So optimieren Sie die Customer Experience

von Marc Bohnes

14.07.2022 Die digitalen Erlebnisse, die E-Retailer ihren KundInnen bieten, decken sich häufig nicht mit deren Erwartungen. So schaffen Sie Abhilfe.

 (Bild: Pixabay)
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Online- und Versandhandelsunternehmen, die eine digitale Marke pflegen, sehen sich mit hohen Erwartungen konfrontiert. Immerhin 80 Prozent der VerbraucherInnen sind davon überzeugt   , dass ihre konsumrelevanten Kontakte heute überwiegend digital geprägt sind. Entscheidend ist also die Frage, inwieweit -Retailer in der Lage sind, KundInnen auf deren Customer Journey eine hochwertige Digital Brand Experience zu bieten.

Gerade in diesem Punkt sehen 94 Prozent der Führungskräfte in Deutschland einen akuten Nachholbedarf. Sie sind davon überzeugt: Digitale Erlebnisse entsprechen nicht den Kundenerwartungen. Zu diesem Ergebnis kommt der Digital-Experience-Anbieter Optimizely   in einer Studie. Befragt wurden mehrere Tausend Führungskräfte und VerbraucherInnen aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Australien und Schweden. Ziel der Studie war es, herauszufinden, wo Unternehmen und deren Onlinemarketing heute aus Unternehmer-, aber auch aus VerbraucherInnensicht stehen.

Was ist ein digitales Erlebnis und was genau eine digitale Marke?

Dazu ist zunächst die Analyse der Wechselwirkung zwischen den Begriffen "Marke" und "digitalem Erlebnis" (digital Experience) erforderlich. Marken fassen grundsätzlich alle Vorstellungen und Erwartungen zusammen, die ein Markenname oder ein Markenzeichen in der Zielgruppe hervorruft. Dazu setzt das Marketing Begriffe, Symbole, Zeichen, Logos, Namen oder etwa Worte ein, um ein gewünschtes Ergebnis zu erhalten. Das moderne (Online-)Marketing schaltet nun hier das populäre Konzept der Customer Journey dazwischen. Danach treffen VerbraucherInnen (die Zielgruppe) an verschiedensten Kontaktpunkten auf Marken und / oder deren Produkte. An diesen Kontaktpunkten erfahren sie bestimmte (digitale Marken-)Erlebnisse, die bestenfalls ihre noch im Verborgenen liegenden Erwartungen erfüllen.

Entscheidend ist an diesem Punkt deren Dechiffrierung. Sie gelingt in der digitalen Welt durch das Sammeln und Auswerten von Nutzerdaten. Die Analyse liefert E-Retailern Informationen zu Präferenzen, die NutzerInnen auf ihrer Reise durch die Onlinewelt sozusagen per Mausklick enthüllen. Marken begegnen diesen Präferenzen nun mit entsprechende (Marken-)Erlebnissen. Kundenerlebnisse fassen vor diesem Hintergrund also alle Erfahrungen zusammen, die VerbraucherInnen durchleben, wenn sie mit einer Marke - sei es digital oder nicht - interagieren.

Beispiele für herausragende digitale Erlebnisse

Einen prominenten Use-Case für ein herausragendes digitales Erlebnis lieferte kürzlich ein bekannter Möbelhaus-Gigant. Per Smartphone-Kamera scannen bzw. fotografieren KundInnen in der eigenen App ihre persönliche Umgebung - z. B. einen Raum in einer Wohnung -, und fügen dort mittels Augmented Reality ausgewählte Produkte ein. Dieser Prozess wird in der App visualisiert. Der Nutzen dieses "Erlebnisses" liegt hier in der Möglichkeit, verschiedene Produktvarianten auszuprobieren. Auf diese Weise können Maße geprüft oder der passende Ort für das Produkt gefunden werden. Dabei sammelt die App im Hintergrund Nutzungsdaten zu bevorzugt ausgewählten Produkten, aus denen sich dann wiederum per Auswertung ganze Kundenerfahrungs- und -erlebniswelten ableiten lassen, die mit entsprechendem "Content" beliefert werden.

Bestandteile herausragender digitaler Erlebnisse

Ob Einrichtungs-App, digitale Mode- oder Brillen-Beratung, Spiele-Micro-Website oder Kundservice-Bot - all diese digitalen Erlebniskanäle zeichnen sich durch vier strukturgebende Merkmale aus:
  1. Kürzeste Reaktionszeiten
    KundInnen erwarten an jedem Kontaktpunkt eine unmittelbare Reaktion auf ihre Interaktion. Nach eine McKinsey-Studie verlassen über 32 Prozent der Menschen den Kontaktpunkt wieder, wenn dieser sich über eine um lediglich 2 Sekunden verlängerte Ladezeit auszeichnet.
  2. Konsistenz
    Eine durchgängige Erlebnis-Konsistenz führt zu einer höheren Markenloyalität und der Hauptgrund für Vertrauen. Inkonsistente Erlebnisse führen auf Seiten der VerbraucherInnen zu Enttäuschungen. Die Mehrheit, laut McKinsey 73 Prozent, wird sehr wahrscheinlich die Marke wechseln, wenn Unternehmen nicht in der Lage sind, ein durchweg schlüssiges Erlebnis-Niveau in Qualität, Preis, Service und Content zu bieten.
  3. Personalisierung
    Unbestritten ist: E-Retailer, die in der Lage sind, VerbraucherInnen personalisierte Erlebnisse zu bieten, werden bei Kaufabschlüssen erfolgreich sein. Und die KäuferInnen von heute erwarten von Marken, Erlebnisse nach individuellen Merkmalen zu personalisieren.
  4. Kreativer Content
    Content is King! Jedes digitale Erlebnis besteht aus Inhalten. Kreativer Content ist dabei die harte Währung in der DXP-Welt. Er macht aus gewöhnlichen herausragende Erlebnisse - siehe Beispiel Möbelhaus. Kreativer, unterhaltsamer, attraktiver und informativer Content, der zu allem dem auch noch personalisiert sein soll - eine Mammutaufgabe. Viele Unternehmen vernachlässigen diesen Aspekt nach wie vor.


Herausforderungen für Versandhandelsunternehmen

Während die genannte Einrichtungs-App ein echtes Digital-Experience-Highlight bietet, das die vier oben genannten Bestandteile zweifellos erbringt, gestaltet sich für zahlreiche Unternehmen die Content-Realität nicht ganz so einfach. Sie sehen sich oft nicht in der Lage, die oben beschrieben Kernaspekte zu leisten und begegnen immer wieder Herausforderungen, die dem Erfolg im Weg stehen. Das sind im Wesentlichen:
  1. Content-Verschwendung
    Laut der Optimizely-Befragung geben 64 Prozent der deutschen Führungskräfte an, dass ihr Unternehmen bei der Content-Erstellung ineffzient arbeitet. Es vergeht zu viel Zeit zur Produktion von Content, der dann nicht ausreichend genutzt wird.
  2. Mangelndes KundenverständnisKnapp zwei Drittel der deutschen Führungskräfte gaben an, dass es ihnen schwerfällt, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, was genau das Kundenerlebnis beeinflusst. Sie behaupten, dass sie keinen vollständigen Überblick über die Customer Journey haben. Der Grund dafür: fragmentierte Daten. Deshalb bleibt die digitale Systemintegration auch weiterhin eine Herausforderung. Das sagen 80 Prozent der deutschen Führungskräfte.
  3. Stetig steigenden Erwartungen auf Kundenseite
    Auf Seiten der Nachfrage behaupten gleichzeitig 44 Prozent der deutschen VerbraucherInnen, dass ihre Erwartungen an digitale Markenerlebnisse nicht erfüllt werden. Knapp zwei Drittel (61 Prozent) gaben aber auch zu, dass ihre Erwartungen an Markenerlebnisse heute höher sind als früher.

Testen, testen, testen

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, bejaht eine große Mehrheit (91 Prozent) des deutschen Managements laut der Studie die Aussage, dass sie in größerem Umfang in entsprechende Technologie investieren wollen. Aus diesem Grund priorisiert die große Mehrheit im kommenden Jahr auch das Testen und Experimentieren, um die jeweils bestmögliche DXP-Lösung zu identifizieren. Denn: E-Retailer können sich in dieser Hinsicht nur dann verbessern, wenn sie tatsächlich wissen, was funktioniert. Dieser Prozess kann auch zu Fehltestungen führen. Und genau deshalb ist es von größter Bedeutung, sich Experimente zunutze zu machen. Das wird Online- und Versandhandelsunternehmen dabei helfen, digital zu reifen.

Gedankliche Silos mit "kultureller" Systemintegration aufbrechen

Dem entgegen stehen aber immer noch die gedanklichen Silos in den Unternehmen. Unter diesen Voraussetzungen leidet auch die Gestaltung einer Digital Experience, wenn sich etwa die daran beteiligten Abteilungen nicht aufeinander abstimmen. Das verhindert agiles Arbeiten und es kommt zu unerwünschten Ergebnissen, die überdies auch noch Zeit und Ressourcen vergeuden.

Und dabei ist Technologie alleine nicht die Lösung. Es sind vielmehr Strategien erforderlich, wie die Systemintegration einer DXP-Lösung auch in der Unternehmenskultur verankert werden kann. Das ist sicherlich noch ein Arbeitsbereich, in dem Unternehmen ihr digitales Optimierungspotenzial noch nicht vollends erschlossen haben. Voraussetzung dafür: Sobald in neue DXP-Tools investiert wird, sollten insbesondere Führungskräfte mit gutem Beispiel voran gehen und sicherstellen, dass die gesetzten Geschäftsziele erreicht werden und sich in bestehende Lösungen integrieren lassen. Das maximiert den ROI in frühere Investments und bricht traditionelle Silos auf.

Was vielen deutschen, aber auch internationalen Unternehmen immer noch fehlt, ist eine Antwort auf die Kernfragefrage "Was will der Kunde?". Dazu benötigen E-Retailer einerseits Know-how und andererseits adäquate Lösungen.


Autor: Marc Bohnes ist Product Delivery Manager bei Optimizely.
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