Management

Retouren: Versteckte Kosten und verschenkte Potenziale

von Dominik Grollmann

27.01.2022 Prüfung, Sichtung und Qualitätskontrolle - das sogenannte "Grading" - ist der größte Kostenfaktor im Retourenmanagement. Welche versteckten Kosten in den verschiedenen Prozessschritten des Gradings lauern und wo sich Gewinnpotenziale verstecken, zeigt eine Übersicht.

 (Bild: Buybay)
Bild: Buybay
Bei den mit dem Retourenmanagement - und insbesondere mit dem Grading - verbundenen Kosten, denken die meisten Händler vor allem an die Löhne der Mitarbeiter, deren Hauptaufgabe es ist, Retouren zu bearbeiten. Es gibt jedoch eine Reihe von weniger sichtbaren Kostenfaktoren, die bei der Einschätzung der Gesamtkosten berücksichtigt werden müssen. Dazu sollte man sich zunächst einmal alle Schritte des Prozesses vor Augen führen.

Das Grading sollte zumindest eine Funktionsprüfung und -beschreibung sowie die Reinigung der retournierten Produkte, die Anfertigung detaillierter Fotos und die sichere Entfernung von personenbezogenen Daten umfassen. Dabei müssen einerseits die verschiedenen Retourenkategorien, von "neuwertig" bis "stark beschädigt", berücksichtigt werden. Andererseits erfordern Produkte wie Kaffeemaschinen und Smoothie-Mixer ganz andere Bearbeitungsprozesse als Produkte mit personenbezogenen Informationen wie Laptops und Fernsehgeräte.

Werden alle diese Schritte betrachtet, dann erschließen sich die weiteren Kostenfaktoren. Diese hat der Retouren-Dienstleister Buybay   zusammengefasst:

Versteckte Kosten


  • Infrastrukturkosten: Hierzu zählen die Büromiete, die Infrastruktur, Strom, die Arbeitsplatzausstattung für jeden Mitarbeiter - PC oder Laptop, Scanner und andere Geräte. Auch die Miete von Lagerflächen für Retouren sowie Packstationen machen einen erheblichen Kostenpunkt aus.

  • Weniger sichtbare Personalkosten: Neben den Löhnen der Mitarbeiter, die hauptsächlich für Rücksendungen und Warenbewertung (Grading) zuständig sind, gehören auch die weniger sichtbaren Kosten wie Sozialversicherungskosten, Urlaub, Krankenstand, Prämien, etc. Hinzu kommt ein Anteil der Gehälter von Managern und Fachkräften, die mit den Mitarbeitern interagieren sowie Kosten für Prozesse wie Einstellungsverfahren und Personalbetreuung, Lohnbuchhaltung etc. Personalschulungen sowie erforderliche Qualifikationen und Zertifizierungen für die Mitarbeiter bilden einen weiteren Kostenpunkt. Während der Hochsaison wird zudem häufig Zusatzpersonal eingestellt oder aus anderen Abteilungen hinzugezogen.

  • Ausrüstung und Ressourcen für Tests und Dokumentation: Hinzu kommen spezifische Ausrüstung und Ressourcen für die Bestandsaufnahme des Zustands und der Mängel der Retouren, wie Kameras, Fotokabinen sowie das Testequipment zur Untersuchung der Waren. Einrichtungen und Spezialisten für Reparaturen oder Aufarbeitung der Produkte bilden einen weiteren Kostenbereich. Zusätzlich nutzen viele Unternehmen spezielle Software zur Unterstützung des Gradings und der Warenbewertung.

Verschenkte Potenziale


  • Kanäle und Abwicklung des Wiederverkaufs: Aus Mangel an Ressourcen verkaufen viele Händler ihre Retouren an Großabnehmer. Das ist jedoch die am wenigsten rentable und nachhaltige Art, Retouren zu verkaufen (außer sie zu vernichten). Wenn möglich, sollten stattdessen die drei gängigen Kanäle für den Wiederverkauf abgedeckt werden:
    • öffentliche Marktplätze,
    • mindestens eine Auktionsplattform
    • und gegebenenfalls der Verkauf der zurückgegebenen Waren in einem Bereich des eigenen Webshops für "B-Ware".

    Ein gut geschultes Team oder ein spezialisierter Partner kann bei der Auswahl der am besten geeigneten Kanäle helfen und sicherstellen, dass der Verkauf nicht das Angebot der "A-Ware" kannibalisiert, sondern zusätzliche Kundengruppen gewinnt.

  • Preisgestaltung: Um ein Gleichgewicht zwischen angestrebtem Wiederverkaufs- und realem Marktwert sowie dem richtigen Verkaufsvolumen zu erreichen, ist es wichtig, die optimale Preisgestaltung zu finden. Der Einsatz eines automatisierten, datengesteuerten und selbstlernenden Systems kann den Gewinn aus Rücksendungen erheblich steigern und helfen, Verluste zu verringern. Diese entstehen sowohl durch einen zu günstigen Wiederverkaufspreis als auch wenn das Produkt zu langsam oder gar nicht verkauft wird - etwa, wenn der Preis nicht mit den Erwartungen der Verbraucher übereinstimmt.

  • Langsamer Wiederverkauf: Wenn Produkte nicht zügig wiederverkauft werden, verursachen sie zusätzliche Kosten - z.B. für Lagerfläche. Noch kritischer ist jedoch der Wertverlust. Wenn etwa eine neue Version des Produkts auf den Markt kommt, bevor der Artikel verkauft wird, kann dies den erzielbaren Preis für das zurückgegebene Produkt drastisch senken.

  • Kundendienst und Rückgabe von Rücksendungen: Ein gutes Kundendienstteam erfordert zusätzliche Ressourcen. Es ist jedoch nicht nur für die Kundenerfahrung und -bindung notwendig, sondern auch, um die Anzahl der erneuten Rückgaben von Rücksendungen zu minimieren, d. h., wenn Kunden ihre Bestellungen wiederholt zurückschicken. Die Rückgabe von Rücksendungen reduziert den Gewinn weiter. Ein noch wesentlich größerer Verlust ist jedoch der eines enttäuschten Kunden.
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