Digitalisierung

Das kann man von erfolgreichen Digital-Transformern lernen

von Frauke Schobelt

18.03.2021 Die Coronakrise hat die Digitalisierung der Wirtschaft beschleunigt. Doch nur 25 Prozent der europäischen Unternehmen haben die Transformation laut einer Studie so gut gemeistert, dass sie es aktuell schaffen würden, erfolgreich ins digital geprägte Post-Covid19-Zeitalter durchzustarten.

 (Bild:  Joseph Mucira auf Pixabay)
Bild: Joseph Mucira auf Pixabay
Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle 'New Era In Experience Report' von Adobe   und der London School of Economics (LSE)   . Im Rahmen der Studie wurden 300 CIOs in Großbritannien, Frankreich und Deutschland befragt. Darüber hinaus flossen die Erkenntnisse aus über 20.000 Interviews mit europäischen Geschäftsführern und weltweiten KMU-Managern in die Studie ein.

Sie identifiziert drei Unternehmenstypen, die sich in ihrer Reaktion auf die Pandemie und ihrer Herangehensweise an die digitale Transformation und Technologieinvestitionen während COVID-19 unterscheiden:
  • die erfolgreichen "Thriver"
  • die sparsamen "Hider"
  • und die extrem vorsichtigen "Survivor"

Anpassungsfähig: Thriver (25 Prozent der Marken)

Thriver sind laut der Adobe-Studie der erfolgreichste Unternehmenstyp. Während der Pandemie erhöhen sie ihre Investitionen in digitale Technologien, ändern ihre Organisationsstrukturen und passen ihre Geschäftsprozesse an, um Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig verzeichnen sie eine 20-prozentige Steigerung der Mitarbeiterproduktivität. Als Schüsselfaktoren für dieses Wachstum geben sie einen verstärkten Fokus auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter sowie die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, an. Dies führt dazu, dass Thriver im Vergleich zu den Survivor und
Hider geringere Umsatzeinbußen während der Pandemie melden: Nur 45 Prozent von ihnen müssen einen eher moderaten Umsatzrückgang von durchschnittlich -15 Prozent hinnehmen.

Zurückhaltend: Hider (40 Prozent der Marken)

Hider haben ihre Ausgaben für Technologien und Innovationen während der Pandemie 2020 reduziert. Sie behalten aber genügend Investitionen bei, um kurzfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und ihre "Status Quo"-Position zu halten. Zwei Drittel (66 Prozent) der Hider verzeichnen einen erhöhten Umsatzrückgang von -35 Prozent.

Vorsichtig: Survivor (35 Prozent der Marken)

Survivor kommen mit dem Nötigsten aus und haben während der Pandemie die drastischsten und "reaktionärsten" Ausgabenkürzungen vorgenommen. Ihre Unternehmensführung ist sehr vorsichtig und zurückhaltend sowie vom Tagesgeschäft und der Kundeninteraktion abgekoppelt. Die Survivor erleiden die größten finanziellen Einbußen: 70 Prozent beklagen einen Umsatzrückgang von durchschnittlich -50 Prozent.

Lernen von erfolgreichen Transformern

Wer langfristig überleben will, sollte in jeder Hinsicht von den Thrivern lernen, rät Dr. Alexander Grous , London School of Economics: "Mit einem proaktiveren digitalen Ansatz als direkte Reaktion auf die Pandemie und fortschrittliche Führungseigenschaften sind Unternehmen des Typs 'Thriver' in der Lage, den Abwärtsdruck auf den Umsatz auszugleichen und sich dabei in die bestmögliche Position für zukünftige Geschäftserfolge zu bringen." Christoph Kull , Vice President und Managing Director Adobe Central Europe, rät zu mehr Mut - auch in der Krise: "Die Zeiten des 'Nur-auf-Sicht-Fahrens' sind vorbei. Unternehmen müssen schon jetzt in der Krise anfangen, wieder mit Weitsicht und auf Basis einer zumindest mittelfristigen Strategie zu agieren." Die Thriver-Unternehmen machten es vor: "Gefragt ist ein Dreiklang aus performanter Technologie, der richtigen prozessualen Aufstellung und einer tiefgreifenden kundenzentrischen Unternehmenskultur. Wer diesen Change erfolgreich meistert, wird mittel- und langfristig von einer neuen Qualität in den Kundenbeziehungen profitieren und damit stärker als der Wettbewerb aus der Krise hervorgehen", so Kull.

Unternehmensführung ist größtes Hindernis für den nötigen Wandel

Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der befragten Unternehmen sehen in der Entscheidungsfindung der Geschäftsleitung, dem Buy-In und der digitalen Strategie die größten Hindernisse für die digitale Transformation während der Pandemie. Als weitere Hürden folgen erhöhte Sicherheitsbedenken in Bezug auf Cybersecurity (45 Prozent) und Sorgen über die Komplexität und Kompatibilität von Altsystemen (40 Prozent). 90 Prozent sind der festen Überzeugung, dass die Cloud der wichtigste Treiber für die digitale Transformation ist.

Unternehmen sollten sich laut Studie Führungspersönlichkeiten aus Thriver-Unternehmen zum Vorbild nehmen. Was diese auszeichne:
  • Hands-on und offen für Veränderungen: Die Post-COVID-Ära erfordert eine neue Art von Führung, die sichtbar und anpassungsfähig ist, Verantwortung übernimmt und in Innovationen investiert.
  • Aufbau einer Organisationskultur, die auf Vertrauen basiert: Die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte zukünftig noch mehr auf Vertrauen, Empowerment und Eigenverantwortung basieren.
  • Schnelle Entscheidungsfindung: Die neue Ära ist schnelllebig und unvorhersehbar - alle Mitarbeiter und Abteilungen eines Unternehmens müssen in Echtzeit zusammenarbeiten, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Eine wichtige Voraussetzung ist dafür die Bereitschaft, sich flexibel an die nächsten Veränderungen anzupassen.
  • Kontinuierliches Lernen und Weiterbildung ermöglichen: Das Post-COVID-Zeitalter entwickelt sich ständig weiter und erfordert, dass sich auch die Unternehmen ständig weiterentwickeln. Es gilt, die Mitarbeiter zu jeder Zeit bestmöglich in die Lage zu versetzen, die individuellen Bedürfnisse der Kunden zu erkennen und mit den dafür erforderlichen Fähigkeiten maßgeschneidert zu erfüllen.

Als Beispiel für Führungskräfte mit Thriver-Mentalität nennt Adobe unter anderem Vinod Kumar , CEO Vodafone Business   : "Während der Pandemie haben wir unsere Investitionen in den Bereichen Digitales, Technologie und Innovation verdoppelt - und viele unserer Kunden haben das Gleiche getan. Die Vorteile sind offensichtlich: Wir haben Kunden, die neue Anwendungen in sechs Wochen statt in sechs Monaten eingeführt haben." Ebenso John Rigas , Executive Chairman bei Asprey   : "Wir sind ein Einzelhandelsunternehmen, bei dem die Basis der Interaktion mit dem Kunden physisch ist. COVID-19 zwang uns, unser gesamtes Geschäft zu überdenken und zu fragen, was wir tun werden, wenn es so weitergeht. COVID-19 war der Katalysator für ein neues Denken und hat alle Widerstände gegen eine schnelle, flächendeckende, digitale Transformation beseitigt."
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