Produktpiraterie

Klonen Temu-Anbieter Amazon-Angebote?

von Susanne Broll

20.07.2023 Aktuell arbeitet der chinesische ECommerce-Anbieter Temu massiv daran, seine Marktpräsenz in Europa auszubauen. Gegründet wurde der Konzern im vergangenen Jahr in den USA. Dort häufen sich aktuell Klagen von Amazon-Händlern über Urheberrechtsverletzungen.

 (Bild: Whaleco Technology Limited)
Bild: Whaleco Technology Limited
"Mehr sparen, mehr Freude" verspricht der chinesische E-Retailer Temu   auf seiner Homepage und lockt deutsche KundInnen mit den "günstigsten Qualitätsprodukten aus aller Welt". Dass die Billigangebote durchaus auf Resonanz stoßen, zeigt eine aktuelle Studie aus Großbritannien   . Obwohl Temu dort erst seit April 2023 präsent ist, verzeichnete das Unternehmen innerhalb eines Monats bereits rund 3,5 Millionen NutzerInnen pro Tag.

Doch wie sind die versprochene Qualität und die angebotenen Billigpreise vereinbar? Temu schreibt auf seiner Homepage, dass die Hersteller dem E-Retailer aufgrund seiner Größe die besten Preise bieten würden. Um gleich danach zu betonen, dass man eine "Null-Toleranz-Politik gegen Fälschungen" verfolgen und "hohe Strafen gegen Rechtsverletzer" verhängen würde.

In den USA ist Temu bereits etwas länger tätig. Dort wurde das Unternehmen im September 2022 in Boston eingeführt. Das amerikanische Magazin Wired schreibt   , dass sich in den USA aktuell Klagen gegen Temu wegen Urheberrechtsverletzungen häufen. Temu-VerkäuferInnen sollen angeblich Produkte von Amazon-AnbieterInnen kopiert, sowie Produktbilder und Beschreibungen geklaut und verwendet haben. Auch chinesische Händler sind von der Produktpiraterie betroffen. Ein chinesischer Händler für Kunsthandwerk berichtet beispielsweise, dass er auf Temu zwei Produkte fand, die identisch mit seinen Bestsellern waren, versehen mit den gleichen Beschreibungen und Fotos. Auch die gleichen Keywords wurden verwendet. Der Händler lässt seine Produkte von einem Schweizer Unternehmen prüfen und zertifizieren - auch diese Zertifikate wurden bei Temu aufgeführt. Beide Produkte wurden 30 Prozent günstiger angeboten. Für den Händler scheint dies konkrete materielle Folgen zu haben. Er verzeichnete im letzten Monat einen Umsatzeinbruch um 20 Prozent - kann allerdings nicht belegen, ob dies auf die Temu-Angebote zurückzuführen ist. Andere Händler berichten von ähnlichen Erfahrungen. Temu bezog bislang gegenüber dem Magazin keine Stellung zu den Vorwürfen.

Doch wie können betroffene Händler sich gegen Produktpiraterie wehren? Vielen ist der Aufwand zu hoch, selbst aktiv zu werden und sie hoffen, dass Amazon etwas dagegen unternimmt. Eine Amazon-Sprecherin rät betroffenen HändlerInnen, die jeweilige Behörde für Fälschungssicherheit zu informieren. Temu selbst scheint wenig gegen die Vorwürfe zu unternehmen. Ein Händler berichtete Wired, dass er mehrfach Beschwerde bei Temu wegen Urheberrechtsverletzungen eingereicht hätte. Das Unternehmen habe daraufhin lediglich geantwortet, dass es sein Urheberrecht nicht überprüfen könne (obwohl der Händler eine eingetragene Marke besitzt) und weitere Informationen benötige. Weiter passierte nichts, die betroffenen Produkte und Daten sind immer noch auf der Temu-Homepage verfügbar.

Laut den Recherchen von Wired verkaufen auf Temu selbstständige Unternehmen, die ihre Produkte meist von Herstellern aus China beziehen. Beim Markteinstieg in den USA soll Temu VerkäuferInnen in der eigenen Lieferkette unter Druck gesetzt haben, um die Preise der Konkurrenz zu unterbieten.

Wie sich die Situation in Europa und auch in Deutschland entwickelt, bleibt abzuwarten. Gerade erst haben die chinesischen Onlinehändler Shein   , Temu und Alibaba   eine Offensive gestartet   , um in Europa weitere Marktanteile zu erobern. Shein will beispielsweise bald auch fremde Marken auf seine Plattform aufnehmen und wie Amazon zum Marktplatz werden.
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