Datenschutz-Grundverordnung: Was bei Werbung künftig wichtig wird
26.03.2018
„Die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.“Wann liegt aber eine Wahrung der berechtigten Interessen vor? Hier spielen die sog. Erwägungsgründe eine Rolle. Mit diesem Instrument schaltet der europäische Gesetzgeber in Richtlinien und Verordnungen Auslegungshilfen vor. In Erwägungsgrund 47 wird ausgeführt:
„Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“Dieser „kann-Satz“ wird künftig die eigentliche datenschutzrechtliche Grundlage für die Werbung sein. Daneben sind Äußerungen der Art-29-Datenschutzgruppe, ein Gremium aus Vertretern der nationalen Datenschutzbehörden der EU-Staaten, interessant. Auf nationaler Ebene ist das der sog. „Düsseldorfer Kreis“. Der hat sich erst in einem Kurzpapier zur künftigen Rechtslage nach der DSGVO geäußert. Dabei geht es um die Interessenabwägung, die Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO zwischen den Interessen des Verantwortlichen und der betroffenen Person vorsieht, wenn es um Werbung geht. Der Düsseldorfer Kreis erläutert, dass nach ErwGr. 47 DS-GVO im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“ einzubeziehen sind. Dazu heißt es im Papier:
„Die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person werden bei Maßnahmen zur werblichen Ansprache maßgebend durch die Informationen nach Art. 13, 14 DS-GVO zu den Zwecken der Datenverarbeitung bestimmt werden. Informiert der Verantwortliche transparent und umfassend über eine vorgesehene werbliche Nutzung der Daten, geht die Erwartung der betroffenen Person in aller Regel auch dahin, dass ihre Kundendaten entsprechend genutzt werden.“Damit kommen den Datenschutzhinweisen künftig noch mehr Bedeutungen zu, als sie ohnehin schon haben. Informiert der Werbetreibende schon bei der Erhebung der Daten (Pflicht nach Art. 13 Abs. 1 lit. d DSGVO) darüber, dass er die Daten für eine Werbung oder Weitergabe zur Werbung in bestimmter Art und Weise benutzen will, bestimmt der Inhalt der Information die Erwartungshaltung des Betroffenen. Zudem ist in die Abwägung einzubeziehen, dass von Werbung betroffene Personen ein jederzeitiges und umfassendes Widerspruchsrecht haben (Art. 21 Abs. 2 DSGVO), auf das ausdrücklich hinzuweisen ist (Art. 21 Abs. 4 DSGVO). Danach können Betroffene die Verwendung ihrer Daten für Werbezwecke jederzeit stoppen lassen (Art. 21 Abs. 3 DSGVO). Eine Werbung soll nach Ansicht der Datenschützer auch dann eher im Rahmen der Interessenabwägung erlaubt sein, wenn es sich um Bestandskunden handelt, die die Dienste des Werbenden bereits in Anspruch nehmen. Der Düsseldorfer Kreis ist zudem der Ansicht, dass die Interessenabwägung regelmäßig dazu führt, dass eine Erstellung von Werbeprofilen oder die Entnahme von Daten aus sozialen Netzwerken nicht erlaubt bzw. nur nach Einwilligung erlaubt sein soll. Auch die Grenzen, die das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb setzt (UWG), bleiben bestehen. E-Mail-Werbung (B2B und B2C) sowie Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern (B2C) ist danach nur nach ausdrücklicher gesonderter Einwilligung zulässig. Laut dem neuen Kopplungsverbot der DSGVO dürfen Einwilligungen auch nicht mehr ohne weiteres an Leistungen geknüpft werden. Das Kurzpapier dazu:
Bei „kostenlosen“ Dienstleistungsangeboten, die die Nutzer mit der Zustimmung für eine werbliche Nutzung ihrer Daten „bezahlen“ (z. B. kostenloser E-Mail-Account gegen Zustimmung für Newsletter-Zusendung als „Gegenfinanzierung“), muss diese vertraglich ausbedungene Gegenleistung des Nutzers bei Vertragsabschluss klar und verständlich dargestellt werden. Nur dann besteht keine Notwendigkeit mehr für eine Einwilligung.Werbetreibende sollten daher ihre Datenerhebungsinformationen anpassen und einwilligungsbasierte Werbung in den Grundlagen von Einwilligungstexten und Informationen dazu überprüfen lassen. Fehler können teuer werden. Hier geht es nicht nur um die Höchstgrenzen von 20 Mio. Euro Bußgeld (oder, wenn höher 4% des Jahresumsatzes). Datenschutzbehörden haben verlauten lassen, dass sie zur Abschreckung den Faktor 60 anwenden wollen. Eine Nichtbestellung eines Datenschutzbeauftragten etwa kostete bislang 10.000 Euro. Das Bußgeld würde danach auf 600.000 Euro steigen.
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