Kampf der Giganten: Amazon legt sich mit Visa an

von Frauke Schobelt

23.11.2021 Paukenschlag in Großbritannien: Nachdem Visa eine Gebührenerhöhung ankündigte, teilte Amazon mit, die Kreditkarten des Partners nicht mehr für den Zahlungsvorgang akzeptieren zu wollen. Damit könnte der Onlineriese einen Preiskampf im Payment-Segment anzetteln, urteilen Branchenexperten.

Auseinandergelebt: Szene aus dem aktuellen Amazon-Weihnachtsspot. (Bild: Amazon UK Screenshot)
Bild: Amazon UK Screenshot
Auseinandergelebt: Szene aus dem aktuellen Amazon-Weihnachtsspot.
ECommerce-Anbieter und Zahlungsdienstleister arbeiten in der Regel eng zusammen und verdienen glänzend daran. Doch im Vereinigten Königreich zeigt diese Symbiose nun Risse: Platzhirsch Amazon UK   hat mitgeteilt, ab dem 19. Januar 2022 die Kreditkarten von Payment-Partner Visa   nicht mehr für den Zahlungsvorgang akzeptieren zu wollen. Darüber berichtet unter anderem die BBC   . Der Konzern begründete den Schritt mit "ungeheuerlichen Preiserhöhungen" von Visa für Kreditkartentransaktionen. Amazon beklagt, dass aufgrund des technologischen Fortschritts diese Kosten im Laufe der Zeit eigentlich sinken sollten, "aber stattdessen bleiben sie weiterhin hoch oder steigen sogar".

Visa-Debitkarten will Amazon aber weiterhin akzeptieren. Der Konzern bietet zudem Prime-KundInnen 20 Pfund, die von Visa auf eine alternative Zahlungsmethode umsteigen, und 10 Pfund für andere Kunden, wenn sie eine Visa-Karte als Standard- oder einzige Zahlungsmethode in ihrem Konto nutzen. In einer Erklärung zeigte sich Visa "sehr enttäuscht darüber, dass Amazon droht, die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher in Zukunft einzuschränken." Dabei gewinne niemand.

Dominanz der Kreditkartengeber schwindet

Ein gewagter Schritt, urteilen auch Branchenbeobachter, da Visa im britischen Markt eine dominierende Stellung innehat. Amazon drohe nun eine steigende Quote an Kaufabbrüchen. Hintergrund könnte ein beginnender Preiskampf im E-Commerce sein und ein Test, inwieweit man Zahlungsdienstleister in ihrer Preispolitik drücken kann. So plant etwa Amazon, die Plattform auch für PayPal Services zu öffnen. Der Onlineriese kämpft außerdem ebenso wie Facebook darum, einen größeren Teil der Zahlungen über eigene Netzwerke abzuschließen.

Dazu Paymentsexperte Bernd Richter von FIS Impact Ventures   : "Der Gebührenzwist zwischen Visa und Amazon ist ein Fingerzeig für die Branche. Die gewaltigen Margen von Mastercard, Visa und Co. wecken Begehrlichkeiten der großen Plattformplayer." Richter glaubt, dass diese Entwicklung an Fahrt gewinnen kann. "Es wird versucht werden, Gebühren zu drücken. Der Bereich Zahlungsverkehr ist zunehmend fragmentiert, immer mehr Wettbewerber spielen eine relevante Rolle, man denke nur an den wachsenden Bereich Buy now pay later. Auch mit der PSD2 als alternativen Zahlungsmechanismus werden neue Möglichkeiten entstehen. Damit schwindet die Dominanz der Kreditkartenunternehmen."

Auch für Ralf Gladis , Geschäftsführer von Zahlungsdienstleister Computop   , sieht die Ankündigung von Amazon "nach einem wohlkalkulierten Konflikt aus". Denn: "Wer wäre besser geeignet, Visa herauszufordern, als ein anderer Gigant wie Amazon?" Der Payment-Experte findet es gut, dass das Thema Kreditkartengebühren in der Branchenöffentlichkeit diskutiert wird, "aber es sollte nicht dazu führen, dass Amazon jetzt nur für sich Sonderkonditionen heraushandelt, vielmehr sollte die ganze Branche etwas davon haben." Kreditkarten spielten im Payment-Markt immer noch eine wichtige Rolle: "Kein anderes Zahlungsmittel ist so global verwendbar und in so vielen Branchen etabliert wie die Kreditkarte. Auch die Akzeptanz- und Issuing-Netzwerke sind so umfassend wie sonst nirgends, das hat eine große Bedeutung für Händler wie für Konsumenten. Debitkarten sind in den nächsten 5 bis 10 Jahren noch kein adäquater Ersatz, da die globalen Standards fehlen."

Laut BBC lehnte es Amazon ab, mitzuteilen, wie viel Visa dem Einzelhändler für die Bearbeitung von Kreditkartentransaktionen in Rechnung stellt. Auch Visa wollte sich dazu nicht äußern, behauptete aber, dass es im Durchschnitt weniger als 0,1 Prozent des Wertes eines Einkaufs verlangt.
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