"Prime Wardrobe": Otto-Versand attackiert neuen Amazon-Service

von Stephan Randler

27.06.2017

 (Bild: NH-Pressebild)
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Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
Unter der Bezeichnung "Prime Wardrobe   " testet Amazon in den USA derzeit einen neuen Service, der für Kunden den Online-Einkauf von Mode einfacher machen soll. Der zentrale Gedanke dabei: Kunden sollen Fashion zu Hause anprobieren und nur das kaufen müssen, was sie auch behalten wollen. Dieser Vorstoß wird von deutschen Medien regelrecht als richtungsweisend abgefeiert   . Dabei ist das Geschäftsmodell alles andere als revolutionär und hierzulande bereits seit Jahrzehnten etabliert - wie der Otto-Versand   zu Recht kritisiert. Das verdeutlicht in einem Gastbeitrag   auf neuhandeln.de nun Thomas Steck, der beim Hamburger Universalversender für Logistik und Service zuständig ist:
Thomas Steck
Thomas Steck (Bild: Otto Group)
"In den USA startet Amazon nun ein Service-Paket, das Online-Fashion-Shopping einfacher machen soll. Das ist natürlich eine News. Ich habe einige dieser Nachrichten gelesen, auch in großen deutschen Medien. Viele Beobachter und Branchenexperten sehen in der neuen Offensive schon die nächste Disruption des E-Commerce kommen, „ein Schreckgespenst“, vor dem die etablierten Player „Angst“ haben müssten. Doch mit Verlaub: Die jetzt als revolutionär beschriebenen Service-Leistungen des Wardrobe-Programms machen mir keine Angst. Denn wenn Branchenexperten das Prinzip „erst anprobieren, dann bezahlen“ zur nächsten disruptiven Innovation des Distanzhandels ausrufen, freuen wir uns bei Otto sehr, bereits seit 1950 an der Spitze dieser avantgardistischen Bewegung zu stehen. Schließlich basiert dieses Prinzip auf der seit Jahrzehnten mit Abstand beliebtesten Zahlungsmethode: dem Kauf auf Rechnung. Weiter wirbt Amazon damit, dass Kunden ihre Artikel sieben Tage lang ausprobieren können „und nur das bezahlen, was sie auch wirklich behalten“. Bei Otto lassen wir unseren Kunden 30 Tage Zeit für die Bezahlung. Folglich bereitet mir auch diese vermeintliche Service-Innovation keine schlaflosen Nächte. Außerdem würde Amazon mit seinen sieben Tagen Anprobefrist nach deutschem Recht ehrlicherweise keinen Blumentopf gewinnen. Das Fernabsatzgesetz sieht nämlich bei Onlinekäufen eine Widerrufsfrist von 14 Tagen vor. Bei Otto haben wir diese Frist als eigenes Service-Angebot verdoppelt.

Gut verpackte Idee? Ja! Schockstarre? Nein!

Und so ist es für uns dann auch eine Selbstverständlichkeit, dass wir jedem Paket einen Aufkleber für eine kostenlose Retoure beilegen und unseren Kunden eine mögliche Rückgabe damit so einfach wie möglich machen. Sie müssen ihre Pakete dafür übrigens nicht einmal zu einer Abholstelle bringen – auch bei uns kommt der Zusteller auf Wunsch einfach an der Haustür vorbei und holt die Sendung ab. Kostenlos, versteht sich. Gut jede zehnte Retoure wird von uns so stressfrei abgeholt. Zuletzt möchte ich betonen, dass alle unsere Kunden von diesen genannten Services profitieren – das Angebot gilt damit also nicht nur für zahlende Prime-Kunden, wie es bei Amazon der Fall ist. Keine Frage, wir nehmen alle Wettbewerber in unserer Branche ernst. Doch bloß weil eine gut verpackte Idee aus Seattle stammt, muss diese ja nicht immer gleich den Rest der Handelswelt ins Unglück stürzen und europäische E-Commerce-Anbieter kollektiv in Schockstarre verfallen lassen."
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