Patrick Palombo verabschiedet sich aus dem operativen Geschäft

von Stephan Randler

11.07.2022

 (Bild: NH-Pressebild)
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Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
Patrick Palombo gilt als Grandseigneur des deutschen Versandhandels. Kein Wunder. Schließlich hat der 65-Jährige nicht nur das E-Commerce-Zeitalter beim Quelle-Versand eingeläutet. Er hat auch Teleshopping in Deutschland salonfähig gemacht sowie zahlreiche Online- und Multichannel-Händler in Projekten und als Manager begleitet. Nach über 40 Jahren zieht sich Palombo nun aus dem operativen Geschäft zurück. Mehr als Grund genug, um eine wohl einzigartige Karriere zu würdigen - und um den Blick nach vorne zu richten.
Patrick Palombo
Patrick Palombo (Bild: Privatarchiv Palombo)
neuhandeln.de: Wie schafft man es eigentlich, so lange in einem Business zu bleiben, das sich quasi jederzeit von einem Tag auf den nächsten verändert? Patrick Palombo: "Die Antwort ist einfach: Neugierig bleiben, hungrig bleiben und sich niemals auf dem Erreichten ausruhen. Wichtig ist zudem, sich in die Lage des Kunden zu versetzen. Denn entscheidend ist nicht die Sicht des Händlers, sondern die des Kunden. Als Anbieter muss man sich daher immer fragen: Braucht der Kunde eine Lösung oder geht sie am Bedarf vorbei? Der Wurm muss ja schließlich dem Fisch schmecken - und nicht dem Angler." neuhandeln.de: Und wer diesen Grundsatz als Händler beherzigt, ist dann auch erfolgreich? Palombo: "Erfolgreiche Händler beherrschen nicht nur ihr Sortiment, sondern kennen das Verhalten ihrer Kunden und erahnen Trends voraus. Sie haben zudem Alleinstellungsmerkmale, die für die Kunden von Bedeutung sind. Denn Waren, Marken und Preise sind oft austauschbar. Doch Service entscheidet über Erfolg. Und die Fähigkeit, nicht nur Kunden zu gewinnen - sondern sie auch intelligent an sich zu binden." neuhandeln.de: Dazu gehört auch, Kunden immer wieder neue Einkaufsmöglichkeiten zu bieten. Palombo: "Wenn ich nicht hartnäckig geblieben wäre, wäre vielleicht der Quelle-Versand nicht als erster klassischer Versandhändler in Deutschland mit E-Commerce gestartet. Im Schickedanz-Konzern hatte ich zudem dafür gekämpft, mit HOT (heute: HSE) einen Teleshopping-Sender zu gründen. Denn es gibt nicht einfach den einen Vertriebskanal. Händler müssen da sein, wo ihre Kunden sind - egal, ob diese nun in einem Geschäft kaufen, online ordern oder über Kataloge bestellen. Denn Vertriebskanäle ergänzen sich." neuhandeln.de: Moderner E-Commerce und klassischer Versandhandel beißen sich also nicht? Palombo: "E-Commerce ist Versandhandel per se. Bevor ich einen virtuellen Laden aufmache, sollte ich die Kernprozesse des Versandhandels kennen und die Mechanismen der Zielgruppenansprache. Und das lernt man vor allem durch Erfahrungen und eigene Lernprozesse. Mit zunehmendem Alter wird es allerdings in Deutschland leider schwerer, dass man seine Erfahrung noch ausspielen kann. Denn viele Unternehmen wollen sich als jung und hip verkaufen. Also werden auch Schlüsselpositionen mit Youngstern besetzt."
Patrick Palombo Quelle
Palombo als Direktor E-Commerce beim Quelle-Versand (Bilder: Privatarchiv Palombo)
neuhandeln.de: Von diesem Erfahrungsschatz können aber ja auch weiterhin viele profitieren. Palombo: "Richtig. Denn ich brenne ja immer noch für das Thema Versand- und Omnichannel-Handel. Ich kann mir daher durchaus vorstellen, meine Erfahrung, mein Knowhow und meine Menschenkenntnis auch künftig weiterzugeben - dann aber mit einer gesunden Dosis an Tiefenentspannung. Zum Beispiel in einer Interimsfunktion oder als Business Angel, Beirat oder Aufsichtsrat. Denn bei meinem Start bei Quelle hatte ich damals direkt Blut geleckt. Und wer einmal Handel macht, bleibt dem Handel auch immer verbunden."
Patrick Palombo HOT
Palombo bei der Gründung von HOT mit Barry Diller (Mitte, damals CEO des Partners HSN) und Georg Kofler (zweiter von rechts, damals CEO des Partners Pro7)
neuhandeln.de: Auch wenn sich gerade der E-Commerce immer wieder neu erfindet? Palombo: "Natürlich werden sich Prozesse verändern, angefangen von der Warenpräsentation bis hin zu Logistikprozessen. Aber selbst wenn sich Details verändern: Auch in Zukunft hat E-Commerce die gleiche Prozess- und Wertschöpfungskette, die man seit rund 100 Jahren aus dem klassischen Versandhandel kennt. Und die beginnt beim Einkauf und geht über Marketing und Vertrieb zu Logistik, After-Sales und Kundenbindung. Denn nach dem Kauf ist vor dem Kauf. Das gilt auch im E-Commerce. Heute und künftig."
Patrick Palombo
Patrick Palombo 1979 (Bild: Privatarchiv)
Patrick Palombo ist einer der renommiertesten Experten für Versandhandel und E-Commerce. Seine berufliche Karriere startete der gebürtige Franzose im Jahr 1979 bei der Quelle Schickedanz AG (siehe Foto). Für den Quelle-Konzern war er insgesamt 20 Jahre tätig. Er begann seine Laufbahn als Trainee, bevor er Management-Positionen übernahm. So hatte Palombo als Direktor E-Commerce das Online-Geschäft von Quelle aufgebaut und 1995 den ersten Online-Shop eines klassischen Versandhändlers in Deutschland gestartet. Zuvor setzte er auch schon Bildschirmtext (BTX) im Konzern ein und war als Produzent verantwortlich für den Quelle-Katalog auf CD-ROM. Palombo hatte zudem den Teleshopping-Sender Home Order Television (HOT) mitgegründet, der heute unter dem Namen HSE nach wie vor am Markt aktiv ist. Der Branche verbunden blieb Palombo auch auf seinen weiteren Stationen. So war er unter anderem Geschäftsführer vom Joint-Venture Obi@Otto und als Unternehmensberater und Interimsmanager für viele Händler aktiv, darunter prominente Namen wie Autoscout24. Zuletzt hatte der 65-Jährige für die Bertelsmann-Tochter Arvato Systems gearbeitet. Bekanntheit erlangte Palombo nicht zuletzt aber durch seine zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten im Versandhandel. So hatte er unter anderem als Beirat das Branchen-Blatt "Versandhausberater" begleitet und den Versandhandelskongress mit seiner Expertise unterstützt. Hier war er zudem als Juror gefragt, wenn die Branchen-Awards "Online-Shop des Jahres" und "Versender des Jahres" vergeben wurden.
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