Arbeitsmodell

Hybrides Modell: Wie bei Otto künftig gearbeitet wird

von Frauke Schobelt

27.08.2020 Arbeiten nach Corona: Der Versandhändler Otto setzt künftig auf "Activity Based Working" statt Homeoffice-Zwang. Die Planung für die im Bau befindliche neue Firmenzentrale wird deshalb auf den Prüfstand gestellt.

Die neue Firmenzentrale auf dem Otto-Campus befindet sich noch im Bau. (Bild: Otto)
Bild: Otto
Die neue Firmenzentrale auf dem Otto-Campus befindet sich noch im Bau.
Seit 2019 wird an der neuen Firmenzentrale des Versandhändlers Otto   auf dem Campus in Hamburg-Barenfeld gebaut. Im Jahr 2022 sollen die Mitarbeiter dort einziehen. Doch durch die Corona-Pandemie hat sich die Arbeitsrealität auch für den Onlineriesen verändert. Der Konzern überdenkt deshalb die ursprüngliche Planung für den Campus und überprüft die Flächengestaltung.

Künftig will der Onlinehändler sein 2017 gestartetes Konzept zum mobilen Arbeiten deutlich ausweiten. Neuer Standard soll ein "aktivitätsbasiertes, hybrides Arbeitsmodell" werden, bei dem Mitarbeitende mobil oder im Büro arbeiten können - je nachdem, welcher Ort besser zu ihrer individuellen Arbeitssituation passt und welche Infrastruktur benötigt wird.

Die Büros auf dem Hamburger Otto-Campus sollen für kollaboratives und kreatives Arbeiten sowie die bereichsübergreifende Vernetzung genutzt werden. Die Planung für die Büroflächen wird deshalb neu konzipiert.

Blick in die neue Firmenzentrale (Bild: Otto)
Bild: Otto
Blick in die neue Firmenzentrale

Heute hier, morgen da: Campus bleibt "Herz" des Unternehmens

Das Gros der knapp 5.000 Mitarbeitenden von Otto arbeitet seit Mitte März 2020 von zuhause aus. In Spitzenzeiten lag die Quote der mobil tätigen Otto-Mitarbeitenden bei über 95 Prozent. Das soll jedoch keine Dauerlösung bleiben, erklärt Katy Roewer , Otto-Bereichsvorständin für Personal und Service. "Von aufgezwungenem Homeoffice halten wir genauso wenig wie von einer vollumfänglichen Präsenzpflicht. Beides entspricht nicht unseren Vorstellungen von moderner Arbeitskultur. Wir setzen vielmehr auf eine aktivitätsbezogene Wahl des Arbeitsortes, also auf einen individuellen Mix aus Präsenz und mobiler Arbeit - in Rücksprache mit dem Team und auf die Arbeitsprozesse, versteht sich." Der Campus habe damit nicht ausgedient, so Roewer. "Im Gegenteil: Als Ort der Begegnung und als attraktive, emotionale Klammer spielt er auch zukünftig eine zentrale Rolle für uns und unsere Unternehmenskultur. Der Campus ist und bleibt das Herz unseres Unternehmens."

Seit dem 17. August dürfen unter Beachtung geltender Hygiene- und Abstandsregeln wieder bis zu 50 Prozent der Belegschaft ins Büro. Die Rückkehr an den Campus ist freiwillig. Von der Entwicklung des Infektionsgeschehens hängt ab, ob Otto Lockerungen wieder rückgängig macht oder den Zutritt zum Campus erneut beschränkt. "Die Gesundheit unserer Mitarbeiter*innen hat für uns weiterhin oberste Priorität. Daran richten wir unser aktuelles Handeln aus", so Katy Roewer. "Trotzdem müssen wir jetzt die Weichen dafür stellen, wie Arbeiten bei Otto künftig aussehen wird. Und da ist ein hybrides Arbeitsmodell ganz klar erste Wahl."

Besprechungsraum (Bild: Otto)
Bild: Otto
Besprechungsraum

Keine 100-prozentige Remote-Organisation

Das neue Arbeitsmodell soll die Vorteile von Campus- und mobiler Arbeit miteinander verbinden. "Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass mobiles Arbeiten bei uns gut funktioniert und auch die technische Basis dafür stimmt. Eine 100-prozentige Remote-Organisation wird Otto außerhalb von Krisenzeiten allerdings auf absehbare Zeit nicht werden, das ist auch nicht unser Ziel", betont Irene Oksinoglu , Head of Future Work bei Otto. Die Mitarbeiter sollen ihren Arbeitsort so auswählen, wie er bestmöglich zur jeweiligen Aufgabe passt. "Dies kann neben den vielen Möglichkeiten auf unserem Campus auch das Zuhause oder ein anderer Ort sein."

Klassisches Büro schon vor Corona out

Otto erwartet, dass langfristig mehr Beschäftigte regelmäßiger mobil arbeiten werden als dies vor der Coronakrise der Fall war. Die Anzahl der am Campus tätigen Mitarbeiter werde dadurch sinken - mit möglichen Auswirkungen auf die neue Otto-Firmenzentrale. Hier steht nun einiges auf dem Prüfstand.

Das ursprüngliche Konzept für den neuen Hauptsitz sieht auf insgesamt neun Etagen im Multi-Space-Konzept Arbeitsplätze für 1.800 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor. Auch die Otto-Vorstände geben ihre Einzelbüros auf und sitzen dann bei den Mitarbeitern 'auf der Fläche'.

Irene Oksinoglu: "Das klassische Büro hatte bei Otto schon lange vor Corona ausgedient, daher wurde auch die neue Zentrale von vornherein ohne Einzelbüros geplant. Dennoch haben die letzten Monate auch bei uns den Trend hin zu mehr mobilem Arbeiten noch einmal spürbar beschleunigt. Dem müssen wir baulich, kulturell und technologisch Rechnung tragen. Das Büro der Zukunft wird ein Ort der Begegnung für Networking, kreative Kollaboration und soziale Vernetzung sein - dafür müssen wir jetzt die Voraussetzungen schaffen." So denkt Otto über die Schaffung zusätzlicher Projektflächen sowie Stillarbeitsplätzen nach.
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