Alles halb so schlimm? Das Elektrogesetz und seine Folgen
22.07.2016
- Rücknahme von Kleingeräten: Der Händler muss Elektrokleingeräte ab sofort auch dann zurücknehmen, auch ohne dass der Verbraucher ein neues Gerät bei ihm im Gegenzug kauft. Diese Regel gilt für alle Geräte, die an keiner Seite länger sind als 25 Zentimeter.
- Rücknahme von Großgeräten: Der Händler muss für jedes verkaufte Gerät ein gleichartiges Altgerät zurücknehmen.
Viel Aufwand, wenig Nutzen: BEVH befürchtet Marktbereinigung
Damit Verbraucher ihren Elektroschrott zurückgeben können, müssen Händler für alle Geräte verschiedene Rückgabemöglichkeiten anbieten, die sich wiederum "in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer" befinden sollen. In Frage kommen hier zum Beispiel stationäre Filialen eines Multichannel-Händlers, die in der Nähe des Kunden liegen. Denkbar wäre auch, dass Verbraucher ihre Geräte in den Geschäften eines Partners abgeben können, der mit einem Händler bei der Geräteannahme kooperiert. Zulässig wäre auch einfach nur, dass Verbraucher ihre Geräte bei Paketannahmestellen der Zusteller abgeben können, mit denen ein Händler beim Versand kooperiert. Nicht reichen würde dagegen, einfach die lokalen Sammel- und Übergabestellen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger dem Kunden als Rücknahmestellen anzubieten.Handelskonzerne nehmen Altgeräte längst freiwillig zurück
An dieser Praxis ändert sich daher durch das neue Gesetz nichts bei der Otto-Gruppe . Denn generell gilt: Wenn der Verbraucher selbst ein Klein- oder Großgerät zur Post oder zu einer Filiale bringt, dürfen Händler zwar keine Kosten für die Entsorgung berechnen. Anders sieht es aber aus, wenn Händler die Altgeräte direkt bei den privaten Haushalten abholen, was bei Großgeräten in der Praxis ja die Regel sein dürfte. Die Kosten für so einen Abhol-Service dürfen Versender auch weiterhin berechnen. Und Händler müssen Großgeräte ja nur zurücknehmen, wenn der Kunde ähnliche Neuware kauft.Abmahnungen und Zwangsgelder drohen für Elektronik-Händler
Unterschätzen sollten Elektronik-Händler deshalb aber trotzdem nicht, was nun auf sie zukommt. Denn wenn sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, drohen künftig Zwangsgelder. So könnte die Abfallbehörde oder das Gewerbeamt überprüfen, welche Fläche ein Versender in seinem Lager für Elektronik beansprucht und ob die neuen Pflichten für die Altgerät-Annahme daher für ihn gelten. Neben Zwangsgeldern drohen auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, wenn Elektronikhändler nicht ihren Pflichten nachkommen. Für eine Abmahnung müsste zwar auch ein Wettbewerber die Lagerauslastung eines Konkurrenten kennen, was nicht so leicht zu überprüfen ist wie etwa die öffentlich einsehbaren Angaben im Impressum eines Online-Shops, wo fehlende Angaben schnell abgemahnt werden. Laut BEVH hat das neue Gesetz dennoch schon erste Händler verunsichert. "Wir können schon heute beobachten, dass einzelne Händler in Ansehung der neuen Pflicht ihre Elektrogeräte aus dem Programm nehmen oder den Stock herunterfahren", beobachtet Schulz. "Doch diese Entwicklung ist weder im Sinne des Handels noch im Sinne des Verbrauchers." Gut vorstellbar auch, dass einige Händler künftig ein Schlupfloch nutzen. Denn bei der Betrachtung der Lagerfläche wird nur jeweils ein Standort betrachtet - auch wenn Versender mehrere Versandzentren nutzen. Die neuen Pflichten gelten daher, wenn an mindestens einem dieser Standorte mehr als 400 Quadratmeter Fläche für Elektronik genutzt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Versender könnten die Elektronik-Fläche bei ihrem größten Standort reduzieren, um unter die 400er-Grenze zu fallen und die gestrichenen Kapazitäten dann auf ihre anderen Standorte verteilen: Wenn an keinem Standort die 400er-Marke überschritten wird, gelten die Pflichten für den Händler nicht. Das neue Gesetz war bereits am 24. Oktober 2015 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt galt aber zunächst eine Übergangsfrist von neun Monaten, damit Händler geeignete Rücknahmestellen einrichten und beim Umweltbundesamt melden konnten. Weitere Infos zum Gesetz gibt es hier .Abonnieren Sie unseren kostenlosen wöchentlichen Newsletter!