Individualisierung im Katalogmarketing
20.05.2020 Versandhändler, die in ihrem Marketing auf Kataloge setzen, können über Individualisierungsbausteine ihre Kunden persönlich abholen und die Wirkung ihres Katalogs enorm steigern.
Allerdings ließen sich bislang ausschließlich Online-Medien in großen Mengen individualisieren. Für Print galten dagegen die Regeln konventioneller Massenkommunikation. Doch die Lage hat sich gewandelt: Dank neuer Druckverfahren wie dem High-Speed-Inkjet spielt es kaum noch eine Rolle, ob ein Prospekt - wie bisher - nach einer fixen Vorlage gedruckt wird, oder ob 40.000 Unikate entstehen.
Damit haben sich die Regeln grundlegend geändert: "Auch in Print besteht die Kunst inzwischen darin, eine maßgeschneiderte Kommunikation anzubieten", stellt Johannes van de Loo , Chef des Rheinbergers Beratungsunternehmens Smartcom , fest. Seine Firma ist als Individualisierungs- und Prozessspezialist für Kundenkommunikation ganz besonders auf die Anforderungen im Bereich des Programmatic Printing ausgerichtet. Das Portfolio reicht von der Strategieberatung bis zur Realisierung der operativen Umsetzung.
Renaissance des Print-Katalogs
Für Digitalmarketer bietet sich die Chance, ihre Kommunikation auf einen neuen Kanal auszudehnen. Die Technik ist bereits erprobt: Modeversender triggern ihre Kunden regelmäßig über Print-Mailings in fünfstelligen Auflagen, verschicken dabei aber keinen Standardprospekt, sondern produzieren für jeden Kunden eine individuelle Version. Dabei werden nicht nur die Produkte ausgetauscht und an die Interessen der Kunden angepasst. Auch die Testamonials, die Stiltypen, die gesamte Kundensprache ändert sich. Ob elegant, sportiv, casual oder alternativ - jeder Kunde erhält ein Mailing, das genau ihn anspricht. Die Quellinformation liefert dabei die Recommendation Engine und die CRM-Informationen, das Bestell- und Besuchsverhalten auf der Website.
Es ist naheliegend, dass die Besteller sich so besser angesprochen fühlen. Individualisierte Kataloge können aber auch ganz direkte Auswirkungen auf den Umsatz haben. Der Büromöbel-Spezialist SSI Schäfer Shop
etwa hat - wie viele B2B-Händler - individuelle Rahmenverträge mit seinen Kunden abgeschlossen. Aufgrund der ausgehandelten Rabatte sind die Preise zwischen den Kunden daher nicht vergleichbar. Durch den dynamischen Druckprozess ist es für den Händler möglich, für jeden Kunden einen individuellen Prospekt zu erzeugen, der genau die für ihn gültigen Preise enthält. Verkaufsfördernder Effekt: Die Kunden sehen nicht mehr einen unnötig hohen Preis, von dem sie erst ihren Rabatt abziehen müssen. In der Folge steigt die Conversion-Rate.
Elemente des Dynamic Print Publishing |
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Die wichtigsten Variablen der dynamischen Katalogproduktion 1. Dynamische InhalteDie Inhalte werden an die individuellen Bedürfnisse, Interessen und Absichten der Kunden angepasst. Jeder Katalog ist ein Unikat.2. Dynamisches LayoutSmarte Algorithmen passen das Layout des Katalogs dynamisch an die präsentierten Inhalte an. Hochformatige Highlights erfordern ein anderes Layout als querformatige.3. Dynamischer ZustellzeitpunktSelbst wenn große Kundengruppen angesprochen werden sollen, ist es nicht notwendig, die Kataloge zentralisiert zu verschicken. Individuelle Trigger und Gewohnheiten lassen sich problemlos nutzen. |
Direkte Ansprache, direkter Response
Aber mehr noch: SSI Schäfer Shop kann sich auch bei der Kataloggestaltung an den Vorlieben der Kunden orientieren. Sie wird je nach Interessenlage und Bestellverhalten angepasst, relevante Produkte werden an den Highlight-Positionen platziert. Dazu müssen nicht unbedingt komplett unterschiedliche Produkte oder Sortimente gezeigt werden. Häufig genügt es schon, die Reihenfolge, Größe und Positionierung zu variieren. "Jeder Katalog hat aufmerksamkeitsstärkere und -schwächere Stellen", sagt van de Loo. "Selbst wenn nur ausgewählte Positionen individualisiert werden, kann dies erheblichen Einfluss auf die Conversion haben."Klar: Manche Betriebe haben eben keinerlei Bedarf an Sackkarren oder Packtischen - bei anderen gehören genau diese Produkte zu den am meisten georderten. Der lederbezogene Bürodrehstuhl wäre dagegen dort als Wochen-Highlight verschenkter Raum.
Um solche Erkenntnisse zu nutzen, müssen nicht immer unbedingt detaillierte CRM-Informationen vorliegen. Selbst die Information, dass keine Informationen vorhanden sind, lässt sich nutzen, erklärt van de Loo. So kann bei Neukunden das Layout beispielsweise kleinteiliger angelegt werden, um mehr Produkte - und damit mehr Kaufanreize - zu präsentieren. Kunden, die wohlbekannt sind, erhalten dagegen zielgerichtet ausgewählte Ideen, die aber größer und prominenter dargestellt werden können.
Selbst wenn nur die Anschrift bekannt ist und keine weiteren Daten vorliegen, kann eine Vornamensanalyse nicht nur auf das Geschlecht, sondern auch auf das ungefähre Alter der Kunden schließen. Der Wohnort lässt sich zur Lokalisierung und für die Erstellung soziodemografischer Annahmen nutzen. "Allein mit diesen Angaben lässt sich der Rücklauf auf Mailings erheblich - im deutlich zweistelligen Prozentbereich - steigern", weiß van de Loo. Vorteil dieser Informationen: Sie sind frei zugänglich und unterliegen nicht den Restriktionen komplizierter Datenschutzbestimmungen. Jeder kann sie nutzen.
Geschmacksfragen genau treffen
Auf die Spitze getrieben hat das Individualiserungs-Konzept der B2B-Anbieter Prima Food . Das Unternehmen beliefert Gastro-Betriebe und Caterer mit Lebensmitteln und Kochutensilien. Mit einer monatlichen Printwerbung aktiviert das Unternehmen in dem stark umkämpften Markt seine Kunden. Zunächst setzte das Unternehmen wie alle Mitbewerber auf das klassische Vorgehen: Sorgfältig ausgewählte Highlightprodukte bildeten den Blickfang, Nischenangebote, weniger gefragte Produkte, aber auch Standards wie Speiseöl wurden auf den weniger prominenten Plätzen gezeigt.Allerdings erkannten die Macher, dass sie mit dieser Gießkannenmethode an ihre Grenzen stoßen. Das Problem: Die Ansprüche der belieferten Betriebe unterscheiden sich zu sehr. Die Restaurants sind regional spezialisiert, sprechen verschiedene Preissegmente an, unterscheiden sich im kulinarischen Stil und Konzept, sind vegan oder vegetarisch und haben ganz pragmatische Anforderungen, was Frische oder Haltbarkeit anbelangt. Sprich: Die Zielgruppe ist von der Pommes-Bude bis zum Hipster-Lokal breit gefächert.
Trotzdem wollte Prima Food vermeiden, die Kunden in verschiedene Gruppen (a la Gourmet, modern Kitchen, Fastfood, Caterer etc.) zu segmentieren und diese mittels speziell zugeschnittener Spezialkataloge anzusprechen. Zu groß wäre die Gefahr, dass sich die Kunden in diesen Schablonen nicht wiederfinden. Denn wer sagt denn, dass ein Lokal mit vorwiegend bürgerlicher Küche keinen Bedarf an veganen Gerichten hat?
Die Chancen von Macro- und Micro-Individualisierung
Gemeinsam mit dem Dynamic Print Publishing-Dienstleister Smartcom entschloss sich Prima Food daher, die Kataloge komplett dynamisch zu generieren. Dazu hat der Dienstleister eine spezielle Kombination von Macro- und Micro-Individualisierung entwickelt:- Macro-Individualisierung: Zunächst wird die Kundschaft nach besonders wichtigen Unterscheidungsmerkmalen segmentiert. Bei Prima Food ist dies beispielsweise der Unternehmenssitz beziehungsweise Zustellort, der in der Titelgestaltung aufgegriffen wird. Auch bei der Ausrichtung lässt sich unterscheiden, ob es sich um vegetarische oder carnivore Konzepte handelt. In einem anderen Beispiel könnte ein Zoo-Versand nach Hunde- oder Katzenbesitzer unterscheiden.
- Micro-Individualisierung: Nun werden die geclusterten Kundendaten auf einer Microebene individualisiert. So werden die Highlights je nach Bestellhistorie unterschiedlich gewichtet. Ob Hühnchenbruststreifen oder bayerische Surhaxe besonders hervorgehoben werden, entscheidet die Software anhand der Bestellhistorie. Smoothie-Bar und vegetarischer Mittagsimbiss finden in ihren Prospekten natürlich Obst und Gemüse-Highlights - aber auch diese in unterschiedlicher Gewichtung. Eine Pommes-Bude oder ein Take-away findet die auf ihn zugeschnittenen Artikel in größerer Hervorhebung.
"Auf diese Weise entstehen dynamische Themenwelten, die sehr genau zu den Bedürfnissen der Kunden passen", erklärt van de Loo. "Macro- und Micro-Individualisierung wachsen zusammen." Viele Unternehmen neigen dazu, sich vor allem auf die unkompliziertere Macro-Individualisierung zu beschränken. Damit lässt sich bereits viel erreichen. "Der beste Ansatz besteht aber darin, Macro-Informationen über die Zielgruppen mit den vorhandenen Micro-Informationen aus der CRM- und Kundendatenbank zu verbinden."
Im Ergebnis wird dann für jeden Empfänger ein Unikat erzeugt. Es werden - um ein anderes Beispiel zu bemühen - nicht nur gezielt Hunde- und Katzenbesitzer angesprochen. Stattdessen wird zusätzlich berücksichtigt , ob es sich um den achtjährigen Schoßhund einer älteren Dame oder den zweijährigen Tobehund einer jungen Familie handelt. Van de Loo: "Der Kunde findet sich darin viel besser wieder, die Konversion steigt spürbar." Der Erfolg dieser Strategie lässt sich leicht in Zahlen messen: Derartige Cases, die Smartcom in der Gastro-Branche umsetzt, verzeichnen eine Steigerung des Werbeumsatzes um bis zu 21 Prozent.
Die Technik steht bereit
Viele Unternehmen sind sich der neuen Möglichkeiten noch gar nicht bewusst. "Print wird derzeit ganz neu gedacht", beobachtet van de Loo. "Analoge und digitale Medien verschmelzen miteinander, die bisherigen Regeln der Print-Welt werden außer Kraft gesetzt und um die Möglichkeiten der digitalen Welt ergänzt.". Für viele Unternehmen bedeutet das aber zunächst eine neue Herausforderung. Denn: Sie kommen entweder aus der digitalen oder aus der analogen Welt. Bedeutet: Die jeweils andere Welt ist ihnen fremd.- Online-Marketer verfügen in der Regel über gut aufbereitete Daten, kennen sich mit Customer Journeys aus, wissen um Individualisierung und Personalisierung sowie Conversion-Optimierung. Fremd sind ihnen dagegen Themen wie die Eigenheiten von Porto und Versand, die Anforderungen eines Lettershops an Druckvorlagen sowie Besonderheiten bei der Gestaltung von Printmedien - etwa der Blickverlauf, die Haptik oder Falt- und Herstellungstechniken.
- Print-Spezialisten wissen um diese Besonderheiten aus dem Effeff. Sind aber meist weniger vertraut mit CRM-Systemen, Marketing-Automatisierung, Recommendation-Engines und der Auswertung umfangreicher Analytics Daten.
Programmatic Printing ist daher meist für alle Beteiligten Neuland, der Beratungsbedarf ist entsprechend hoch. Allerdings ist das bei weitem kein Grund, die Flinte voreilig ins Korn zu werfen. Denn fast immer kann mit einem einfachen und pragmatischen Vorgehen sehr schnell, sehr viel gewonnen werden. Der Idealkunde, der seine Produktdaten medienneutral in einem PIM speichert, Preise und Rabatte aus dem ERP-System abrufen kann und zudem eine zentrale CRM-Datenbank mit ausgefeilter Analytics pflegt, ist in der freien Wildbahn zwar noch immer eine Rarität. "Gerade deshalb haben wir aber gelernt, auch mit einfachen Mitteln viel zu erreichen", sagt Berater van de Loo. "Wir schreiben dann eben ein Script, dass Produktdaten aus dem Webshop crawlen kann oder Rabattstaffeln dem Online-Konto entnimmt." Oder wie der Bayer sagt: A bissl was geht immer.
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