Otto Group: "Wir irren uns voran"
20.06.2008 Best in Class, Best Ideas, Best Services: Diese Leitlinien sollen in den kommenden Jahren der Otto Group Wachstum bei Umsatz und Ergebnis bringen - selbst wenn das Inlandsgeschäft sich eher im Krebsgang entwickelt.
Hinter dem "Rekordniveau", das die Hamburger Handelsgruppe für seinen Umsatz vermeldet, steckt eine sehr heterogene Entwicklung in einzelnen Geschäftsfeldern und Bereichen. Gäbe es nicht die gute Entwicklung bei Finanzen (vor allem bei Cofidis in Frankreich, aber auch bei EOS in Deutschland) und das massive Wachstum der Logistik-Services, würden Umsatz der und auch das EBITder Otto Group magere Zeiten sehen. Konsequent gibt es neben einem Finanzvorstand künftig auch einen Service-Vorstand: Hanjo Schneider, der dann den Vorsitz der Geschäftsführung der Hermes Logistik Gruppe abgibt.
Die wesentlichen Zahlen: Der Konzernumsatz legte um 2,4 Prozent auf 11,531 Mrd. Euro zu, währungskursbereinigt läge das prozentuale Wachstum bei 3,6 %. Das EBIT ging auf Gruppenebene von 535 auf 457 Mio. Euro zurück, das EBITDA mit 779 Mio. Euro noch 33 Mio. Euro unter dem Vorjahr.
Der gesamte Multichannel-Einzelhandel steht zwar für 9,129 Mrd. Euro bzw. fast vier Fünftel des Umsatzes. Das EBIT reduzierte sich hingeen von 238,2 auf 150,5 Mio. Euro, steht mithin nur für ein Drittel des Konzernertrags. Allerdings hinkt die Betrachtung insofern, als viele der Finanzdienstleistungen ohne das damit zusammenhängende Handelsgeschäft nicht zustande kämen. Dort allerdings (und vor allem in Frankreich) steht die Cash-Cow der Otto Group. Und wie so oft, gebiert auch dort Geld wieder Geld in Form von Kreditversicherungen. Die Forderungen aus Finanzdienstleistungen im Risikobericht liegen mehr als eine Mrd. Euro höher als im Vorjahr bei 7,82 Mrd. Euro (2006/7: 6,79 Mrd. Euro), die Forderungen aus Lieferungen gingen zum gleichen Zeitpunkt hingegen von 1,59 Mrd. Euro auf 1,16 Mrd. Euro zurück.
Die Logistik-Services haben zwar das stärkste Umsatzplus erzielt, aber aufgrund der Investitionen in den Start in Österreich einen Verlust von 8 Mio. Euro ausgewiesen.
Ein Blick in die Regionen zeigt, dass Otto im Ausland z.T. erfreulich wachsen kann, aber das Inlandsgeschäft hinkt. Hier setzt auch das erste Leitbild "Best in Class" an. Otto wird künftig nur noch in Unternehmen investieren, die eine EBT-Perspektive von mindestens 10 Mio. Euro vom Start an haben. Entsprechend hat man sich von weniger performanten oder nicht passenden Aktivitäten wie CCB Paris oder ganz aktuell - per Management Buy Out - von Eddie Bauer Deutschland getrennt. (Eddie Bauer Japan wird weiter als Joint Venture mit Eddie Bauer Seattle betrieben.)
Priorität haben deshalb Investitionen in Wachstumsmärkte wie Russland, auf das derzeit auch weitere Spezialversender der Gruppe wie etwa SportScheck schielen. Allerdings gilt es in diesem schwierigen Markt nicht nur auf das Nachfragewachstum zu sehen, sondern zuerst die Logistik im Griff zu halten. Die Investition in Tver geht zunächst nur in die Steine, derzeit hakt es, wie man hört, noch z.T. dramatisch bei der Verfügbarkeit der Ware.
Aber auch in Europa will man wachsen, mit Spezialversendern. Ganz aktuell läuft neben den Vorbereitungen für den Start von Crate & Barrel in Kanada auch ein Markttest in Brasilien. Übrigens auch hier mit zollrechtlich bedingten Verzögerungen. In Asien will man - "best ideas" einen Fokus auf neue Konzepte im E-, M- und T-Commerce legen.
Überhaupt, das Internet: Da schließt sich die Schere zwischen sinkenden Katalogumsätzen und wachsendem E-Commerce-Geschäft noch nicht. Der Geschäftsbericht konstatiert, dass das Ergebnis wegen höherer Investitionen in Online-Werbung schlechter ausgefallen ist. Zugleich aber räumt Vorstandschef Hans-Otto Schrader ein, dass die Werbekosten-Umsatzrelation schlechter geworden ist, weil der Umsatz trotz Eingriffen bei der Ausstattung nicht mit der Entwicklung der Katalogkosten einhergegangen ist. Sprich: Derzeit addieren sich die Kosten, man kann die Kataloge aber noch nicht abschmelzen.
Schrader bringt es nüchtern auf die Formel: "Wir irren uns voran." In der gesamten Gruppe laufen Tests genau an dieser richtigen Formel für Katalog- und Online-Werbung. Die Signale sind gleichwohl verhalten optimistisch: "Wir sehen erste Entlastungseffekte."
Dafür müssen allerdings die Prozesse geändert werden. Ein interessantes Konzept testet in Frannkreich 3 Suisses mit "Actua Moda". Dort geben Lieferanten die Styles vor, die Modeartikel werden ständig ohne aufwändiges Shooting ins Netz gestellt - monatlich 70-80 neue Artikel. Das sorgte laut Geschäftsbericht zu einer Verdoppelung des Umsatzes im Sechsmonatsrhythmus. "Best Ideas" wie diese oder die Experimente mit Smatch oder Fashion-TV von Bonprix sollen neben dem "Best in Class" Otto auch Online auf die Pole-Position bringen.
Bei den Services setzt Schrader nicht nur auf die Logistik, also die Endkunden-bezogenen Services. Auch und gerade die Dienstleistungen für Mandanten - früher schnöde "Drittgeschäft" tituliert - sollen Otto voranbringen. Chancen rechnet Schrader sich etwa beim Sourcing aus. Für Otto International arbeiten inzwischen 1400 Mitarbeiter an 26 Standorten überwiegend in Asien, aber auch in Europa und Südamerika. "Ich glaube, bei der Globalisierung stehen wir noch ganz am Anfang," meint der Vorstandschef. "One-Stop-Sourcing" und "One-Stop-Delivery" sind beste Services, die derzeit entstehen.
Dafür knüpft Hanjo Schneider auch künftig als Service-Vorstand am Europäischen Liefernetz. Das geht von der Eingliederung von Parcelnet (s. VH 24) bis zur IT-Reorganisation, die einen europäischen Barcode ermöglichen soll. Bis hin zu identischen Mehrwert-Dienstleistungen wie Cash-on-Delivery, das in Italien beispielsweise die einzig mögliche Variante ist. Zur Erinnerung: Hermes hat sich mit 30 % an Swiss Post Porta a Porta beteiligt.
Die drei Leitbilder zeigen die Vision. Bis dahin hat Schrader noch eine Vielzahl von Baustellen im Tagesgeschäft. Und ein Rennen gegen die Zeit und einen immer agileren Wettbewerb aus dem Einzelhandel. Dort will er ja auch punkten und hofft, den designierten Retail-Vorstand Dr. Tim Hohmann (derzeit P & C Nord, Hamburg) zum Ende Oktober in Amt und Würden holen zu können. Der soll dann über die möglichen Filial-Expansionen oder Zukäufe "selbst entscheiden". Hier will sich Schrader nicht voran-irren...
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