So hart trifft Corona die deutsche Modebranche
12.01.2021 Bereits vor dem Krisenjahr 2020 standen Modehersteller und Modehandel in Deutschland erheblich unter Druck: Die Umsätze gingen zurück, die Konsolidierung in der Branche schritt voran. Die Corona-Pandemie hat die deutsche Bekleidungsindustrie nun zusätzlich schwer getroffen.
Unternehmen benötigen eine strategische Neuausrichtung, die aktuelle Trends wie Digitalisierung, aber auch Individualisierung und ein wachsendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit berücksichtigt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland zu den Trends und Herausforderungen im deutschen Fashionmarkt.
"COVID-19 hat die ohnehin angespannte Situation der Modebranche deutlich verschärft. Eine Erholung ist nur langsam zu erwarten. Die Pandemie wirkt aber auch als Beschleuniger für die dringend notwendige Transformation der Branche und als Katalysator für neue Geschäftsmodelle", kommentiert Patrick Ziechmann , Partner bei PwC Deutschland und Experte für den Handel und die Konsumgüterindustrie.
2019 entfielen fünf Prozent der Konsumausgaben auf Bekleidung
Der internationale Markt für Bekleidung war bis 2019 von solidem Wachstum gekennzeichnet. Zwischen 2016 und 2023 kann die globale Bekleidungsindustrie Prognosen zufolge um durchschnittlich 3,7 Prozent pro Jahr zulegen. Diese Entwicklung hat die Branche in erster Linie der weltweit wachsenden Mittelschicht zu verdanken, die unbegrenzten Zugriff auf E-Commerce, Social Media und Kreditkarten hat.In Deutschland entfielen 2019 immerhin rund fünf Prozent der privaten Konsumausgaben auf Mode und Schuhe. Damit gaben die Deutschen im vergangenen Jahr fünf Mal mehr für Bekleidung aus als für Bildung. Vom Interesse der Deutschen an Mode profitierten in der Vergangenheit vor allem die Anbieter von Fast Fashion und Onlinehändler. Am globalen Wachstum konnte der deutsche Modehandel jedoch kaum partizipieren. 2019 sank der Umsatz der deutschen Bekleidungshersteller um 2,6 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro und auch der durchschnittliche Umsatz pro Kunde ist hierzulande seit Jahren rückläufig.
Entsprechend lassen sich bereits seit einigen Jahren Konsolidierungstendenzen in der deutschen Modebranche beobachten. Die Anzahl der Betriebe in der Bekleidungsbranche ist zwischen 2010 und 2019 um fast ein Drittel (31 Prozent) zurückgegangen. Die Konsolidierung der Modebranche vollzieht sich dabei vor allem bei kleineren Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten. Die Studienautoren beobachten, dass Marktteilnehmer ohne strategische Neuausrichtung verschwinden und für hohe Leerstände in deutschen Innenstädten sorgen. Nur wer die anspruchsvolle Kundschaft mit einem einzigartigen und nahtlosen Einkaufskonzept begeistert, könne bestehen.
April-Umsatz im stationären Modehandel bricht um 76 Prozent ein
COVID-19 hat die strauchelnde Modebranche nun mit voller Wucht getroffen: Im Frühjahr 2020 musste der stationäre Handel im Rahmen des Lockdowns über Wochen schließen - und auch seit der Wiedereröffnung gelten zum Teil strenge Auflagen in den Geschäften, die den Umsatz ausbremsen. Denn noch immer arbeiten viele Menschen im Homeoffice. Dadurch kaufen sie nicht nur seltener im stationären Einzelhandel ein, sondern benötigen auch weniger neue Business-Outfits. Und auch in der Freizeit gibt es deutlich weniger Anlässe, die Menschen dazu animieren, neue Kleidung zu shoppen.Im März und April 2020 ist der Umsatz im stationären Einzelhandel für Textil im Vergleich zum Vorjahr um 42 bzw. 76 Prozent eingebrochen. Auch im Mai und Juni 2020, nach der Aufhebung des Lockdowns, lagen die Erlöse um 29 beziehungsweise 22 Prozent unter dem Vorjahr. Das Onlinegeschäft konnte nur einen Teil dieser Einbußen auffangen: Die Konsumenten haben die Einschränkungen und Lieferengpässe im stationären Handel teilweise durch Einkäufe in Onlineshops substituiert. Vor allem etablierte Onlineplayer haben dabei profitiert, so die Studie.
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