben oder Umsatzeinbußen gerade in Krisenzeiten reichen oft aus, um die Zahlungsfähigkeit zu gefährden.

Von zentraler Bedeutung ist daher folgende Frage: Reicht der Bestand an verfügbaren Mitteln jetzt mit Sicherheit und in Zukunft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus, um die zwingend fälligen Verbindlichkeiten zu tilgen?

Das richtige Warensortiment im Onlineshop zu haben ist heute so wichtig wie nie. Unnötige Bestellungen sollten grundsätzlich sofort storniert werden. Vorräte können allerdings nur dann gezielt verändert werden (Aufstockung oder Reduzierung), wenn Sie über genaue Marktdaten verfügen. Sonst wird die verkehrte Investition Sie, früher oder später, Kopf und Kragen kosten.

Was Sie jetzt tun können:

  1. Das richtige Sortiment, der optimale Lagerbestand ist jetzt ein entscheidender Faktor. Verlassen Sie sich in dieser Krisenzeit nicht auf Bedarfsplanungen oder Preiskalkulationen aufgrund von historischen Daten, Analytics oder irgendwelchen Excel-Tabellen, sondern nutzen Sie die vorhandene Artificial Intelligence Techniken von zum Beispiel Quicklizzard   oder edited   . Diese Unternehmen sind darauf spezialisiert, sowohl Trends als auch die Nachfrage im Markt zu erkennen und sehr genau vorhersagen.

    Dabei nutzen sie sämtliche Kosten, Warenbestände, Produktverfügbarkeit, das Kundenverhalten anhand der Customer Journey, den Produktlebenszyklus, Angebot und Nachfrage im Markt sowie Wettbewerbsdaten, um a) vorhandene Sortimente zu optimieren, b) den richtigen Preis zu kalkulieren und vor allem c) eine maximale Optimierung der Margen zu errechnen, damit Sie den Profit erhöhen können.

  2. Wenn Sie sich bereits jetzt in einer schwierigen Lage befinden, seien Sie ehrlich zu Ihren Lieferanten. Die Wahrscheinlichkeit ist dann größer, dass Sie neue Zahlungspläne aufstellen werden und auf diese Weise die Beziehung längerfristig aufrecht erhalten können.

  3. Schnellschüsse zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit, wie zum Beispiel die (willkürliche) Nutzung von Preisnachlässen und Rabatten, um den Umsatz anzukurbeln, sollten grundlegend überprüft werden. Gerade jetzt können solche Entscheidungen verheerende Folgen haben.

  4. Fokussieren Sie sich bei den Marketing-Aktivitäten nicht auf die Akquise von Neukunden. Die bereits überfüllten Social-Media- Kanäle platzen bereits aus allen Nähten und die Preise für die Werbeplätze werden künftig sicherlich in die Höhe schnellen.

Fokussieren Sie sich auf Bestandskunden und ergreifen Sie entsprechende Maßnahmen, um den durchschnittlichen Bestellwert (AOV) (siehe iBusiness: Gleicher Traffic, mehr Profit - Cross- und Upselling   ) zu erhöhen, sowohl im Onlineshop als auch übers EMail-Marketing. Animieren Sie bestehende Kunden zu Wiederholungskäufen und Zusatzkäufen https://www.ibusiness.de/members/aktuell/db/555851SUR.html, um so den Gewinn zu steigern. Datengestützte Analysen helfen dabei, sich auf die richtigen Kundensegmente zu konzentrieren und automatisierte Prozesse sind recht schnell aufgesetzt.

Connection

Unsere Gesellschaft wird nicht nur mit einem veränderten Kaufverhalten konfrontiert, sondern eine Veränderung der Kommunikation ist zwingend notwendig. Onlineshops müssen jetzt nicht nur umdenken, sondern vor allem den Kunden nicht aus den Augen verlieren.

Wer sein Marketing so weiter betreibt wie bisher und die selbe Botschaft wie letzte Woche oder der letzten Monate kommuniziert, wird als gefühllos wahrgenommen und schlicht ignoriert werden. Es ist nicht die Zeit für Marketing nach Fahrplan.

Die Coronakrise ist für alle Beteiligten absolut neu und immer noch unkontrollierbar. Eine Krise kann nie bis zum Ende durchgeplant werden. Diese Situation erzeugt automatisch und überproportional viel Angst, auch bei Ihren Kunden.

Was Sie jetzt tun können

  1. Steigen Sie proaktiv in das Gespräch, welches gerade im Kopf Ihrer Kunden stattfindet, ein. Dies erfordert allerdings eine völlig andere Kommunikation als wie noch vor vier Wochen, als die Welt rosarot erschien. Sprechen Sie dabei absolut ehrlich über die Herausforderungen, die Sie momentan haben und kommunizieren Sie diese.

    Sie müssen den Shift von der alten zur neuen Kommunikation bewältigen, sowohl innerhalb der Marketing- als auch bei der Brand Message. Die Kundenbeziehung und das virtuelle Erlebnis stehen dabei im Vordergrund. Und es ist mehr denn je entscheidend zu verstehen, was Kunden wirklich wollen. Entdecken Sie die verborgenen Wert-Treiber der Kunden und priorisieren Sie diese. Wer den Kundenwert kommunizieren kann, stärkt nicht nur die Kundenzufriedenheit, die Kundenloyalität, den NPS (Net Promotor Score), sondern vor allem den Umsatz.

  2. Menschen suchen in Krisenzeiten nach starken Vorbildern, die absolut ehrlich kommunizieren. Vorbilder, die mit der eigenen Überzeugung zu einer besseren Zukunft führen. Angst muss hier zwingend durch Sicherheit ersetzt werden und Zweifel durch Vertrauen. Nur so können neue Möglichkeiten entstehen. Seien Sie für Ihren Markt, Ihre Nische der Leuchtturm, und Menschen werden Ihnen folgen.

  3. Bleiben Sie mit Kunden im direkten Kontakt, auch wenn Ihnen vielleicht jetzt nicht danach ist und andere wichtige Dinge warten. Stocken Sie die Call-Center auf, falls dies bislang noch nicht getan wurde. Suchen Sie proaktiv das Gespräch mit Kunden. Wenn Sie es nicht tun, tut es mit Sicherheit der Wettbewerb.

  4. In Krisenzeiten werden Netzwerke wichtiger. Sie erleichtern den Kontakt zu Menschen, die man sonst nicht erreichen kann. Schieben Sie das Konkurrenzdenken beiseite und verbinden Sie sich mit Gleichgesinnten in der Branche, tauschen Sie sich aus. Davon können alle profitieren.

Creativity

Kreativität und Tun ist gefragt, anstatt die Timeline oder die Nachrichten rauf- und runterzuscrollen und Horror-Szenarien zu konsumieren. Mit dem Kopf im Sand lassen sich keine notwendigen Veränderungen managen. Schalten Sie den Lärm stumm und kommen Sie ins Handeln.

Krisen brauchen Kreativität. Wer Ideen entwickelt und mit Zuversicht an neue Herausforderungen herangeht, kommt am besten und gestärkt aus einer Krise heraus.

Was Sie jetzt tun können

  1. Kreativität ist eine Eigenschaft, die jeder Mensch hat. Bitten Sie Mitarbeiter um Ideen zu einem bestimmten Thema und formulieren Sie vorab genau die Frage- oder Problemstellung. Kreativitätstechniken bieten hier strukturelle und mentale Hilfe, um auch in schwierigen Situationen leicht neue Ideen denken zu können. Bewerten Sie die Ideen nach der Realisierbarkeit.

    Gemeinsam im Conference-Call oder mit Google Hangout zur nächsten Idee? Nein, tun Sie das nicht. Gruppen-Brainstormings sind wenig effektiv. "Die Menschen glauben zwar, dass sie in der Gruppe mehr Ideen produzieren, also kreativer und einfallsreicher sind, doch das stimmt nicht", sagt der Sozialpsychologe Wolfgang Stroebe von der Universität Utrecht   . Lassen Sie Ihre Mitarbeiter erst einmal für sich alleine Ideen entwickeln. Danach können sie sich mit anderen austauschen.

  2. Sie sparen nicht nur Zeit, sondern auch Geld, wenn Ideen zunächst als MVP (Minimum Viable Product   ) umgesetzt werden. Ein MVP ist die erste minimal funktionsfähige Iteration eines Produkts oder einer Idee, das entwickelt werden muss, um mit minimalem Aufwand den Kunden-, Markt- oder Funktionsbedarf zu decken und handlungsrelevantes Feedback zu gewährleisten. Ein MVP muss brauchbar sein. Sie suchen mit dieser Technik also nach der kleinsten Form, in der ein Produkt oder eine Idee für den Kunden einen Nutzen bietet.


iBusiness-Autorin Diana Versteege berät seit mehr als 15 Jahren Onlinehändler zu strategischen und konzeptionellen Fragen. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Positionierung, Kommunikation und der Conversion-Optimierung mittels psychologischer Strategien und Modelle.

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