Prognose: So entwickelt sich der deutsche E-Commerce-Markt

von Stephan Randler

02.12.2016

 (Bild: © Joerg Brueggemann / Ostkreuz)
Bild: © Joerg Brueggemann / Ostkreuz
Bild: © Joerg Brueggemann / Ostkreuz unter Creative Commons Lizenz
Deutsche Verbraucher werden in diesem Jahr voraussichtlich Ware im Wert von 52,3 Mrd. Euro im Internet kaufen. Das prognostiziert das Institut für Handelsforschung   (IFH) in seinem aktuellen "Branchenreport Online-Handel   ", über den die Marktbegleiter bereits seit mehreren Jahren eigene Zahlen zum deutschen Online-Markt veröffentlichen. Demnach werden deutsche Online-Händler in diesem Jahr in Summe ihren Brutto-Umsatz (inkl. MwSt.) um elf Prozent steigern. Prozentual gesehen fällt das Wachstum damit zwar schwächer aus als vor einigen Jahren, wo Zuwachsraten von über 20 Prozent üblich waren (siehe Grafik). In absoluten Zahlen ist der Zuwachs mit rund 5,3 Mrd. Euro aber dennoch höher als zuvor, da das Wachstum nun auf einem größeren Umsatzniveau stattfindet.
E-Commerce Markt Deutschland
Der deutsche Online-Markt soll 2016 erneut deutlich zulegen (Grafik: IFH Köln)
Je nach Produktkategorie entwickelt sich der deutsche E-Commerce-Markt aber unterschiedlich. So wird das aktuelle Wachstum vor allem von so genannten "Nachzüglerbranchen" getrieben, die bislang im deutschen Online-Handel erst eine untergeordnete Rolle spielen. So schwankt das Wachstum in den einzelnen Teilmärkten deutlich. Mit einem Plus von lediglich 2,6 Prozent hat sich so zum Beispiel im vergangenen Jahr 2015 das Geschäft mit Büchern kaum weiter entwickelt, während zeitgleich das Umsatzvolumen mit Gütern des täglichen Bedarfs ("Fast Moving Consumer Goods") um starke 27,6 Prozent angezogen hat - wenn auch auf einem deutlich geringeren Umsatzniveau als in etablierten Online-Kategorien wie Büchern, wo Verbraucher bereits seit Jahren viele Einkäufe online tätigen. Demnach scheint in etablierten Produktkategorien wie Büchern das Online-Potenzial aktuell bereits ausgeschöpft. Eine differenzierte Betrachtung mache aber deutlich, dass in den nächsten Jahren selbst in einigen solcher "Vorreiter-Branchen" nach wie vor ein starkes Online-Wachstum möglich sei. "Unsere Analyse zeigt, dass selbst in reifen Onlinemärkten neue Wachstumsimpulse entstehen können", verdeutlicht Hansjürgen Heinick, Senior Consultant beim Institut für Handelsforschung. "So kann zum Beispiel das bereits etablierte Online-Geschäft mit Consumer Electronics weiter anziehen, wenn Verbraucher einzelne Nachzügler-Produkte wie Elektro-Großgeräte vermehrt online kaufen."
E-Commerce-Markt Deutschland
Im vergangenen Jahr 2015 konnte vor allem das Geschäft mit Lebensmitteln stark zulegen, während es bei Büchern kaum noch Zuwächse gab (Tabelle: IFH Köln)
Dennoch dürften in den kommenden Jahren vor allem diejenigen Produktgruppen das Online-Wachstum schüren, die bislang erst begrenzt im Internet nachgefragt werden. Treiber werden daher mehr und mehr bisher weniger nachgefragte Sortimente wie Möbel, Heimwerkerbedarf oder Lebensmittel. Vor diesem Hintergrund rechnet das IFH aktuell damit, dass der Online-Umsatz bis zum Jahr 2020 ein Brutto-Volumen von 79,4 Mrd. Euro erreichen wird. Das durchschnittliche jährliche Wachstum zwischen 2015 und 2020 würde damit elf Prozent betragen, der Anteil des Online-Handels am gesamten deutschen Einzelhandel von aktuell 9,9 Prozent (2015) auf 15,2 Prozent (2020) steigen.

Drei Szenarien: So kann sich der Online-Markt entwickeln

Dennoch bleibt so eine Entwicklung in einem hohem Maße abhängig davon, wie sehr bei bislang wenig nachgefragten Sortimenten die Online-Nachfrage anzieht. Gelingt etwa bei Lebensmitteln durch neue Angebote wie "Amazon Fresh" der große Durchbruch, hat das Auswirkungen auf den ganzen Markt. E-Commerce Szenarien Möglich wäre daher sogar ein Online-Umsatz von 118 Mrd. Euro brutto im Jahr 2020, wie das IFH bereits vor einem Jahr gegenüber neuhandeln.de in Aussicht gestellt hatte   (siehe Grafik). Hier wäre aber eine zunehmende Wachstumsdynamik nötig, die ohne innovative Impulse - zum Beispiel eine Drohnenbelieferung, enge Zeitfensterbelieferung oder flexibles Umleiten von Bestellungen - laut IFH kaum realistisch ist. Unrealistisch scheint auch, dass die Dynamik im Online-Handel stark abnimmt. Denn zum einen zieht die Nachfrage bei "Nachzügler-Kategorien" bereits stark an, zum anderen gibt es in etablierten Branchen nach wie vor Potenzial - wie ja das Beispiel Elektro-Großgeräte zeigt. Am wahrscheinlichsten ist daher tatsächlich das mittlere Szenario von 70 bis 80 Mrd. Euro Brutto-Umsatz im deutschen Online-Handel im Jahr 2020. Dieser Annahme liegen langsam abnehmende Wachstumsraten zugrunde, die man bereits beobachten kann. Ein wesentlicher Teil des Wachstums resultiert aber schon alleine aus der Generationenentwicklung. Das heißt, es werden immer noch neue Käuferschichten hinzu gewonnen, und das Älterwerden verändert zugleich die Konsumgewohnheiten einer gesamten Gesellschaft. Kurzem: Das Online-Shopping wird zu einer Selbstverständlichkeit. Der IFH-Branchenreport Onlinehandel liefert Brutto-Zahlen zum deutschen Online-Handel, die sich auf Endverbraucherpreise beziehen und damit die Mehrwertsteuer enthalten. Basis der Daten sind sowohl Umsätze mit physischen Waren als auch digitalen Gütern (Software, eBooks, Musik), die deutsche Verbraucher über das Internet kaufen. Grundlage der Erhebung sind verschiedene Datenquellen wie offizielle Angaben der Anbieter sowie statistische Daten zu Handelsunternehmen und eigene Befragungen durch das IFH. Diese Vorgehensweise ermögliche eine umfassende Erhebung des Onlinehandels auf Basis weitgehend objektiver Angaben und Daten, wie das IFH Köln argumentiert.
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