Bundesregierung verschärft Strafrecht gegen Betreiber krimineller Handelsplattformen

von Frauke Schobelt

11.02.2021 Die Bundesregierung will künftig schärfer gegen Betreiber krimineller Handelsplattformen im Internet vorgehen. Kritiker fordern eine klare Abgrenzung gegenüber legalen Internet-Plattformen.

 (Bild: Edward Lich auf Pixabay)
Bild: Edward Lich auf Pixabay
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf   beschlossen, der das Be­trei­ben kri­mi­nel­ler Han­dels­platt­for­men im In­ter­net und das Be­reit­stel­len ent­spre­chen­der Ser­ver-In­fra­struk­tu­ren unter Strafe stellt. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärte dazu: "Wenn auf kriminellen Plattformen Geschäfte gemacht werden mit entsetzlichen Bildern von sexualisierter Gewalt gegen Kinder, soll sich niemand herausreden, er habe nur die Plattform bereitgestellt und nichts gewusst." Gleiches gelte, wenn die Plattformen etwa für Waffen- oder Drogenhandel, den Verkauf von gehackten Passwörtern oder gestohlenen Kreditkartendaten genutzt werden. "All diese Geschäfte sind strafbar. Aber Ermittlungen gegen die Betreiber solcher Plattformen waren bisher oftmals schwierig, wenn diese sich ahnungslos gaben. Deshalb schaffen wir einen neuen Straftatbestand. Wir brauchen eine effektive und konsequente Strafverfolgung im digitalen Raum."

Auch Beihilfe wird stärker bestraft

Der neue Paragraph § 127 StGB. sieht Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen für Betreiber von Handelsplattformen im Internet vor, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von bestimmten rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern. Ebenso soll bestraft werden, wer wissentlich oder absichtlich Server-Infrastrukturen für entsprechende Handelsplattformen bereitstellt. Bei gewerbs- oder bandenmäßigem Betreiben krimineller Handelsplattformen soll der Strafrahmen bei sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe liegen. Beabsichtigt der Täter oder weiß er, dass durch die Handelsplattform Verbrechen ermöglicht oder gefördert werden sollen, muss er künftig mit einer Strafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe rechnen.

Auch das bisher geltende Strafrecht stellt diese Taten unter - zum Teil - hohe Strafen. Plattformbetreiber, deren Foren oder Online-Marktplätze für diese Taten genutzt werden, könnten sich der Beihilfe schuldig machen. Konnte dem Betreiber allerdings keine Kenntnis von den konkret gehandelten Waren nachgewiesen werden kann, etwa bei vollautomatisiert betriebenen Plattform, war dies schwieriger. Diese Lücke soll der neue Paragraph nun schließen. Auch sollen die Ermittlungsmöglichkeiten verbessert werden. Dazu sollen die Qualifikationstatbestände, die gewerbsmäßiges oder bandenmäßiges Handeln oder die gezielte Förderung von Verbrechen voraussetzen, in die Straftatenkataloge der Telekommunikationsüberwachung, der Onlinedurchsuchung und der Verkehrsdatenerhebung aufgenommen werden.

Eco: "Jetziger Gesetzentwurf setzt jede Plattform im Netz unter Generalverdacht"

Bedenken zum Entwurf äußert der Eco - Verband der Internetwirtschaft   . Er fordert eine trennscharfe Abgrenzung zwischen kriminellen Marktplätzen im Darknet und legalen Internet-Plattformen, die möglicherweise von Dritten zur Begehung rechtswidriger Taten missbraucht werden könnten. "Es steht außer Frage, dass Waffen, Drogen und Kinderpornografie nichts im Netz zu suchen haben und der entsprechende illegale Internet-Handel wirksam eingegrenzt werden muss", sagt Alexandra Koch-Skiba , Leiterin der eco Beschwerdestelle. "Doch der vorgelegte Entwurf setzt quasi jede Plattform im Netz unter Generalverdacht, entbehrt jeglicher klarer Definition der Normadressaten und greift damit eindeutig zu weit. Hier muss der Gesetzgeber nachbessern, ansonsten besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit für die Anbieter und ihre legitimen Geschäftsmodelle."

So schließe der Entwurf auch Plattformen und Internet-Foren mit ein, auf denen Nutzer sich zu nichtkommerziellen Zwecken austauschen, z.B. soziale Netzwerke, Online-Spiele mit Chatfunktion oder News-Artikel mit Kommentarfeld. Eco befürchtet außerdem, dass durch das neue Gesetz der Einsatz sogenannter Staatstrojaner möglicherweise erleichtert werde - und fordert Nachbesserungen.
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