Markenrecht

BGH-Urteil: Ortlieb setzt sich gegen Amazon durch

von Frauke Schobelt

25.07.2019 Der Markenrechtsstreit zwischen Ortlieb   und Amazon   ist entschieden. Der Bundesgerichtshof (BGH)   gibt dem Outdoor-Ausrüster recht: Der Online-Versandhändler darf Kunden in der Suchmaschine Google   nicht mehr mit bekannten Markennamen auf Angebote der Konkurrenz locken.

 (Bild: Ortlieb)
Bild: Ortlieb
Konkret ging es in dem Fall um eine Schaltung von Google Ads durch Amazon mit Ortlieb als einzigem Markennamen. Kunden, die auf Google nach "Ortlieb Fahradtaschen", "Ortlieb Gepäcktasche" oder "Ortlieb Outlet" suchen, werden von Amazon zwar zu den Produkten geleitet, allerdings zeigt der Onlinehändler in der Trefferliste auch Angebote von anderen Herstellern an. Diese Praxis muss Amazon künftig unterlassen, denn damit werde das Markenrecht von Ortlieb verletzt, heißt es in der Mitteilung zu dem Urteil   des BGH.

Kein Vertrieb auf Amazon

Der fränkische Händler will nämlich gar nicht, dass seine Produkte auf Amazon verkauft werden. Die Firma untersagt dies auch seinen Fachhandelspartnern. Zur "Sicherung des Qualitätsanspruchs" setze Ortlieb seit 2011 auf den Selektivvertrieb. Dieser sei "auf Marktplätzen wie Amazon im Gegensatz zum Fachhandel nicht gewährleistet", erklärt das Unternehmen. "Deshalb unterhält weder Ortlieb eine direkte Geschäftsbeziehung zu Marktplätzen, noch ist autorisierten Fachhandelspartnern ein Verkauf unserer Produkte über diese Plattformen erlaubt."

Dennoch sind etliche Ortlieb-Produkte bei Amazon erhältlich, weil sich eben nicht alle Partner an das Verkaufsverbot halten und weil Amazon offenbar auch selbst Ortlieb-Produkte kauft, um sie dann auf seiner Plattform weiterzuverkaufen.

Ausbeutung der Marke als "Lotse"

Bereits das Oberlandesgericht (OLG) München   hatte Ortlieb recht gegeben und in der Amazon-Praxis eine Ausbeutung der Marke als "Lotse" gesehen. Der Nutzer erwarte bei der Google-Suche nach einer bestimmten Marke, dass ihm nur dazu passende Angebote angezeigt würden. Das bestätigte nun der BGH. Konkret heißt es in der Mitteilung: "Wird eine Marke in Anzeigen nach einer Google-Suche aufgrund der konkreten Gestaltung der Anzeige aber irreführend verwendet, so dass Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden, kann sich der Markeninhaber dieser Verwendung der Marke widersetzen."

 (Bild: Google Screenshot)
Bild: Google Screenshot


Anders sieht es jedoch aus, wenn die Nutzer direkt auf Amazon nach Ortlieb-Produkten suchen. Hier sind laut BGH Listen zulässig, die auch Angebote anderer Hersteller enthalten, wenn das deutlich genug erkennbar ist. Hier war Ortlieb bereits in einem früheren Verfahren mit einer Unterlassungsklage gescheitert   .

Ortlieb sieht eigene Vertriebsstrategie bestärkt

Hersteller Ortlieb begrüßt das aktuelle Urteil: "Das Werben mittels Google Ads für ein allgemeines Angebot an Fahrradtaschen mit 'Ortlieb' als dem einzigen Markennamen verletzt aus unserer Sicht nicht nur unser Marken- sondern auch das Wettbewerbsrecht", heißt es in einem Statement. "Gleichzeitig widerspricht diese Praxis dem unionsrechtlichen Transparenzgebot für den Online-Handel, welches das stillschweigende Unterschieben von Fremdmarkenangeboten in die Ergebnislisten einer Markensuchanfrage verbietet."

Durch das Urteil sehe sich das Unternehmen in der eigenen Vertriebsstrategie bestärkt. Außerdem stärke es Marken im Allgemeinen, denn Markenschutz werde zunehmend als wichtiger Teil des Verbraucherschutzes definiert. "Gerade in der heutigen Zeit, in denen Plattformen wie Amazon die Austauschbarkeit von Marken strategisch vorantreiben, ist Markenhoheit und die damit verbundene Markenidentität wichtiger denn je", heißt es in dem Statement. "Wenn diese verloren geht, dann ist es vor allem für mittelständische, eigentümergeführte Marken wie Ortlieb langfristig nicht mehr möglich, die notwendigen Investitionen für den Erhalt des Markenstatus aufzubringen und den Fortbestand des Gütesiegels 'Made in Germany' zu gewährleisten."

Nach wie vor nicht nachvollziehen kann Ortlieb die Beschränkung auf Ads in Google. "Aus unserer Sicht macht es für den Verbraucher keinen Unterschied, ob er bei der Sichtung von Ortlieb-Angeboten mit untergeschobenen Fremdprodukten vorher eine Google-Anzeige angeklickt oder bei Amazon direkt den Suchbefehl 'Ortlieb' eingegeben hat." Die Marke verweist auf ein gemeinsam mit dem Markenverband   , dem Verband der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse (VKE)   sowie Wala Heilmittel   beauftragtes Gutachten des Umfrageinstituts Pflüger Rechtsforschung. Demnach verfüge nur die Hälfte der Bevölkerung über konkrete Amazon-Erfahrungen: "Der Verbraucher ist auf unverfälschte Ergebnislisten angewiesen, weil er darauf vertraut, dass sie nur das zeigen, was er sucht und weil er Fremdwerbung in Suchmaschinen eben nicht sicher erkennen kann." Die Richter jedoch werten zumindest dies anders.

Die Ortlieb Sportartikel GmbH wurde 1982 von Hartmut Ortlieb in Nürnberg gegründet und hat heute ihren Standort im mittelfränkischen Heilsbronn. Der Bike- und Outdoorspezialist beschäftigt rund 220 Mitarbeiter, sein Sortiment umfasst über 500 Einzelprodukte. Die Firma ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Bereich der wasserdichten Radtaschen. Die Produkte werden am Firmensitz in Heilsbronn hergestellt und in mehr als 40 Länder exportiert.
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