Möbelbranche fremdelt immer noch mit E-Commerce

von Susan Rönisch

13.09.2021 Laut aktueller bevh-Zahlen zählte das Segment "Möbel und Einrichten" 2020 mit Gesamtumsätzen in Höhe von über 5,4 Milliarden Euro zu den wachstumsstärksten Warengruppen. Und dieser Aufwärtstrend soll sich in den kommenden Jahren mit einem Umsatzplus von jährlich 15 Prozent fortsetzen.

 (Bild: Pixabay/ Newhouse)
Bild: Pixabay/ Newhouse
Dennoch tun sich viele deutsche Möbelhändler und -hersteller schwer damit, ihre Produkte auch über digitale Kanäle zu vertreiben. Investiert wird weiterhin lieber in Fläche als in die Digitalkompetenz. Es fehlt an Zuständigkeiten und Know-how.

Die ECommerce-Agentur Shopmacher   hat im Vorfeld der Möbelmesse MOW   den Digitalisierungsstatus der MöbelBranche untersucht. Dazu wurden im Mai und Juni 2021 knapp 30 Verantwortliche von Unternehmen aus der deutschen Möbelbranche in ca. 50-minütigen Experteninterviews zum Status Quo der Digitalisierung in ihren Unternehmen befragt.

Die eigene Digitalstrategie ist gerade mal "befriedigend"

Das Ergebnis zeigt noch Luft nach oben: Müssten deutsche Möbelhändler und Hersteller ihre eigene Digitalisierungsstrategie bewerten, würden sie sich die Note 3,1 geben. Den Notendurchschnitt drücken aber vor allem die Teilnehmer nach unten, die im Web selbst noch nicht sehr aktiv sind und keinen eigenen Online-Shop betreiben. Wer einen Webshop hat, bewertet ihn mit der Durchschnittsnote 2,3.

Preview von Möbelhandel Deutschland E-Commerce 2021
Deutsche Möbelhändler und -hersteller fremdeln noch immer mit dem E-Commerce.

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Knapp 40 Prozent der Befragten gaben als ihre größte Errungenschaft im Bereich der Digitalisierung den Einsatz digitaler Lösungen im Bereich Virtual Reality und 360-Grad-Visualisierung an. Hingegen sind Omnichannel-Services, die laut bevh   in den kommenden Jahren das Wachstum in der Online-Möbelbranche besonders beflügeln, noch ausbaufähig. Nur neun Prozent der befragten Händler bieten ihren Kunden die Möglichkeit, Ware online zu reservieren oder zu kaufen. Online-Verfügbarkeiten können Kunden nur bei 13 Prozent der Händler checken. Und einen Möbelkonfigurator bieten nur 17 Prozent der Shops an.

Als größte Herausforderung im Bereich der Digitalisierung gaben die Befragten zu fast 50 Prozent die "Qualität der Produktdaten" und fast ein Viertel (22 Prozent) die "allgemeine Rückständigkeit der Möbelbranche" an. Auch die mangelnde Verfügbarkeit von IT-Ressourcen, der Aufbau von Online-Marketing-Know-how und die Digitalisierung des Sortiments wurden als Hürden genannt.

57 Prozent der Befragten können keinen E-Commerce-Verantwortlichen benennen

Die Verantwortlichkeiten für den Online-Shop liegen je nach Unternehmen in unterschiedlichen Abteilungen. Bei 17 Prozent der Befragten ist es das Marketing, bei vier Prozent die EDV und bei 13 Prozent IT & Marketing zusammen. 57 Prozent der Unternehmen können auf die Frage, wer im Haus dezidiert für E-Commerce verantwortlich ist, überhaupt keine Namen nennen.

Großes Potenzial hat der Online-Möbelhandel beim Thema KPI-Analyse. Zwar haben 70 Prozent der Shops eine Tracking-Lösung im Einsatz. Doch 57 Prozent der Umfrageteilnehmer schauen sich keinen einzigen Indikator an, um den Erfolg oder Misserfolg ihrer Online-Shops zu bewerten. Wer Kennzahlen zu Rate zieht, achtet vornehmlich auf den Traffic (22 Prozent), die Conversion (17 Prozent) oder die Kosten-Umsatz-Relation KUR (22 Prozent).

Die Frage nach ihren Hauptwettbewerbern unterstreicht noch einmal die vornehmlich stationär geprägte Unternehmensstrategie der Möbler. Fast zwei Drittel (61 Prozent) der befragten Händler und Hersteller nennen hier Unternehmen, die tendenziell eher analog und national aufgestellt sind. Lediglich 17 Prozent der Unternehmen wittern Gefahr von digital agierenden Konkurrenten, die international aktiv sind. Als Vorbild im Digitalbereich führt Otto (48 Prozent) mit weitem Abstand vor Amazon   (26 Prozent) Home24   und Wayfair   (je 22 Prozent), Westwing   (17 Prozent) und Bolia   (13 Prozent).

Insgesamt bleibt der Möbelhandel aus Sicht der befragten Hersteller und Händler ein größtenteils stationäres Geschäft. Lediglich 43 Prozent sehen E-Commerce als "das erfolgskritische Zukunftsbusiness". Die überwiegende Mehrheit behandelt den digitalen Vertriebskanal weiterhin nur als ein Standbein oder Zusatzgeschäft.
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