Selbstversuch: Ein E-Commerce-Leben ohne "Amazon Prime"

09.02.2018

 (Bild: NH-Pressebild)
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Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
Am 23. Februar ist es soweit: Nach einer gefühlten Ewigkeit endet meine Mitgliedschaft bei Amazon Prime   . Und das ist auch gut so. Denn selbst wenn Amazon.de den deutschen E-Commerce dominiert   und seine Marktposition immer weiter ausbaut   , hat der E-Commerce-Riese mich als Prime-Kunden vergrault. Doch die Kündigung meiner Prime-Mitgliedschaft ist für mich vielleicht sogar nur der erste Schritt - in ein E-Commerce-Leben völlig ohne Amazon.de. Denn für einen Amazon-Entzug sprechen inzwischen viele Gründe - auch wenn es in der Praxis nicht einfach wird, auf Amazon zu verzichten.
Amazon Prime
Abschiedsbrief von Amazon.de (zum Vergrößern klicken)
Denn Amazon hat mich als Versandhandelskunde in den vergangenen Jahren komplett verzogen. So war es für mich zum Beispiel früher eigentlich immer selbstverständlich, erst dann online bei einem Händler zu bestellen, wenn ich verschiedene Produkte auf meiner Einkaufsliste angesammelt hatte. Dann folgte die Sammelbestellung - nicht zuletzt um einen Mindestbestellwert zu erreichen und Versandkosten zu sparen. Heute läuft es komplett anders: Wenn ich ein Produkt benötige, wird sofort bestellt. Jeder Artikel einzeln. Denn als Prime-Kunde ist die Lieferung ja ohnehin kostenlos, wenn der Versand durch Amazon.de erfolgt. Und weil Bestellen bei Amazon so bequem ist, wird natürlich auch dort bestellt. Andere Anbieter? Preisvergleich? Wozu? Bei Amazon finde ich ja im Prinzip alles. Und wenn ich dort schon nach einem Artikel suche, kann ich die Ware ja auch gleich bei Amazon.de bestellen. Bequemer geht es kaum. Doch die schöne heile Amazon-Welt bekommt zunehmend Risse. So rühmt sich Amazon zwar selbst gerne damit, dass "kundenfreundlichste Unternehmen der Welt" zu sein und "den Fokus auf den Kunden statt auf den Wettbewerb" zu legen. Doch ist Amazon wirklich so kundenfreundlich? Amazon hat irgendwann aufgehört, seinen Sendungen die Rechnungen beizulegen. Wenn ich aber etwas für das Geschäft bestelle, brauche ich eine Rechnung. Diese muss ich jetzt aber immer online selbst anfordern. Das nervt und geht nicht immer gut aus. Stammt die Ware von Amazon selbst, so lässt sich die Rechnung zwar leicht anfordern. Wurde bei einem Handelspartner bestellt, dann warte ich schon einmal länger auf eine Antwort - oder erhalte gar keine und werde auf Nachfrage angepflaumt.

Gute Kommunikation? "Haben einen Koffer mit DHL geöffnet"

Apropos Handelspartner: Meiner Einschätzung nach lässt Amazon die Zügel inzwischen viel zu weit schleifen, was die Qualität der Handelspartner betrifft. Allein im letzten Monat habe ich zwei Mal bei Partnern bestellt - und immer Ärger gehabt. Ein Anbieter hat die Ware wochenlang nicht geliefert, auf meine Nachfrage hieß es: "Der Kurier versucht, eine Lieferung zu machen, aber es war niemand zu holen. Kann Kontakt mit dem Träger (Skynet)". Haben Sie verstanden, um was es geht? Ich nicht. Beim zweiten Fall hieß es, dass es Probleme mit der Zustellung gibt - obwohl der Artikel laut meinem Kundenkonto noch gar nicht verschickt wurde. Auf Nachfrage gab es dann diese vielsagende Antwort: "Wir haben einen Koffer mit DHL geöffnet, bitte erlauben Sie uns 48 Stunden zu untersuchen." Will man sich das wirklich antun? Amazon mag derzeit viel in Service und Innovationen wie Dash Buttons oder den Echo-Lautsprecher investieren. Die Kommunikation auf dem Marktplatz erinnert inzwischen aber mehr an eBay-Transaktionen vor Urzeiten und wird dem Anspruch eines Marktführers nicht gerecht. Ärgerlich ist auch, dass Amazon vor kurzem die Jahrespauschale für die Prime-Mitgliedschaft von 49 auf 69 Euro erhöht hat   . Der Preis mag zwar in Ordnung sein. Schließlich ist eine Video-on-Demand-Flatrate im Paket enthalten, die bei der Konkurrenz allein rund 100 Euro im Jahr   kostet. Was ist aber mit Kunden, die gar keine Bilder streamen wollen? Mich etwa interessiert das Video-Package einfach nicht. Interessant wäre für mich zum Beispiel eine Prime-Variante, die nur kostenlose Lieferungen beinhaltet. Doch Amazon lässt mir einfach keine Wahl. Entweder alles oder nichts. Und jetzt dann lieber nichts. Die E-Commerce-Praxis wird nun zeigen, was das Prime-Aus für mich bedeutet. Im ersten Schritt sicher, dass ich wieder Artikelwünsche bündeln und eine Sammelbestellung aufgeben werde. Wenn ich denn noch bei Amazon bestelle. Denn ohne Prime-Vorteile könnte ich jetzt ja eigentlich auch vor dem Kauf einmal schauen, wer meine gewünschten Produkte sonst noch anbietet. Vielleicht wird es also auch ein E-Commerce-Leben ganz ohne Amazon? Es wäre ein großer Schritt für mich. Und ein kleiner Schritt für mehr Wettbewerb im deutschen Online-Handel. Ich werde berichten, wie mein Selbstversuch ausgeht. P.S.: Verpassen Sie keine Beiträge mehr! Jeden Freitag liefert Ihnen unser Newsletter alle Nachrichten, Analysen und Insider-Infos der Woche kostenlos in Ihr Postfach. [mailpoet_subscribers_count] Kollegen aus dem Versand- und Multichannel-Handel nutzen diesen Service schon, um up-to-date zu bleiben. Hier geht es zum Abo   .
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