Marktplätze

Klein beigegeben: Amazon verspricht, den eigenen Shop nicht mehr zu bevorzugen

von Joachim Graf

22.12.2022 Die Europäische Kommission hat Verpflichtungsangebote von Amazon nach den EU-Kartellvorschriften für rechtlich bindend erklärt. Die Verpflichtungen von Amazon räumen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der EU-Kommission in Bezug auf die Nutzung nichtöffentlicher Daten von Marktplatzverkäufern sowie eine etwaige Ungleichbehandlung beim Zugang von Verkäufern zur Buy-Box und zu Prime aus.

 (Bild: Amazon)
Bild: Amazon
Die Kommission hatte im Juli 2019 ein Prüfverfahren in Bezug auf die Nutzung nichtöffentlicher Daten der Marktplatzverkäufer durch Amazon eingeleitet. Außerdem leitete die Kommission im November 2020 eine zweite Untersuchung ein. Dort kam sie zu dem Schluss, dass Amazon seine Marktmacht missbraucht bei der Auswahl der Gewinner der Buy Box - die es Marktplatzhändlern ermöglichen, Produkte im Rahmen des Prime-Programms anzubieten. Hier kam es zu einer Vorzugsbehandlung des Einzelhandelsgeschäfts von Amazon sowie von Verkäufern, die die Logistik- und Lieferdienste von Amazon nutzen. Außerdem kam die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass Amazons Regeln und Kriterien für die Buy Box und Prime das eigene Einzelhandelsgeschäft sowie Marktplatzverkäufer, die Amazons Logistik- und Lieferdienste in Anspruch nehmen, unangemessen begünstigen.

Amazon   hat nun klein beigegeben   .

Um die Wettbewerbsbedenken der Kommission in Bezug auf beide Untersuchungen auszuräumen, hat Amazon ein Verpflichtungsangebot vorgelegt, dass die EU-Kommission nun akzeptiert hat. Im Einzelnen verpflichtet sich Amazon dazu:

  • Nichtöffentliche Daten, die sich auf die Tätigkeiten der unabhängigen Verkäufer auf dem Amazon-Marktplatz beziehen oder sich daraus herleiten, werden nicht für das Einzelhandelsgeschäft von Amazon genutzt. Dies gilt sowohl für die automatisierten Tools von Amazon als auch für Mitarbeiter, die die Daten aus dem Amazon-Marktplatz bei Einzelhandelsentscheidungen heranziehen könnten.

  • Solche nichtöffentlichen Daten werden nicht für den Verkauf von Markenartikeln und Produkten der Eigenmarke genutzt.

  • Bei der Erstellung der Rangfolge für das Angebot, das die Buy-Box gewinnt, werden alle Verkäufer gleichbehandelt.

  • Zusätzlich zu dem Angebot, das die Buy-Box gewonnen hat, wird ein zweites, konkurrierendes Angebot angezeigt, sofern ein solches von einem anderen Verkäufer vorliegt und sich vom ersten Angebot in Bezug auf Preis und/oder Lieferung hinreichend unterscheidet. Beide Angebote enthalten dieselben beschreibenden Informationen und bieten dieselbe Einkaufserfahrung.

  • Für die Qualifizierung von Marktplatzverkäufern und Angeboten für Prime werden nichtdiskriminierende Bedingungen und Kriterien festgelegt. Prime-Verkäufer erhalten die Möglichkeit, für ihre Logistik- und Lieferdienste ein Unternehmen frei zu wählen und die Konditionen direkt mit diesem Unternehmen auszuhandeln.

  • Über Prime gewonnene Informationen über die Konditionen und die Leistung dritter Beförderungsunternehmen werden nicht für die eigenen Logistikdienste genutzt.

  • Das zweite, konkurrierende Buy-Box-Angebot wird besser präsentiert, d. h. deutlicher hervorgehoben; ferner wird ein Überprüfungsmechanismus eingeführt für den Fall, dass die Präsentation bei den Kunden keine angemessene Aufmerksamkeit erweckt.

  • Transparenz und frühzeitige Information von Verkäufern und Beförderungsunternehmen in Bezug auf die Verpflichtungen und die neuen Rechte der Verkäufer und Beförderungsunternehmen werden verstärkt, um u. a. Verkäufern frühzeitig einen Wechsel zu unabhängigen Beförderungsunternehmen zu ermöglichen. Es werden die Voraussetzungen geschaffen, damit unabhängige Beförderungsunternehmen ihre Amazon-Kunden im Einklang mit den Datenschutzvorschriften direkt kontaktieren und mit den Zustelldiensten von Amazon vergleichbare Dienste anbieten können. Die Daten von Beförderungsunternehmen, insbesondere Daten zum Frachtprofil, werden besser vor dem Zugriff der konkurrierenden Logistikdienste von Amazon geschützt.

  • Die Verpflichtungen sollen für alle bestehenden und künftigen Marktplätze von Amazon im Europäischen Wirtschaftsraum für sieben Jahre gelten. Sollte Amazon gegen die Verpflichtungen verstoßen, könnte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von bis zu 10 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes von Amazon oder ein Zwangsgeld von 5 Prozent des Tagesumsatzes von Amazon für jeden Tag der Nichteinhaltung verhängen.
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