Chance statt Risiko: Die Zalando-Kooperation mit dem Einzelhandel

Im vergangenen Herbst hat der Mode-Versender Zalando eine Multichannel-Kooperation mit dem Einzelhandel angestoßen. Seitdem können lokale Mode-Händler über den Online-Shop von Zalando verkaufen, wenn sie die Software der Gaxsys GmbH verwenden, die neuhandeln.de als Sponsor unterstützt. Dabei werden Aufträge über das gax-System an Händler weitergegeben, wenn Bestellungen im Zalando-Webshop eingehen. Der lokale Händler kann anschließend den Auftrag annehmen und Ware an den Kunden versenden – wenn er das gewünschte Produkt denn bei sich auf Lager hat.

Stationäre Händler verkaufen nun erstmals auf Zalando.de (Bild: Zalando)

Der Verbraucher selbst bekommt gar nicht mit, dass die Ware von einem Einzelhändler stammt. Denn die lokalen Partner versenden die Artikel in Kartons von Zalando (siehe Foto) – schließlich bestellen Verbraucher ja nach wie vor online bei Zalando.

Umgekehrt kann der Kunde aber von kürzeren Lieferzeiten profitieren – wenn die Ware zum Beispiel von einem Mode-Händler aus der Nähe geliefert wird und nicht vom weiter entfernten Zentrallager von Zalando.

Vorteile bietet das System aber nicht zuletzt Einzelhändlern, die für den Verkauf über Zalando nur einen Internetzugang brauchen sowie einen Drucker und eine Registrierung für die Anbindung an das gax-System.

Sparen können sich Einzelhändler dagegen die Investitionen in einen eigenen Webshop, teures Online-Marketing und ein ERP-System. Gerade die Marketing-Kosten können im E-Commerce schnell aus dem Ruder laufen, da kleine Mode-Händler beim Verkauf über das Internet ja gerade mit Big Playern wie Zalando um dieselben Kunden buhlen. Pureplayer können aber im Vergleich oft eine höhere Marken-Bekanntheit und mehr Vertriebspower in die Waagschale werfen als kleine Einzelhändler, die Online-Handel oft zusätzlich zu ihrem bestehenden Ladengeschäft betreiben müssen.

Hagen Fisbeck
Hagen Fisbeck

Über die Multichannel-Kooperation mit Zalando können Einzelhändler nun aber online verkaufen, ohne dafür teures Lehrgeld bezahlen zu müssen. „Einzelhändler sollten dorthin gehen, wo die Kunden sind“, empfiehlt auch Multichannel-Experte Hagen Fisbeck im Gespräch mit dem Internet-Portal Shopanbieter.de.

Neben dem Einzelhandel profitiert natürlich auch Zalando von dem neuen Multichannel-Modell. So bestellen zwar Kunden zunehmend Mode online. Ein Großteil der Mode-Artikel lagert aber weiterhin in stationären Läden.

Diesen Schatz kann Zalando nun heben – ohne diese Ware selbst einkaufen zu müssen. Vor diesem Hintergrund werden daher auch kritische Stimmen laut. „Wenn schon keine Kunden mehr in den Laden kommen, dann kann der stationäre Händler doch die Zeit nutzen und Zalando-Päckchen packen“, amüsiert sich etwa Jochen Krisch, Herausgeber des Branchen-Blogs Exciting Commerce.

Experten-Tipp: „Früh dabei sein und Learnings erzielen“

Tatsächlich kann im ersten Moment vielleicht der Eindruck entstehen, dass der stationäre Einzelhandel zum „Erfüllungsgehilfen“ von Zalando wird. Schließlich kann Zalando bei Kunden mit einem größeren Sortiment punkten, während der Partner aus dem Einzelhandel im Hintergrund bleibt – denn es kommt ja nicht nur der Karton, sondern auch die Rechnung von Zalando. „Man wird das Projekt aber nicht verhindern, indem man Zalando meidet“, relativiert Handelsexperte Fisbeck. „Dafür ist deren Marktmacht zu groß. Also lieber früh dabei sein und Learnings erzielen.“

Ähnlich argumentiert Mathias Thomas, Gründer und Geschäftsführer des Zalando-Partners Gaxsys: „Zalando wird als großer Feind ausgerufen und dadurch eine Angst vor dem E-Commerce mit Pure Playern geschürt – eine gut funktionierende Alternative wird dagegen nicht aufgezeigt.“

Mathias Thomas Gaxsys
Mathias Thomas (Bild: Gaxsys GmbH)

Mit dem Artikelversand über Zalando werde nun ein zusätzliches Geschäft ermöglicht – was gerade im Hinblick auf weniger frequentierte Zeiten oder Händler mit ungünstiger Lage interessant sei.

„Der stationäre Handel wird nicht ersetzt, sondern bekommt vielmehr die Möglichkeit, am E-Commerce mit zu partizipieren – kostengünstiger als es ein Händler alleine je schaffen würde“, argumentiert Thomas. „Da der lokale Handel jetzt auch nicht mehr ausschließlich auf Laufkundschaft angewiesen ist, werden auch Arbeitsplätze gesichert.“

In gewisser Weise sei der Händler zwar ein Erfüllungsgehilfe, wenn er selbst nun in den Hintergrund rückt. „Dafür sitzt er an einem gedeckten Tisch“, relativiert der Gaxsys-Chef. „Zalando und Amazon investieren schließlich Millionenbeträge in Werbung, um Kunden von ihren Shops zu überzeugen.“

Kostengünstige Alternative zum eigenen Händler-Shop

Gerade dieser Punkt ist für Händler oftmals das entscheidende Kriterium, das für eine Kooperation mit Zalando spricht. „Mit Zalando können wir jetzt online verkaufen und profitieren dabei von einer großen Reichweite“, weiß Thomas Ganguin, Inhaber des Ladengeschäftes Tip Tap Kinderschuhe in Weilheim (Bayern). „Bei einem eigenen Shop müssten wir mehr Lagerkapazitäten und Personal einplanen.“

Über das gax-System kann er jedesmal wieder erneut entscheiden, ob er eine Bestellung übernehmen will. Damit das in der Praxis funktioniert, leitet Zalando die eingehenden Aufträge an die teilnehmenden Händler weiter. Danach haben die Partner drei Stunden, um einen Auftrag anzunehmen. Wer sich zuerst meldet, darf die Bestellung übernehmen und samt Rechnung in einen Zalando-Karton packen.

Retouren gehen dagegen an den lokalen Partner, dessen Adresse auf den Retourenschein für die Kunden gedruckt wird. Diese müssen übrigens keine Angst haben, dass ihre Bestellung irgendwo versandet. Hat nämlich kein Händler das gewünschte Produkt auf Lager oder Interesse an dem Auftrag, kümmert sich Zalando nach einer Frist von drei Stunden selbst um die Bestellung. Andernfalls zahlt der Fashion-Versender eine Provision, wenn Partner einen Auftrag für Zalando übernehmen.

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