Shortlist B2C: Atelier Goldner Schnitt

von Ansgar Holtmann

28.01.2021 Der aktuelle Modekatalog von Atelier Goldner Schnitt punktet bei unserer Jury mit sehr gut beherrschtem Kataloghandwerk.

 (Bild: Quelle: Atelier Goldner Schnitt GmbH; Scan: Versandhausberater)
Bild: Quelle: Atelier Goldner Schnitt GmbH; Scan: Versandhausberater

 (Bild: Quelle: Atelier Goldner Schnitt GmbH; Scan: Versandhausberater)
Bild: Quelle: Atelier Goldner Schnitt GmbH; Scan: Versandhausberater

Eine der Einreichungen zur Wahl des Katalogs des Jahres ist der Herbst Winter Katalog 2020 von Atelier Goldner Schnitt   . Meine Analyse zur Bewertung teile ich hier gerne mit Ihnen. Um den Katalog bewerten zu können, müssen wir uns zunächst vergegenwärtigen, wer die Zielgruppe ist: die modisch interessierte Frau ab ca. 60 Jahren. Das müssen wir im Hinterkopf behalten, wenn wir uns den Katalog ansehen. Legen wir also los.

Titel-Check

Der Absender ist klar zu erkennen, das Logo 'atelier goldner schnitt' mit Claim "Mode in perfekter Passform" sowie dem Hinweis "seit 1970" fällt auf. Damit wird die erste Leserfrage gut beantwortet. Außerdem wird der Haupt-USP des Kataloges sehr gut zusammengefasst: "Vorpremiere unserer neuen Mode-Kollektion - jetzt exklusiv vorab bestellen - versandkostenfrei." Dieser Hinweis erzeugt gleich Aufmerksamkeit bei der Leserin: neue Mode, die es exklusiv bei Atelier Goldner Schnitt gibt und die man sich jetzt schon sichern kann, damit man auch garantiert die Ware bekommt. Und das Ganze ist dann auch noch versandkostenfrei. Das ist Verkaufsförderung. Das ist ein starker Action-Getter im Slogan des Kataloges. Toll.

Außerdem wird schnell ersichtlich - es handelt sich um einen Jubiläumskatalog: 50 Jahre Atelier Goldner Schnitt. Mal sehen, was daraus im Katalog gemacht wird.

Ich habe noch gar nicht von der ersten Fixation gesprochen - dem Hero auf dem Titel. Eine Dame - zwischen 45 und 50 - stellt lächelnd Blickkontakt zur Leserin her (sieht man leider auch immer seltener in der Fotografie im E-Commerce und Versandhandel). Die Dame ist gut gewählt - denn es gilt der Grundsatz: Das Model sollte 10 bis 15 Jahre jünger sein als die angesprochene Zielgruppe. Das präsentierte Produkt ist eine Outdoor-Jacke in Royal-Blau (das erfahren Leserinnen aber leider erst auf der Produktseite) mit Seitenverweis.

Fazit: Ein guter Titel, der zum Öffnen animiert. Ich rate aber dazu, Titelangebote weit vorne (auf der inneren Umschlagseite - U2) im Katalog zu präsentieren, und den Leser nicht in die Mitte des Kataloges zu schicken. Sonst besteht die Gefahr, dass die Seiten vorher überblättert werden. Und mir fehlen die Bestellwege auf dem Titel. Dort sucht die Leserin typischerweise danach.

Einstiegsseiten-Check

Wow … eine ganze Doppelseite für den President's Letter - bzw. in dem Fall den Präsidentinnen-Letter. Frau Wirth begrüßt die Leserin mit einem freundlichen Bild, das auch gleich als Zweitplatzierung genutzt wird. Sie trägt eine Lammnappa-Jacke, die die Leserin auf Seite 42 findet. Gut gemacht. Frau Wirth bedankt sich herzlich für die Treue - wahrscheinlich auch für die Treue in den letzten 50 Jahren, denn das Jubiläums-Logo wird hier wiederaufgegriffen. Und im Brief wird die Leserin in den exklusiven Kreis der treuesten Kundinnen aufgenommen, die schon einen exklusiven Vorab-Testkatalog erhalten.

Das ist ein toller Weg, um eine enge Beziehung herzustellen. Und natürlich auch, um das Sortiment zu testen. Der Brief ist solide gemacht - die Kundin wird direkt angesprochen, eine blaue Unterschrift und das P.S. fehlen nicht.

Dass es sich in der Tat wohl um einen Testkatalog für ausgewählte Kundinnen handelt, wird daran deutlich, dass auf der Folgedoppelseite erneut ein Präsidentinnen-Brief platziert ist. Dieser ist ebenfalls gut gemacht, mit einem Hinweis auf die telefonische Passform-Beratung und darauf, dass mehr Größen und mehr Stoffe angeboten werden als zuvor.

Auf den Seiten 6 und 7 findet die Leserin dann das Inhaltsverzeichnis. Bei Modekatalogen bin ich immer hin- und hergerissen. Braucht es das? Die Leserin soll von vorne bis hinten blättern, stöbern, sich inspirieren lassen. Und nicht aus dem Inhaltsverzeichnis in eine hintere Rubrik springen - mit der Gefahr, das Vorherige nicht zu sehen. Ein Verzicht wäre mal einen Test wert.

An dieser Stelle wird auch deutlich, wie das Jubiläum gespielt wird: mit "Danke-Angeboten" auf den Seiten 8 bis 27. Preiswerte Mode als Dankeschön für die Treue. Allerdings wird dabei nicht mit Streichpreisen gearbeitet. Das hätte noch einmal deutlich gemacht, wie dankbar Atelier Goldner Schnitt für die Treue der Kundin ist. Weitere Elemente außer dem Jubiläums-Logo findet die Leserin allerdings nicht. Ich denke, aus Jubiläen kann man mehr rausholen. Schade.

Produktseiten-Check

Die Produkt-Doppelseiten zeigen, wie gut Atelier Goldner Schnitt das Kataloghandwerk versteht und dass man auch hier auf einen reichhaltigen, 50 Jahre alten Erfahrungsschatz zurückgreift. Abwechslungsreiche Gestaltung, variierende Produktdichte und sehr gute Modefotografie zeichnen den Katalog aus.

Komplette Outfits geben der Leserin Sicherheit bei der Bestellung: Hier werden Kombinationen gezeigt, die zusammenpassen. Inlines fassen auf vielen Seiten das Thema zusammen: "Kuschelweicher, natürlicher Kaschmir" und "Seide, ein textiler Schatz mit edlem Schimmer" sind Beispiele dafür, wie der Doppelseite ein Thema gegeben wird. Das verbindet die Produkte und verkauft besser. Sehr gut.

Weitere Elemente, die in vielen anderen Katalogen fehlen, hier aber gut gespielt werden, sind: Interessante Punkte werden direkt mit Bullets / Quick-Readern an das Produkt gebracht. Weitere Farbvarianten werden gezeigt und nicht nur im Text erwähnt. Zitate (diese werden übrigens generell bis zu fünfmal besser erinnert) von Frau Wirth auf Stopper-Seiten heben Produkte hervor. Ab-Preise zeigen die Preiswürdigkeit - geben aber auch den Hinweis auf den bei mir eher unbeliebten "Wampen-Zuschlag". Große Größen kosten 10, 15 oder 20 Euro mehr. Muss das sein?

Die Hinweise auf die Bestellwege Telefon und Internet fehlen im Footer nicht. Man könnte sie noch aktivierender formulieren und auch das Logo im Footer spielen.

Fehlt etwas Wichtiges? Ja … Corona war gerade für diese Zielgruppe ein Beschleuniger in Sachen Internet-Nutzung. Mir fehlen Hinweise, Erläuterungen oder Störer, die auf das Online-Angebot verweisen. Hinweise, die erklären und die Vorteile des Onlineshops kommunizieren.

Fazit: Schaut's Euch an, analysiert und lernt. Die Produktseiten sind sehr gut gemacht.

Abschluss-Seiten-Check

Ich sage es vorab: Hier fehlt mir einiges … Was nicht fehlt, sind die für Modekataloge wichtigen Größentabellen und der Hinweis auf eine persönliche Größenberatung. Das vermeidet Retouren. AGBs müssen ja leider auch sein. Was mir fehlt, sind eine abschließende Vorteilsargumentation, Hinweise auf weitere Services, Hinweise auf Bestellwege, eine Bestellanleitung und Verkaufsförderungshebel. Auch wenn man 50 Jahre am Markt ist und die Kundinnen es vermeintlich wissen, darf das nicht fehlen, denn Wiederholung hilft.

Die Hero-Seite U3 ist mit einer günstigen Bluse bestückt. Das ist sicher ein guter, klassischer Mitbestell-Artikel. Gut.

Rücktitel-Check

Ein bestellbares Produkt auf dem Rücktitel bildet den Hero. Es ist preislich attraktiv und sicher im typischen Preisfenster von Atelier Goldner Schnitt. Das passt. Bestellwege findet die Leserin auch hier. Gut. Was fehlt? Ein Logo. Liegt der Katalog auf dem Titel, wird der Rücktitel zum Titel. Und beantwortet die Leserfrage "Von wem ist der Katalog" so nicht.

Fazit: Es ist schön zu sehen, dass es das noch gibt: Gutes Kataloghandwerk. Die Herbst/Winter 2020 Ausgabe von Atelier Goldner Schnitt ist ein gutes Beispiel dafür. Hier und da kann sie sicher noch optimiert werden. Insbesondere das Jubiläum hätte noch stärker gespielt werden können. Trotzdem: Herzlichen Glückwunsch an die Macher!
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