Preiskampf droht: Idee+Spiel startet Online-Marktplatz
30.10.2015
Auf dem neuen Marktplatz verkaufen verschiedene Händler (Bild: Screenshot)
Händler entscheiden dabei selbstständig, welche Artikel zu welchen Preisen sie auf dem Online-Marktplatz anbieten. Den Online-Marktplatz selbst bewirbt wiederum die Gruppe zentral über Marketing-Maßnahmen wie AdWords. Um den Betrieb und die Vermarktung des Portals zu finanzieren, wird die Gruppe an den Online-Umsätzen der Händler beteiligt. Punkten will die Gruppe gegenüber Online-Konkurrenten wie myToys oder Amazon vor allem mit Nähe. So können sich die teilnehmenden Händler auf dem Online-Marktplatz mit Fotos und Informationen zu ihrem Geschäft präsentieren, um sich gegenüber möglichen Kunden als kompetenter Ansprechpartner zu positionieren (Beispiel: Eisen-Rupp aus Schifferstadt ). Zusätzlich sollen regionale Angebote auf dem Portal bevorzugt gelistet werden. Die Idee: Wenn Kunden nach einem Produkt suchen, bekommt sie zuerst einen passenden Artikel von einem Händler in ihrer Nähe angezeigt. Theoretisch. Denn in der Praxis klemmt es bisweilen noch. So erhalte ich bei der Suche nach diesem Playmobil-Piratenschiff als ersten Treffer ein Angebot eines Händlers aus Simbach, der stolze 330 Kilometer von mir entfernt ist. Das Angebot eines näheren Anbieters in Karlsbad (ca. 80 Kilometer entfernt) erscheint dagegen weiter unten.3 Fallstricke: Woran es hakt und was und andere Gruppen besser machen
Solche Kinderkrankheiten sollte die Gruppe noch in den Griff bekommen, wenn sie online mit regionaler Nähe punkten will. Doch selbst wenn die regionale Listung funktioniert, steht das Marktplatz-Modell wohl vor einer ungewissen Zukunft. Denn strategisch gesehen krankt das Marktplatz-Konzept von Idee+Spiel aus meiner Sicht gleich an drei zentralen Stellen:- Preiskampf unter Mitgliedern droht Wenn der Kunde ein Produkt sucht, kann er unter den Angeboten verschiedener Händler wählen. Hier unterscheiden sich aber nicht nur die Produktpreise, sondern auch die Versandkosten - manche Händler berechnen Porto, andere nicht. Der Kunde kann nun einfach das günstigste Angebot wählen, bei dem er im Idealfall auch die Versandkosten spart. Möglicherweise ist es manchen Kunden etwas wert, wenn sie mit einem Kauf ihren Händler vor Ort unterstützen können und der Preis eine untergeordnete Rolle spielt. Meine Prognose wäre aber, dass Online-Kunden vor allem auf den Preis achten - denn die Transparenz im Web macht anderen Händlern ja zunehmend zu schaffen. Auf dem Marktplatz punktet daher wohl der günstigste Anbieter, die Händler der Gruppe geraten in einen Preiswettbewerb und machen sich online selbst das Leben schwer - obwohl sie vor Ort andere Einzugsgebiete haben und sich dort nicht in die Quere kommen.
- Das Marktplatz-Modell kann Händler überfordern Gut gelöst am neuen Online-Marktplatz ist zunächst, dass die Gruppe sich zentral um die Vermarktung der Website kümmert. Damit brauchen sich die teilnehmenden Händler nicht damit zu beschäftigen, wie beispielsweise ihr Angebot bei Suchanfragen gut bei Google gelistet wird. Händler müssen zudem nicht selbst in das Online-Marketing investieren, was sicherlich die Akzeptanz für so ein Modell erhöhen kann. Die Gruppe bietet für ihre Mitglieder zudem Schulungen an und stellt Produktdaten zur Verfügung. Trotzdem bleibt jeder einzelne Händler natürlich selbst dafür verantwortlich, dass er Produkte auf dem Online-Marktplatz einstellt, richtig verpackt und rechtzeitig an seine Kunden verschickt. Die Erfahrung lehrt nun aber leider, dass klassische Einzelhändler mit diesen zusätzlichen Aufgaben schnell an ihre Grenzen kommen. Kein Wunder. Denn was ein Onlinehändler während der Arbeitszeit macht, muss der lokale Einzelhändler nach seiner Arbeitszeit tun. Aus diesem Grund sind auch viele lokale Marktplätze zum Scheitern verurteilt , über die regionale Einzelhändler im Internet verkaufen sollen.
- Online-Konkurrenz hat sich bereits etabliert Nach einer Studie vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) konnten deutsche Online-Pureplayer zuletzt immer mehr Marktanteile am Spielwarenhandel erobern (siehe Grafik unten). Das zeigt zum einen, dass es eine steigende Nachfrage nach Spielwaren im Netz gibt und der Einstieg von Idee+Spiel daher grundsätzlich nicht verkehrt ist. Die Zahlen verdeutlichen aber auch, dass bereits viel Geschäft im Internet gemacht wird. Die zentrale Frage bleibt daher, warum Kunden nun bei Idee+Spiel bestellen sollten, wenn sie Produkte wie das Playmobil-Piratenschiff eben auch bei anderen Online-Händlern bekommen , die sich nun schon über Jahre etablieren konnten. Der größte Trumpf ist sicher die etablierte Marke, die viele Kunden aus dem stationären Handel kennen dürften und dadurch Vertrauen schaffen sollte. Doch genau hier droht auch ein Fallstrick. Denn vielen Kunden dürfte gar nicht bewusst sein, dass die Marke zu einer Gruppe gehört, in der einzelne Händler organisiert sind. Kunden dürften sich daher prinzipiell wundern, warum überhaupt ein Produkt plötzlich zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird.
Im Spielwarengeschäft konnten Online-Händler stark wachsen (Quelle: IFH Köln)
Verbesserungspotenzial gibt es natürlich auch hier . So orientieren sich die Online-Preise der Intersport-Tochter am UVP der Hersteller, was zwar einem Preiskampf vorbeugt, für Kunden aber auch nicht immer attraktiv sein dürfte. Das Intersport-Modell stößt zudem an seine Grenzen, wenn Kunden die Ware online bei ihrem Händler zur Abholung reservieren. Dann erfährt der Kunde nämlich, dass der Preis des Händlers vor Ort von dem Angebot der ECommerce-Tochter abweichen kann - schließlich handelt es sich um zwei unterschiedliche Anbieter. Und wenn der Kunde nachher im Ladengeschäft auf einmal mehr bezahlen muss als im Online-Shop, dürfte das künftig auch nicht gerade die Online-Nachfrage schüren.Basis
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