Windeln.de: China-Geschäft und ERP-Wechsel trüben Halbjahresbilanz

24.08.2016

 (Bild: NH-Pressebild)
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Bild: NH-Pressebild unter Creative Commons Lizenz
Die deutsche Windeln.de AG   hat ein durchwachsenes Halbjahr hinter sich. Zwar konnte der Konzern seinen gesamten Netto-Umsatz in den ersten sechs Monaten 2016 auf nun 101,6 Mio. Euro erhöhen, was zunächst einem deutlichen Plus von 35 Prozent entspricht. Beim Blick auf einzelne Märkte des Spezialversenders ergibt sich aber ein anderes Bild. So wurde mit einem Netto-Umsatz von 66,0 Mio. Euro zwar erneut der Löwenanteil vom Geschäft über den deutschen Online-Shop Windeln.de   erzielt. Hier konnte der Spezialist für Babybedarf aber nur ein minimales Plus von zwei Prozent verbuchen.
Windeln.de Umsatz
Das Geschäft mit Kunden aus China ging zurück (Grafik: Windeln.de AG)
Das hat zwei Gründe. Zum einen hatte das Geschäft in Deutschland nur leicht zugelegt, weil der Versandhandel über den deutschen Online-Shop durch eine Umstellung auf ein neues ERP-System beeinträchtigt wurde   . Die Migration des ERP-Systems zu Microsoft AX wurde Anfang April begonnen und im Juli abgeschlossen. Ziel ist, mit dem neuen System die "operative Perfomance" zu verbessern. Zunächst aber hatte der Systemwechsel in der Praxis einige Kunden verärgert   , weil es zu Verspätungen in Retouren- und Zahlungsprozessen sowie Problemen bei der Übertragung von Lagerbeständen kam. Der ERP-Umzug färbte daher auch auf das Geschäft in der gesamten DACH-Region ab, wo es im ersten Halbjahr 2016 auch nur ein unterdurchschnittliches Wachstum von 12,4 Prozent gegeben hat. Neben dem Geschäft des deutschen Online-Shops Windeln.de zählen hierzu auch noch Umsätze der Schweizer Online-Shops Toys.ch   und Kindertraum.ch   sowie Umsätze aus dem Shopping-Club Nakiki   . Über den deutschen Online-Shop Windeln.de werden aber auch Kunden aus China bedient, die über eine lokalisierte Sprachversion beim Spezialversender einkaufen können. Doch der Netto-Umsatz mit Kunden aus China sank im ersten Halbjahr 2016 leicht um 0,5 Prozent auf 40,9 Mio. Euro, im zweiten Quartal 2016 ging der Umsatz sogar um 11,2 Prozent auf 19,1 Mio. Euro zurück (siehe Grafik), nachdem das Geschäft hier im ersten Quartal 2016 noch um elf Prozent auf 21,8 Mio. Euro gestiegen war   .

Deutscher Shopping-Club schließt, neuer China-Shop eröffnet

Als Hintergrund nennt die Windeln.de AG "regulatorische Änderungen" für Kunden in China, die sich im zweiten Quartal 2016 bemerkbar machten. So gelten seit Anfang April 2016 neue Importregeln und Zölle für Warenlieferungen nach China. Zwar seien die Lieferungen von Windeln.de nach China bis auf eine moderate Zollerhöhung nicht betroffen. Dennoch habe sich aber eine Verunsicherung und Kaufzurückhaltung bei chinesischen Konsumenten bemerkbar gemacht. Dadurch waren bereits die China-Umsätze in den Monaten April und Mai "deutlich hinter den Erwartungen" geblieben   . Kurios dabei: Von den neuen Importregeln sind ausgerechnet die Direktlieferungen von Deutschland an Kunden in China betroffen, mit denen der Konzern seit einem Jahr eigentlich seinen Fernost-Umsatz ankurbeln will. Denn zuvor wurde nur eine Belieferung über Freight Forwarder (Speditionsdienstleister) angeboten, bei der die Bestellung zunächst an die deutsche Adresse des Spediteurs geliefert wurde und von dort nach China ging. Die neue Direktbelieferung sei für chinesische Kunden daher schneller. Die neuen Importregeln wurden im Juni nach Angaben des Spezialversenders zwar teilweise wieder ausgesetzt. Der Konzern hat dennoch vor kurzem einen Online-Shop auf dem chinesischen Marktplatz Tmall   von Alibaba   eröffnet, um sich einen zusätzlichen Vertriebskanal für chinesische Kunden zu eröffnen. Geliefert werden die Produkte hier aus einem "bonded Warehouse" (Zollager). Trotz der Krise in China konnte die Windeln.de AG ihren Gesamtumsatz aber stark steigern, weil das Geschäft im übrigen Ausland kräftig angezogen hat. So gab es in Europa (ohne DACH-Region) ein starkes Wachstum von 1,4 Mio. auf 24,1 Mio. Euro, was aber kein Wunder ist. So wurde im Mai 2015 eine italienische Version des Online-Shops der Kernmarke “Windeln.de” gestartet   . Kurz darauf hatte man den Wettbewerber Feedo übernommen   , der Online-Shops mit Babybedarf für Kunden in Tschechien  in der Slowakei    und in Polen    betreibt. Im Herbst 2015 hatte die Windeln.de AG zudem den spanischen Spezialversender Bebitus gekauft   , der ebenfalls Babybedarf anbietet. Dieser betreibt neben einem spanischen Online-Shop    auch einen Web-Shop für Kunden in Frankreich    sowie zusätzlich ein Online-Angebot für Kunden in Portugal   . Bis auf den italienischen Online-Shop haben daher all diese Online-Angebote erst in diesem Halbjahr zum Geschäft beigetragen.
Nakiki Shopping-Club
Vor dem Aus: Der Shopping-Club Nakiki (Bild: Screenshot)
Nach Geschäftsmodellen betrachtet konnte der Konzern im zweiten Halbjahr 2016 zudem einen Netto-Umsatz von 9,7 Mio. Euro über seinen Shopping-Club "Nakiki" erzielen, was einem Wachstum von 33 Prozent entspricht (H1: 7,2 Mio. Euro). Dennoch hat das Geschäft mit den zeitlich limitierten Verkaufskampagnen keine Zukunft bei der Windeln.de AG, da der Konzern seine Prozesse vereinfachen und Kosten reduzieren will. Aus diesem Grund wird der Shopping-Club (derzeit aktiv in Deutschland und Italien) im dritten Quartal 2016 eingestellt   , über die Website Nakiki will die Windeln.de AG künftig ohne Club-Modell unter anderem Mode und Spielzeug für ältere Kinder verkaufen. Beim Blick auf die Bilanz wirkt diese Entscheidung sinnvoll. So haben die Shopping-Clubs im ersten Halbjahr 2016 ein negatives Ergebnis (EBIT) von -2,9 Mio. Euro verursacht. Allerdings musste auch der deutsche Online-Shop einen Verlust von -0,4 Mio. Euro verbuchen (ebenfalls EBIT), nachdem es hier im Vorjahr noch ein Plus von 2,7 Mio. Euro gegeben hatte. Unter anderem sind die Vertriebskosten im ersten Halbjahr 2016 sowohl absolut als auch im Verhältnis zum Bruttoergebnis vom Umsatz angestiegen. Hauptgrund hierfür war die Einführung der Direktlieferungen nach China. Durch die Übernahmen von Feedo und Bebitus sind zudem weitere Kosten angefallen. Unterm Strich hat sich das EBIT im ersten Halbjahr 2016 daher von - 8,9 Mio. Euro (H1/2015) auf nun -19,0 Mio. Euro deutlich verschlechtert. Kein schlechter Zeitpunkt also, um an der Kostenschraube zu drehen.
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