E-Commerce

Otto macht mehr Verlust als erwartet

von Joachim Graf

23.03.2023 Bei der Otto Group brechen die Umsätze trotz Inflation und Marktplatz-Ausweitung ein. Und das auch noch heftiger als im Februar erwartet. Stellenabbau und Investitionsverschiebungen hatte Deutschlands ECommerce-Zweiter bereits angekündigt. Immerhin wachsen Marktplatz und Retail Media.

Marc Opelt: 'KonsumentInnen haben aufgrund steigender Preise für Energie und Lebensmittel weniger im Portemonnaie, meiden Spontankäufe, verzichten häufiger auf Markenprodukte und stellen größere Kaufentscheidungen zurück' (Bild: Otto)
Bild: Otto
Marc Opelt: 'KonsumentInnen haben aufgrund steigender Preise für Energie und Lebensmittel weniger im Portemonnaie, meiden Spontankäufe, verzichten häufiger auf Markenprodukte und stellen größere Kaufentscheidungen zurück'
Die ECommerce-Umsätze der Otto Group   sind im vergangen Jahr 2022 deutlich gesunken. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten die Hamburger einen GMV (Gross Merchandising Value, eigener Handelsumsatz plus Marktplatz) von 6,3 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von 8,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr (6,9 Milliarden Euro). Das Auslandsgeschäft wächst hingegen um acht Prozent auf rund 4,6 Mrd. Euro.

Immerhin: Otto   ist es im Geschäftsjahr 2022/23 gelungen, die Zahl der aktiven KundInnen in Deutschland stabil zu halten. 11,3 Millionen aktive KundInnen kauften dem Bericht zufolge 2022 in ähnlich hoher Frequenz wie noch ein Jahr zuvor, orderten allerdings deutlich kleinere Warenkörbe. "Die KonsumentInnen haben aufgrund steigender Preise für Energie und Lebensmittel weniger im Portemonnaie. Entsprechend meiden sie Spontankäufe, verzichten häufiger auf Markenprodukte und stellen größere Kaufentscheidungen zurück"", erklärt Marc Opelt , Vorsitzender des Otto-Bereichsvorstands.

Es wächst der Marktplatz: Über 5000 Partner bieten aktuell zusammen mit Otto rund 14,5 Millionen Produkte auf der Plattform an. Mit "erfreulichem Wachstum im Advertising-Services-Bereich" rechnet der Versandhandelskonzern auch für 2023, nachdem Ottos Retail-Media-Geschäft   auch dieses Jahr "besonders erfreulich" gelaufen war. Otto entwickelt eigene Werbelösungen entlang des gesamten Kaufprozesses und verkauft Markenartiklern Werbeeinblendungen an seine elf Millionen KundInnen.

Für das kommende Geschäftsjahr 2023/24 rechnet die Otto Group mit einem niedrigen einstelligen Wachstum im E-Commerce. An strategisch notwendigen Investitionen hält der Konzern fest, streckt diese jedoch in einzelnen Fällen über einen längeren Zeitraum und passt sie an die veränderte Nachfragesituation an. Auch einen Stellenabbau schloss Sebastian Klauke , Konzern-Vorstand E-Commerce, Technologie, Business Intelligence und Corporate Ventures bereits im Februar nicht aus.

Hoffnung macht dem Konzern eine selbst entwickelte Liveshopping-Plattform, die Konzerntochter OSP (Otto Group Solution Provider   ) auch an externe Unternehmen außerhalb der Otto Group vermarkten will. Die Lösung kann individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen E-Commerce-Unternehmens und dessen KundInnen zugeschnitten werden und zahle unmittelbar auf den Trend des Event-Einkaufs ein.

Ein weiteres Innovationsthema, das Otto weiter verfolgen will, ist die digitale Produktentwicklung. So stellt Bonprix   die Kollektionsentwicklung sukzessive von traditionell analogen Prozessen auf rein digitale um: Per Software werden Schnittmuster für neue Styles digital entwickelt, visualisiert und in 3D auf einem Avatar gefittet. Auf diese Weise kann ein Style zur Produktion freigegeben und die Passform optimiert werden, ohne dass dafür ein physisches Muster gefertigt werden muss. Die ehemals zeit- und ressourcenintensive Produktentwicklung werde so effizienter, flexibler und vor allem auch nachhaltiger im Hinblick auf ökologische, ökonomische und soziale Ressourcen.
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