„Amazon Dash“: Gefahr und Chance für den deutschen Online-Handel

Im Frühjahr 2015 hatte Amazon seine „Dash Buttons“ vorgestellt, über die sich Verbrauchsgüter per Knopfdruck bestellen lassen. Das klang im ersten Moment recht abgefahren, wird aber zunehmend Realität. Denn in den USA ordern Kunden nicht nur immer mehr Produkte online über die Buttons. Amazon bietet auch zunehmend Dash Buttons an. So gibt es nun schon über 150 Dash Buttons von Marken wie Gillette oder Persil, über die man Waschmittel oder Rasierklingen bestellen kann.

Amazon Dash Button
Dash Button an einer Waschmaschine, über den sich Waschmittel von Tide bestellen lässt (Bild: Amazon.com)

Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich, dass Amazon seine Dash Buttons künftig auch einmal Kunden in Deutschland anbietet. Das meint jedenfalls auch Marc Aufzug, Geschäftsführer der Kölner Factor-A GmbH, die Marken und Hersteller beim Online-Handel mit Amazon berät und sich daher mit den Strategien des US-amerikanischen Versandriesen beschäftigt.

Ihm zufolge werden die Dash Buttons in den USA bisher zwar fast nur von der Zielgruppe der „Early Adopter“ genutzt. Doch die Buttons von Amazon bieten Kunden so viele Vorteile, dass sie sich wohl auch schnell bei gesetzteren Kundengruppen als bequeme Alternative zum klassischen Online-Shopping durchsetzen könnten.

Zur Erinnerung: Den Dash-Button einer Marke dürfen sich Amazon-Kunden zum Beispiel an ihre Waschmaschine kleben und dann mit ihrem WLAN und ihrem Amazon-Konto verbinden. Dabei kann man unter anderem festlegen, welches Waschpulver der Marke künftig über den Dash Button bestellt werden soll. Wenn das Waschmittel ausgeht, muss man dann nur den Button drücken – und schon wird das gewünschte Produkt bei Amazon geordert und zum Kunden nach Hause geschickt (siehe Video).

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

So können Kunden sofort Nachschub ordern, wenn sie zum Beispiel in der Waschküche bemerken, dass ihr Waschpulver ausgeht – ohne dazu dann überhaupt noch den Online-Shop von Amazon besuchen zu müssen, was zusätzlich Zeit spart. Jede Bestellung lässt sich bei Bedarf im Anschluss stornieren, so dass nicht aus Versehen zu viel bestellt wird. Angeboten werden die Buttons ausschließlich Prime-Kunden, die für jeden Button sogar 4,99 Dollar bezahlen. Diese Art Schutzgebühr wird aber mit der ersten Button-Bestellung verrechnet, so dass Kunden die Hardware letztlich umsonst bekommen.

Gefahr: Amazon will wohl mehr als bequemes Shopping bieten

Amazon wiederum kann über die Buttons seine Kundenbindung stärken, Marken wiederum sind über die Dash Buttons nah beim Konsumenten, was ebenfalls zu einer höheren Kundenbindung und mehr Folgekäufen führen sollte. Schließlich ist es ja bequemer, einen Dash Button zu Hause zu drücken als im Supermarkt einzukaufen. Doch nicht nur deshalb könnte Amazon den einheimischen Händlern das Geschäft künftig spürbar erschweren, wenn man mit den Dash Buttons in Deutschland startet.

Marc Aufzug Factor-A
Marc Aufzug (Bild: Factor-A)

„Amazon hat deutlich mehr vor, als nur einzelne Produkte dem Kunden möglichst einfach zugänglich zu machen“, glaubt Amazon-Experte Aufzug. „Mit den Dash-Buttons kann Amazon die heimischen vier Wände erobern und sich als „One-Click“-Lösung für den Endanwender etablieren.“

So bekommt der Händler auch den direkten Kundenkontakt, ohne dass ein Dritter wie Google (Suchmaschinen), Facebook (Social Networks) oder Apple (Hardware) zwischen ihm und seinen Kunden sitzt – und die Spielregeln bestimmen kann. Was in der Praxis dann dazu führt, dass Amazon sich etwa Sichtbarkeit bei Google mit AdWords-Anzeigen erkaufen muss.

„Wenn man die Interfaces kontrolliert, mit denen Kunden in die digitale Welt kommen, dann kontrolliert man auch das gesamte Ökosystem“, weiß auch E-Commerce-Berater Alexander Graf (siehe zweites Foto unten), der sich mit Handelsstrategien beschäftigt und den Blog Kassenzone.de betreibt.

Alexander Graf
Alexander Graf

Gerade Anbietern von Fast Moving Consumer Goods (FMCG) könnte Amazon daher hierzulande das Geschäft zunehmend streitig machen, da Kunden ja gerade Verbrauchsgüter wie Waschmittel und Rasierklingen über die Dash Buttons nachbestellen sollen.

Zwar werden Güter des täglichen Bedarfs von den Deutschen nahezu nur vor Ort gekauft, wie unter anderem eine Verbraucherbefragung durch Nielsen zeigt. Über die Dash Buttons geht der Einkauf aber bequemer und schneller, so dass sich der Kauf von Verbrauchsgütern ins Web verlagern könnte.

„Wenn ein Händler dann den direkten Kontakt zum Kunden haben möchte, muss er sich mit Wettbewerbern wie Amazon messen“, argumentiert daher Amazon-Experte Aufzug. Realistisch ist es dennoch nicht, dass andere Händler nun mit vergleichbaren Konzepten nachziehen. Denn Angebote wie die Dash Buttons erfordern zunächst einmal Investitionen in die nötige Hard- und Software. „Der IT-Aufwand ist in so einem jungfräulichen Markt aber eigentlich nicht zu rechtfertigen“, relativiert er.

Wobei der Handel vielleicht auch gar nicht in der Pflicht ist. Denn viel interessanter wären Dash Buttons doch eigentlich direkt für die Hersteller, die ja prinzipiell auch ohne Amazon als Mittler die heimischen vier Wände ihrer Kunden erobern könnten. Denkbar wäre Aufzug zufolge, dass ein Drucker-Hersteller an Geräten einen Button installiert, über den man Tintenpatronen oder Toner nachbestellen kann.

Chance: Hersteller könnten künftig auch ohne Amazon verkaufen

Interessant wäre das für Hersteller mit einem Direktvertrieb, die so wiederum Amazon als Mittler ausschalten könnten – also genau das, was Amazon durch die Dash Buttons jetzt mit Google & Co. versucht. Wobei Hersteller obendrein davon profitieren könnten, dass Amazon mit seinen „Dash Buttons“ einen neuen Markt schafft und damit Shopping per Knopfdruck für Hersteller etabliert.

Weiterer Vorteil für Hersteller: Wer einen Drucker baut, hat vielleicht nur wenige Produkte im Sortiment. Über einen Button am Gerät kann der Hersteller dann Umsatz machen, der ihm ansonsten vielleicht verloren ginge – wenn der Kunde etwa Toner und Patronen woanders kauft. Einen Händler wie Amazon dagegen könnten Dash Buttons unter Umständen sogar Umsatz kosten. So lassen sich einzelne Produkte per Knopfdruck zwar bequemer bestellen. Gleichzeitig muss der Kunde ja aber auch nicht mehr den Online-Shop aufsuchen, wo er weitere Produkte entdecken und bestellen könnte.

„Grundsätzlich ist zu hinterfragen, ob der Dash-Button die Bestellfrequenz so stark erhöht, dass die Reduzierung der Warenkorbgröße gerechtfertigt wird“, verdeutlicht Amazon-Experte Aufzug.

Vielleicht also bleiben die Dash Buttons in Deutschland daher doch noch länger Zukunftsmusik – auch wenn das nun bei der aktuellen Amazon-Euphorie in den Staaten ein wenig abgefahren klingt.

Schon gewusst? Jeden Freitag erscheint der kostenlose Newsletter von neuhandeln.de – so erhalten Sie alle Beiträge bequem in Ihr Postfach und verpassen keine Artikel mehr. Über 3.231 Kollegen aus dem Versand- und Multichannel-Handel beziehen bereits den Newsletter – hier geht es zum Abo.

Keine News mehr verpassen?

Unser kostenloser Newsletter liefert jeden Freitag alle neuen Beiträge in Ihr E-Mail-Postfach.

Aktuell. Bequem. Zuverlässig.

7 Kommentare

  1. Zitat: „Wobei der Handel vielleicht auch gar nicht in der Pflicht ist.“
    Nun ja, wenn der Hersteller des Druckers wirklich den Button installiert, dann wird auch der Hersteller des Druckers die Patronen versenden (lassen) – was aber allenfalls einem Logistikdienstleister Umsatz bringt. Der Händler hat in jedem Fall verloren! Also ich sehe die „Knöpfe“ schon als ein Problem für den mittelständischen Händler. Nicht heute, aber evtl. schon morgen.

    • Stimmt, und auch Hersteller sehe ich nicht in einer Vorteilsposition. Ist es wirklich so, dass bei vielen solcher Verbrauchsgüter die Herstellermarke so wichtig ist? Gerade bei Toner zeigt sich doch, dass viele Kunden nicht unbedingt das teure Originalprodukt, sondern günstigere Alternativen bestellen. Bei Waschmittel und Kaffee ist das schon anders, aber auch da lehren die typischen Google-Suchanfragen, dass der Preisvergleich durchaus wichtig ist. Im B2B kommen Hersteller-Depot-Modelle (z.B. Laborbedarf) momentan eher durch neue Intermediäre wie Wawibox unter Druck, die den Kunden die Warenkorb-Optimierung nach Preis und Lieferzeitraum abnehmen. Das ist im Denken vieler Prime-Kunden bei Amazon ja auch schon der Fall und durch die kostenlose Lieferung noch verstärkt…

  2. Also gerade bei Kaffeemaschinen könnte ich mir schon sehr gut vorstellen, dass man künftig die Kapseln eines bestimmten Herstellers direkt per Knopfdruck am Automaten bestellt – und wenn das wirklich einfach und schnell geht, dürfte auch der Preis in den Hintergrund rücken. Bei Druckerpatronen dagegen könnte ich mir auch vorstellen, dass Verbraucher preissensibel bleiben und lieber günstiger bestellen und dann auf Komfort verzichten.

    • Schon, aber das sind jetzt ja auch schon vertikale Modelle. Bei den Kaffeekapseln können (und dürfen) mittlerweile zwar passende Konkurrenz-Kapseln vom Discounter genutzt werden. Wer nicht unbedingt Volluto mit George trinken möchte, kann sich also eine andere Kapsel holen – aber im Grunde ist der Preis fix. Für eine Jura-Maschine ist das schon schwieriger, denn selbst wenn ich eine bestimmte Sorte Bohnen habe, kann ich regelmäßig etliche Euro durch den Preisvergleich sparen. Hier müsste der Dash-Button eine Optimierungsfunktion haben, wie bei Wawibox.

  3. Sind die Dash-Buttons überhaupt in Deutschland rechtskonform?
    Auf den Buttons gibt es keine Preisinformationen und kein „zahlungspflichtig bestellen“.

    Bezweifele, dass sich dies in Deutschland in größerem Umfang durchsetzt. Schliesslich ist der Preisvergleich ein wichtiger Aspekt beim Einkauf, das fällt hier ja weg.

  4. Dann kriegt der Deutsche Dash-Button halt ein LCD Display spendiert auf dem der Preis angezeigt wird. Macht den Button halt um nen Euro teurer in der Herstellung, aber das ist für Amazon sicher kein Hindernis.

Kommentare sind deaktiviert.