Virtuelle Realität

Metaversum aus Verbrauchersicht: Mehr Hype als Megatrend

von Frauke Schobelt

04.04.2022 Die Begeisterung der Bundesbürger für das Metaversum hält sich in Grenzen. Interesse, Nutzung und Kaufbereitschaft sind einer Studie zufolge noch sehr überschaubar.

 (Bild: CaponDesign/Pixabay)
Bild: CaponDesign/Pixabay
Dies ist das Fazit des 'Trendmonitors Deutschland', für den das Marktforschungsinstitut Nordlight Research   die Potenziale von Metaversum, Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) aus Verbrauchersicht untersucht hat. 1000 BundesbürgerInnen ab 14 Jahren wurden dafür befragt.

Demnach können die meisten der Befragten den Zukunftsversprechen des "Metaversum" bisher nur wenig abgewinnen. Auch bestehende Angebote der virtuellen und erweiterten Realität (VR/AR) stoßen bislang auf eher wenig Interesse, auch Nutzung und Kaufbereitschaft sind nach wie vor sehr überschaubar. Daran hätten auch der erzwungene soziale Rückzug in Corona-Zeiten oder die Umbenennung von Facebook in "Meta" nur wenig verändert. Für Anbieter von VR und AR im Consumerbereich sehen die Studienautoren in der näheren Zukunft jedoch durchaus "interessante Experimentierfelder" und Entwicklungspotenziale - wenn auch begrenzt. Denn eine massenhafte Lust oder Bereitschaft der Konsumenten, räumlich erlebbare und vernetzte Online-Parallelwelten zu nutzen, sei in Deutschland nicht erkennbar.

VR-Billen: Kein Kaufboom in Sicht

Aktuell besitzen sechs Prozent der deutschen Verbraucher eine Virtual-Reality-Brille (2018: ebenfalls 6 Prozent). Nur jeder dritte Besitzer nutzt diese einmal pro Woche oder häufiger (2 Prozent); vornehmlich zum Spielen und zur Unterhaltung. Jeder vierte Besitzer nutzt seine VR-Brille hingegen seltener als einmal pro Monat oder auch gar nicht mehr. Hochentwickelte und autarke VR-Brillen (ohne Einsatz von Smartphones als Display) kommen aktuell auf eine Verbreitung von zwei Prozent. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Nutzer in VR-Umgebungen liegt bei rund 60 Minuten. Das generelle Kaufinteresse an VR-Brillen für die nähere Zukunft liegt bei drei bis vier Prozent. Im Vergleich zu 2018 zeigt sich auch hier kaum Bewegung. Ein von Corona oder von anderen Faktoren getriebener "Kaufboom" lässt sich nicht feststellen.

Profile der VR-Nutzer: Männlich und Gamer

Bei den aktuellen Nutzern von VR-Brillen handelt es sich überwiegend um Männer (63 Prozent) im jungen und mittleren Lebensalter (80 Prozent sind unter 50 Jahre), um technikaffine "Early Adopter" sowie um "Gamer". Menschen aus Single-Haushalten sind - entgegen mancher Vorurteile - unter VR-Nutzern hingegen unterrepräsentiert (13 Prozent).

VR-Brillen-Anbietermarken: Bekanntheit, Präferenz und Nutzung


Spitzenreiter der Top 5 unter den bekanntesten Herstellermarken von VR-Brillen sind:
  • Sony (48 Prozent gestützte Bekanntheit; PlayStation VR)
  • Samsung (47 Prozent; Gear VR)
  • Google (28 Prozent; Daydream View)
  • Lenovo (21 Prozent; Mirage Solo)
  • Oculus (19 Prozent; Quest; Marke zum Meta-Konzern gehörig; Modellbezeichnung mittlerweile Meta Quest).
Ein Drittel der Verbraucher (36 Prozent) kann keine ihnen bekannte Herstellermarke von VR-Brillen angeben. Beim möglichen zukünftigen Kauf einer VR-Brille präferieren die Befragten aktuell Samsung, Sony und Oculus/Meta. Im Bereich Augmented Reality (AR) lassen sich aufgrund des hierzulande noch kaum vorhandenen Angebots derzeit noch keine verlässlichen Aussagen treffen.

Allgemeine Neugier an VR und "Metaversum" vorhanden, aber beschränkt

Das allgemeine Interesse am Thema "Virtuelle Realität" (VR) schätzt jeder vierte Verbraucher (24 Prozent) für sich als "hoch" ein. Rund jeder Zweite (47 Prozent) hingegen als "niedrig". Im Bereich "Augmented Reality" (AR) fällt das Grundinteresse ähnlich aus: 23 Prozent schätzen ihr Interesse als "hoch" ein, 48 Prozent als "niedrig". Die mögliche zukünftige Nutzung eines "Metaversum" ist für jeden fünften Bundesbürger (19 Prozent) in nennenswertem Maße zumindest vorstellbar. Die Mehrheit der Bundesbürger (57 Prozent) zeigt sich jedoch daran kaum oder gar nicht interessiert.

"Produkte und Anwendungen im Bereich VR und AR werden voraussichtlich auf absehbare Zeit noch Nischencharakter haben und Experimentierfelder bleiben", sagt Jessica Ruiz Ribota, Studienleiterin bei Nordlight Research. "Zugleich wird der Positionierungswettbewerb der Hardware-Hersteller und Software-Entwickler um relevante Marktanteile zunehmen. Ebenso wie der Kampf um die Plattformen, die einen Zugang in vernetzte virtuelle Räume und Ökosysteme ermöglichen."

Interessanteste VR-Anwendungen aus Verbrauchersicht

Zu den von den Verbrauchern am stärksten favorisierten VR-Anwendungen zählen vor allem virtuelle Einrichtungsplanung oder virtuelle Planung von Immobilien, 3D-Unterhaltung wie Filme oder Spiele, virtuelle Ausflüge und Events (bspw. Konzerte, Sportveranstaltungen, Ausstellungen). Das Interesse an Virtual Shopping (Einkaufen in begehbaren VR-Shops), virtuellen Beratungsgespräche oder Gesundheit (virtuelle Arztbesuche) ist deutlich geringer ausgeprägt (durchschnittlich zehn Prozent der Verbraucher bewerten diese als "sehr interessant").

"Motion Sickness" unter VR-Nutzern weit verbreitet

Was die Akzeptanz auch ausbremst: Drei Viertel (76 Prozent) der aktuellen Nutzer von VR-Brillen geben an, in VR-Anwendungsumgebungen zumindest teilweise von "Motion Sickness" betroffen zu sein (sog. "Cyberkrankheit"). Jeder Vierte sogar in stärkerem Maße. Negative Körperreaktionen sind Magenverstimmungen, Kopfschmerzen, kalter Schweiß und Schwindel, bis hin zu Übelkeit, Erbrechen und Gleichgewichtsstörungen. Abhängig ist das Maß an "Motion Sickness" (neben rein individuellen Faktoren) u.a. von der Aufenthaltsdauer in VR-Räumen, von der Nutzungsweise (sitzend, stehend, liegend) sowie nicht zuletzt auch von Gestaltungsmerkmalen der virtuellen Realität.

Fazit und Ausblick: Kein Anzeichen eines "Megatrends"

Laut der Studienautoren ist noch völlig offen, ob VR, AR und das "Metaversum" im normalen Lebensalltag der Verbraucher tatsächlich einmal eine breite und umfassendere Bedeutung gewinnen werden. Ein "Megatrend" sei derzeit im Consumer Bereich nicht auszumachen. Möglich wäre ihnen zufolge auch ein ähnliches Schicksal wie das von "Second Life" zu Beginn der 2000er Jahre. Weitgehend ungeklärt bleibe eine grundlegende Frage: "Warum sollten sich immer mehr normale Menschen, in immer größerem zeitlichen Umfang, freiwillig und mit Begeisterung in virtuelle Erlebnisräume begeben? Warum (und mit welchem Ziel) sollten sie dort - und nicht primär jenseits davon - interagieren, einkaufen, arbeiten, sich amüsieren etc.?" Thomas Donath, Geschäftsführer bei Nordlight Research, rät deshalb, die Chancen und Grenzen von Metaversum, VR und AR mit Offenheit aber auch der gebotenen Nüchternheit zu betrachtet. "Experimentierfreude ist gut und kann sich lohnen. Hypes einfach blind nachzulaufen, kann aber schnell auch in die Irre bzw. Sackgasse führen."
Preview von Infografik - Metaversum und Virtuelle Realität aus Verbrauchersicht

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